Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June
klar«, erwiderte Avery und wackelte wieder ab.
»Kommt mir das nur so vor«, fragte May, sobald sie auÃer Hörweite war, »oder steht die unter Drogen?«
»Sie denkt, Mariah und ich sind befreundet!«, jubelte June. »Sie hat voll die Checkung, wer Mariah ist, oh mein Gott, das ist ja absoluter Wahnsinn!« Sie hüpfte auf und ab und ihre Haare wippten.
May starrte June nur an. »June, die Tusse ist total daneben! Die hat keinen Schimmer, dass wir sie fast über den Haufen gefahren hätten! Die hat uns nicht mal erkannt!«
»Vielleicht stand sie unter Schock«, mutmaÃte June. »Wir sollten sie dafür nicht verurteilen.«
»Also, wenn mich jemand um ein Haar umgenietet hätte«, warf ich ein, »dann wüsste ich aber sehr genau, wie der aussah.«
»Haltet euch fest«, rief May unvermittelt, während June auf einen Fernseher zuging, der fast wie der richtige aussah. »Ratet mal, was wir in Literatur gerade lesen?«
»Ein Buch«, antwortete June triumphierend. »Gewonnen!«
»Ja, natürlich nicht irgendein Buch«, seufzte May. »Ihr sollt raten, welches.«
Ich rief mir die Lektüreliste aus der Zehnten ins Gedächtnis und prustete los. »Nee, ne?«, kicherte ich. »Das ist ja so was von schräg.«
»Sag ich doch«, seufzte May. »Danke.«
»Was denn für ein Buch? Von welchem Buch redet ihr?« June kam wieder zu uns herüber und schlug im Spaà auf uns ein. »Los, sagt schon, ich willâs ⦠oh!« Ihre Augen leuchteten auf, und es war unverkennbar, dass sie gleichzeitig unsere Gedanken las. »Der Unsichtbare?«, fragte sie erstaunt. »Echt wahr?«
May nickte nur. »Aber das klingt alles total unglaubwürdig und ist sauschlecht recherchiert. Bei dem Typen verschwinden nicht mal die Klamotten mit, er ist also unsichtbar und nackt.« May schüttelte sich. »Also echt jetzt mal, ich könnte das Ding wahrscheinlich noch mal ganz neu schreiben.«
»Aber das Buch ist gut«, erwiderte ich.
May sah mich an. »Jetzt versuch mir das bloà nicht schönzureden. Als unsichtbares Mädchen soll ich ein Buch über einen unsichtbaren Mann lesen. Daran gibtâs nix schönzureden.«
Da hatte sie natürlich nicht ganz unrecht.
»Ich hab auch was Witziges erlebt!«, lieà mich June wissen. »Passt auf. Heute in der Schule fanden alle meinen Rock hässlich â¦Â«
»Ist nicht wahr â¦Â«, heuchelte ich.
»Aber Mariah hat er gefallen!«
Ich war sprachlos. (Wenn ihr den Rock sehen könntet, wüsstet ihr, was ich meine.) »Echt?«
June nickte. »Echt. Alle fanden ihn blöd, nur sie nicht.«
»Ehrlich?« Ich gab mir allergröÃte Mühe, nicht allzu überrascht zu klingen.
»Ja«, bestätigte June stolz. »Das hast du bestimmt nicht vorhergesehen.«
»Nein, das konnte keiner ahnen.« Ich betrachtete eingehend ihren Rock. »Echt überraschend.«
May zog die Nase kraus und lehnte sich an einen Stapel Lautsprecherkartons. »Ob das jetzt was Gutes ist?«
»Oh mein Gott, wie habt ihr beide bisher nur in diesem Piranha-Becken namens Highschool überlebt?« June sah so fassungslos aus, dass es fast schon wieder süà war. »Sie ist die Beliebteste in meinem ganzen Jahrgang. Wenn man mit ihr befreundet ist, ist man quasi in den Olymp der Beliebten aufgenommen.«
»Wie lange hast du eigentlich darauf gewartet, diesen Satz sagen zu können?«, erkundigte ich mich.
»Ungefähr âne Woche.«
»Mariah?«, wollte May wissen. »Ist das diese Blonde?«
»Nein!«, entgegnete June. »Die Dunkelhaarige mit den coolen Strähnchen. Und definitiv die mit dem stilsicheren Geschmack.« Sie wedelte mit ihrem rosa Rock wie mit Pfauenfedern. »Sie findet meinen Rock toll, also gehöre ich dazu.«
»Mariah?«, sagte May noch einmal. »Ist das nicht die, die immer so guckt, als ob sie gerade von Scheinwerferlicht geblendet wird?«
June kapierte die Bemerkung mit den Scheinwerfern entweder nicht oder ignorierte sie einfach. »Genau, das ist sie!«
May lachte kurz auf und lehnte sich dann wieder gegen den Stapel Kartons. Angestrengt versuchte ich vorherzusehen, ob er demnächst umkippen würde, es waren aber keinerlei Katastrophen in Sicht. »Mann, willst du mich verschaukeln?«, grinste May. »Die Tusse kenn ich. Die sieht doch
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