Die außergewoehnlichen Geheimnisse von April, May & June
wegen was?«, wollte May wissen. »Oder soll das euer kleines Geheimnis bleiben? Bin ich diesmal vielleicht eher so im übertragenen Sinne unsichtbar?«
Ich holte tief Luft. »Ach, nichts.«
»Oh, da steckt wohl doch was dahinter«, grinste May. »Was ist es denn? Spielen wir Twenty Questions? Ich fange an. Ist es ein Typ?«
»Und ob!«, brüllte June los.
»June!«
»Krasse Steilvorlage, kleine Schwester«, lobte May. »Okay, zweite Frage â¦Â«
»Ãh, Moment mal«, unterbrach ich sie. »Ihr könnt nicht Twenty Questions mit jemandem spielen, der gar nicht mitmacht.« Ich begann die Fernseher unter die Lupe zu nehmen, die mich an unseren alten erinnerten, der demnächst nach Texas auswandern würde. Aber ich merkte schnell, dass ich gar nicht mehr so genau wusste, wie er eigentlich aussah. Für einen winzigen Moment fragte ich mich, ob mir das mit Dad auch bald so gehen würde â dass ich nach und nach vergaÃ, wie es war, als wir noch alle zusammenwohnten ⦠Aber diese Gedanken konnte ich keinesfalls zulassen, zumindest nicht jetzt, wenn June vielleicht mithörte.
»Na gut«, seufzte May. »Ich hab doch nur versucht, die verständnisvolle Schwester zu sein. Aber wenn du meine Zuwendung nicht annehmen kannst, komm ich schon klar damit, Yogi Bär.«
»Okay, okay!«, lenkte ich ein. »Aber ihr dürft es niemandem erzählen, ja?«
May sah June an. »Du kennst das groÃe Geheimnis schon, oder?«
June tat ein bisschen verwirrt. »Wie war das gleich noch mal? Welche von deinen Schwestern kann Gedanken lesen? Hilf mir mal auf die Sprünge.«
May trat ihr in die Wade, woraufhin June seitlich auswich. »Hey, das ist Kindesmissbrauch«, jammerte sie. »Das sag ich Mom.«
»Also, offenbar interessiert es euch gar nicht, was ich dazu zu sagen habe«, erklärte ich und ging auf ein Gerät zu, das einigermaÃen vertraut aussah. Aber May zog mich zurück und trat June noch ein paar Mal. »Nun spuckâs schon aus«, sagte May. »Die Gedankenleserin kriegtâs ja eh raus.«
Seufzend schaute ich zur Decke. Sie wirkte sehr weit entfernt. »Also, ich hatte heute so eine Vision von mir und Julian.«
»Wer, bitte, ist Julian?«
»Psst!«, zischte ich und sah mich um, ob auch wirklich keiner zuhörte. »Julian eben? Der Typ, der sein Spindfach über meinem hat? Du weiÃt schon â¦Â« Wie soll man jemanden beschreiben, den man selbst nicht kennt?
June waren solche Probleme fremd. »Soân baumlanger Klempnertyp«, plapperte sie dazwischen und fand sich wahrscheinlich riesig hilfreich. »Schule. Der eben.«
May kapierte immer noch nichts. »Kenn ich den denn?« â©Â»Kennst du an dieser Schule überhaupt irgendwen?«, fragte ich sie.
»Ãh, nicht wirklich, aber das liegt ja nur daran, dass ich den Leuten ganz bewusst aus dem Weg gehe.«
»Argh, das kann ja noch ewig dauern«, nörgelte June ungeduldig. »Also, April hatte eine Vision, wie sie und Julian zusammen rummachen. Bitte sehr, gern geschehen.«
Ich schlug die Hände vors Gesicht. »Schönsten Dank auch, June«, zischte ich dahinter hervor. »Danke, dass du das so sensibel und subtil ausgesprochen hast, wie es diesem Thema angemessen ist. In einem Technikmarkt.«
»Okey-dokey, Artichokey«, antwortete sie.
May begann zu kichern, dann zu gackern und lachte schlieÃlich lauthals los. »Das ⦠ist ⦠so was von sauâ¦Â«
»Keine Ausdrücke!«, fuhr ich sie an.
»⦠geil und witzig!«, keuchte sie. »Oh mein Gott, das ist unglaublich! April, du kriegst echt den ersten Preis für die peinlichste übersinnliche Fähigkeit.«
Ich stöhnte auf und hielt mir weiter die Hände vors Gesicht. »Ganz offensichtlich ist es unmöglich, vor Scham zu sterben, sonst wär ich jetzt tot.«
May knuffte mich an die Schulter. »Hey, komm schon«, sagte sie. »Sei froh, dass du nicht in meiner Haut steckst. Stell dir das bloà mal vor. Irgendwann küsst mich vielleicht ein Typ und PENG !« Sie klatschte in die Hände. »Dreimal darfst du raten, wer sich genau dann in Luft auflöst. Oder stell dir mal vor, was passiert, wenn ich mit jemandem schlafe!«
»Ich versuchâs lieber gar nicht erst«, antwortete ich.
»Eben lieg ich noch da und im nächsten Moment â PENG !« Sie
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