Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
Vom Netzwerk:
war sie nicht vorbereitet, es machte ihr Angst.
    »Lass uns schauen, ob es gut läuft, Liebes. Die ›Lessing‹ wird sicher noch einige Wochen im Hafen liegen müssen. Falls du dort nicht zurechtkommst, können wir nach einer anderen Lösung suchen.«
    Sie begann, ihre und Lilys Sachen einzupacken. Es fiel ihr nicht leicht. Das Kind in ihrem Bauch trat unruhig und immer wieder kamen Emilia die Tränen. In dieser Nacht schmiegte sie sich eng anCarl. Wann würden sie das nächste Mal das Bett teilen? Darüber mochte sie gar nicht nachdenken.
    Julius, der Steward, half ihr am nächsten Tag, weitere Sachen zu packen. Er würde mit von Bord gehen, hatte abgemustert.
    »Was machst du als Nächstes?«, fragte Emilia ihn.
    »Ich werde wohl mit meinen Eltern sprechen, aber ich würde gerne als Leichtmatrose wieder anheuern und irgendwann die Seefahrtsschule besuchen.«
    »Das klingt gut.« Sie hatte ihn nun noch ein wenig mehr ins Herz geschlossen, weil er den gleichen Namen trug wie ihr Bruder, der sie wieder in der Familie aufgenommen hatte.
    Bis zum Mittag hatten sie das Nötigste verpackt. Den Rest würde Carl entweder auf der »Lessing« belassen oder ihr nachschicken.
    Emilia nahm Abschied von den Steuerleuten und von der Mannschaft. Einige würde sie vielleicht in Australien wiedersehen. Der Abschied von Piet de Tries, dem Smutje, fiel ihr besonders schwer.
    »Wir werden uns wiedersehen, Gnädigste«, sagte er, aber auch seine Augen glänzten. Er küsste Lily auf den Kopf und verschwand dann schnell in der Kombüse. »Nicht dass mir das Essen anbrennt vor lauter Sentimentalität.«
    »Die Fahrt ohne Euch wird anders sein«, sagte Wölsch. »Weniger schön. Eure Bücher, Eure Deckchen und Euer weibliches Gehabe haben die Reise zu etwas Besonderem gemacht. Und natürlich auch das kleine Mottchen.« Er strich Lily über die Wange.
    Wieder musste sie sich die Tränen aus den Augen wischen. Carl hatte eine Kutsche bestellt, das Gepäck war verladen und Emilia ging mit bangem Herzen die Gangway hinunter. Sie fuhren los und sie drehte sich um und schaute auf die »Lessing«, solange sie konnte.
    Die Fahrt durch den Hafen und die Stadt war mühsam, denn es herrschte viel Gedränge, doch dann erreichten sie Altona und die Chaussee. Die Pferde trabten munter dahin und Emilia bestaunte das satte Grün der Wiesen, Felder und Wälder.
    Als sie durch Othmarschen fuhren, über die Teufelsbek und am Röperhof vorbei, wurde ihr ganz flau. Einerseits freute sie sich auf einWiedersehen mit Inken und auf das vertraute Gut, andererseits fürchtete sie sich vor der Begegnung mit ihrer Mutter. Viele Jahre waren vergangen, seit sie sie zum letzten Mal gesehen hatte. Die Kutsche fuhr über den knirschenden Kies in den Hof ein. Hier hatte sich nichts verändert.
    Kaum hielten sie an, öffnete sich auch schon die Küchentür und Inken stürmte heraus. Sie blieb kurz vor Emilia stehen, musterte sie von oben bis unten, dann fiel sie ihr um den Hals.
    »Meine Emma!« Sie drückte sie an sich, flüsterte: »Geht es dir gut?«
    »Ja, Inken, alles ist gut. Schau«, sagte sie, »das ist Emily – wir nennen sie Lily.«
    Inken drehte sich um, knickste. »Herr Kapitän.« Ein strahlendes Lächeln erhellte ihr Gesicht. »Ach! Oh, du Süße. Magst du zu Inken kommen?« Sie streckte Lily die Arme entgegen. Lily schaute sie überrascht an, aber dann lächelte sie und ließ sich von ihr nehmen. »Was für ein hübsches Kind! Aber kommt doch rein. Ich habe etwas zu essen vorbereitet. Hannes! Hol das Gepäck vom Wagen und bring es nach oben.«
    Emilia traute sich gar nicht, zu fragen, welches Zimmer sie bekommen würde. Wäre es wieder die Mansardenkammer? Oder bekäme sie das Zimmer der Tante?
    »Wo ist Mutter?«, fiel ihr plötzlich ein.
    »Deine Mutter ist in der Stube.« Inkens Gesicht wurde ernst. »Die Krankheit hat sie sehr geschwächt und der Tod deines Vaters – mein Beileid – hat sie seelisch sehr mitgenommen.«
    »Ist mein Bruder auch hier?«
    »Nein, er ist wieder in Essex, wird aber bald nach Hamburg zurückkehren.«
    In der Küche roch es, wie es nur in Inkens Küche riechen konnte – nach Zuhause. Frisches Brot lag auf dem Tisch, es dampfte noch. Auf dem Herd simmerte eine gute Suppe und im Ofen schmorte ein Braten.
    »Ich freu mich so, dass du da bist!«, sagte Inken.
    »Ik ooch«, kam es aus der Ecke. Überrascht drehte Emilia sich um.
    »Rieke?«
    »Jo. Bin wieder da.« Das Mädchen lächelte.
    »Und dein Mann?«
    »Der is stuvdood.« Sie

Weitere Kostenlose Bücher