Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
Vom Netzwerk:
Gnädigste.«
    »Ihr habt ein viel zu weiches Herz«, polterte te Kloot. »Damit kommt Ihr nicht weit.«
    »Es sind Menschen, so wie wir. Mit Träumen, wie wir sie auch haben. Sie wollen sich ein neues Leben in Australien aufbauen, genau wie wir«, sagte Emilia energisch.
    »Sie haben aber nicht die Mittel dazu, wir schon«, antwortete te Kloot süffisant. »Hoffen wir nur, dass die Krankheiten nicht auf das Oberdeck übergreifen. Man sollte alle Kranken von Bord schmeißen.«
    Emilia hielt die Luft an und zählte stumm bis zehn. Erst gestern war der kleine Junge, der gestorben war, in einem Sack vernäht in die See geworfen worden. Der Anblick hatte sie sehr berührt und der Gedanke, dass es auch eines ihrer Kinder treffen könnte, war fast unerträglich.
    Eines Abends, es war ungewöhnlich still an Bord, ging Emilia auf das Hinterdeck und schaute in den Himmel. Dort war das Kreuz des Südens und der junge Mond sah aus wie eine leuchtende Schale, die am Himmel schwebte. Plötzlich spürte sie, dass noch jemand da war. Ihr stockte der Atem und dann roch sie auch schon den Zigarrenqualm, der te Kloot immer umgab. Sie drehte sich um, zwang sich zu einem Lächeln.
    »Guten Abend.«
    »Nun, meine schöne Mitreisende, noch so spät auf? Sehnt Ihr Euch nach Eurem Mann?« Er trat zu ihr, so dicht, dass sich ihre Arme berührten. Emilia wollte zurücktreten, blieb dann aber stehen.
    »Ja.«
    »Das kann ich mir vorstellen. So lange seid Ihr jetzt von ihm getrennt. Unmenschlich lange.« Er grinste.
    »Wie geht es Eurer Frau?« Antonie hatte seit Tagen Migräne und die Kabine kaum verlassen.
    »Ach, sie kränkelt mal wieder«, sagte er abfällig. »Sie ist nicht so robust und stark, wie Ihr es seid.«
    »Solltet Ihr Eurer Frau nicht Gesellschaft leisten?«
    Er lachte leise. »Eure Gegenwart empfinde ich als sehr angenehm.Ihr seid eine reizende Frau. Sprüht nur so vor Lebenskraft. Das gefällt mir.« Er rückte noch dichter an sie heran.
    »Ich wollte gerade zu Bett gehen.« Sie drehte sich um, aber er hielt sie am Ellbogen fest.
    »Aber nicht doch. Schenkt mir noch ein wenig Eurer Zeit. Nur noch ein paar Wochen und wir haben das Ziel erreicht. Freut Ihr Euch darauf?«
    »Ja, sehr! Ich kann es kaum erwarten.«
    »Was wohl die Zukunft bringen wird?« Wieder lachte er leise, es klang höhnisch. »Ob sie Eurem Mann gute Charter bringen wird?«
    Emilia biss sich auf die Lippen. »Er schrieb davon. Gute Aussichten soll es geben.«
    »Ja, ja. Er muss nur die richtigen Charter und Orders bekommen, und das wollt Ihr doch auch?«
    Emilia schwieg. Ihre Nackenhaare stellten sich auf.
    »Ihr könnt Eurem Mann helfen.« Te Kloot drehte sich zu ihr um, er stand ganz dicht vor ihr, griff nach ihren Händen. »Ihr müsst nur …«
    »Frau Lessing? Seid Ihr dort hinten?«, rief auf einmal der erste Steuermann. »Eure Magd sucht Euch.«
    Emilia riss sich los und eilte nach vorn.
    »Ihr müsst Euch in Acht nehmen«, wisperte Wartmann.
    »Danke!« Schnell ging sie die Stufen hinunter, öffnete die Tür zu ihrer Kabine und verschloss sie hinter sich. Schwer atmend lehnte sie sich an die Tür. Sie war unvorsichtig gewesen. Noch mehr als zwei Monate würde das Schiff brauchen. Sie machte sich keine Illusionen, te Kloot würde seine Position ausnutzen, wann immer er dazu in der Lage wäre. Sie nahm sich vor, ihn deutlich in seine Schranken zu weisen, wenn er ihr das nächste Mal zu nahe trat.
    Das Wetter wurde wieder schlechter, je weiter sie nach Süden kamen. Oft war es nebelig, und von der Antarktis wehte ein eisiger Wind. Die dicken Decken wurden wieder ausgepackt, das Sonnensegel verstaut.
    »Wenn wir Glück haben, ist es nächste Woche schon wieder besser«,beruhigte Kapitän Decker seine Passagiere. »Wir haben hier eine vorteilhafte Strömung, die uns schneller voranbringt, als wenn wir nördlicher segeln würden.«
    Es war Mitte August, Winter auf der Südhalbkugel.
    »Ihr wart doch schon des Öfteren in Sydney, oder?«, fragte Emilia Kapitän Decker. »Wie ist dort das Klima?«
    »Zumeist mild. Jetzt im Winter kann es kühl werden, aber es schneit nicht. Auch Frost habe ich noch nicht erlebt. Im Sommer ist es warm, manchmal auch heiß, aber nicht so unangenehm wie in den Tropen.«
    »Regnet es viel?«
    »Das kann ich Euch nicht sagen.« Decker lachte. »Ich bin nie längere Zeit dort. Ich lade die Passagiere aus, lasse Ballast an Bord bringen und segle nach Perth. Dort wird Weizen verladen und damit geht es zurück nach Europa. Dies ist nun

Weitere Kostenlose Bücher