Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney
Sobald ich das Land erworben habe, werde ich deinen Vater um deine Hand bitten.«
Minnie hatte sich bei diesen Worten auf die Lippen gebissen. Ihr Vater wusste nichts von ihrer Verbindung zu Rudolph. Ihre Mutter ahnte es wohl, hatte sich aber nicht mehr dazu geäußert.
Wie würde Vater wohl reagieren?, fragte sie sich unsicher.
Auch in dieser Nacht dachte sie wieder darüber nach. Wie konnte sie Rudolph in ihre Familie einführen? Der Name te Kloot war negativ besetzt, das wusste sie. Aber Rudolph war ganz und gar nicht wie sein Bruder Jean.
Und noch etwas betrübte sie: Der Herbst in diesem Jahr war nass und kalt. Es gab für Minnie wenig in Ryde zu tun, sie wurde im Büro in der Stadt gebraucht. Lily würde bald ihr Studium beenden und nach Kingsford ziehen. Fred war auf dem College und kam nur an den Wochenenden nach Hause und Tony wohnte jetzt in einem Wohnheim am Krankenhaus. Die fast achtzehnjährige Clara würde dieses Jahr die Schule abschließen und Sekretärin werden. Es war nur eine Frage der Zeit, wann auch sie ausziehen würde.
Minnie und Rudolph schrieben sich regelmäßig, die innigen Briefe versteckte sie im Schuppen, damit Lily sie nicht fand.
Im August kam Carl endlich zurück, Emilia hatte ihn schon sehnsüchtig erwartet. Alle waren erleichtert, dass die Jungfernfahrt der »Centennial« reibungslos verlaufen war, Carl selbst auch. Emilia hatte ihn selten so erschöpft erlebt.
»Es ist anders, wenn das Schiff mechanisch läuft. Man muss nicht mehr die Winde beachten, die Strömungen aber schon, auch wenn man sie leichter durchlaufen kann. Ich hatte ständig Sorge, dass etwas mit den Kesseln oder Maschinen schiefgeht, auch wenn der Heizer und der Ingenieur versucht haben, mich zu beruhigen«, seufzte er, als sie gemeinsam am Tisch zu Hause in Glebe saßen.
Minnie traute sich erst eine Woche später, Emilia zur fragen, ob sie Rudolph einladen dürfte.
»Du willst ihn zu uns einladen?«, fragte Emilia verblüfft. »Ist es denn ernst mit euch?«
Minnie senkte den Kopf. »Ja.«
Emilia setzte sich und wischte ihre Hände am Küchentuch ab. »Ich habe so etwas fast vermutet, habe auch gehofft, dass du zu mir kommst, wenn du reden willst.« Sie seufzte. »Ich habe Rudolph nur kurz gesehen, weiß aber, dass Martin viel von ihm hält und auch Hanna nichts Negatives zu sagen weiß.«
»Wir wollen heiraten.«
Emilia verschlug es für einen Augenblick die Sprache. »Heiraten«, murmelte sie. »Mein kleines Mädchen, meine Minnie, will heiraten? Hast du dir das auch wirklich gut überlegt? Das ist ein großer Schritt.«
»Ich liebe ihn, Mama!«
»Wovon wollt ihr denn leben?«
»Er bekommt Geld aus einer Erbschaft, damit will er sich ein Grundstück bei Liverpool kaufen. Wir wollen dort Weingärten anlegen. Wir haben alles genau geplant.« Minnie klang ganz euphorisch. »Wir haben uns schon überlegt, wie das Haus aussehen soll.«
»Ich werde mit Papa sprechen«, sagte Emilia leise.
»Freust du dich denn nicht mit mir, dass ich jemanden gefunden habe, den ich liebe und der mich auch liebt? Wir haben gemeinsame Träume, haben konkrete Pläne. Wir wollen unser Leben gemeinsam verbringen!«
Emilia legte das Küchentuch, das sie in den Händen gehalten hatte, zur Seite, stand auf und nahm ihre Tochter in den Arm. »Doch, ich freue mich für dich. Sehr sogar. Und ich kann dich gut verstehen.«
Minnie seufzte erleichtert auf.
Der Gedanke, dass ihre Tochter heiraten wollte, machte Emilia Sorgen. Aber sie erinnerte sich noch zu gut daran, wie es damals gewesen war, als sie sich gegen den Widerstand ihrer Familie in Carl verliebt hatte. Diesen Kummer wollte sie ihrer Tochter ersparen.
Es war schon Nacht, alle Kinder schliefen, als Carl endlich ins Bett kam. Er hatte über den Unterlagen für die nächste Order gebrütet.
Er kroch leise unter die Decke, drehte die Petroleumlampe herunter.
»Ich bin noch wach, mein Liebster.«
»War ich zu laut? Das tut mir leid, Emma.«
»Nein, ich konnte nicht schlafen. Wann stichst du in See?«
»Nächste Woche. Ich muss zusehen, dass Geld reinkommt. Die laufenden Kosten fressen uns sonst auf. Ein Dampfer ist zwar schneller als ein Segler, aber auch sehr viel teurer. Ich hoffe, ich bekomme ein gutes Angebot für Kohle. Te Kloot meint wohl, er könne mich übers Ohr hauen mit seinen Preisen, aber ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen.«
Emilia biss sich auf die Lippen. Dies war kein guter Auftakt für das Gespräch, das sie führen wollte.
»Was hält dich
Weitere Kostenlose Bücher