Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney
Martin Vollmer in der Gärtnerei. Er hat Landwirtschaft studiert und beabsichtigt, einen Weinberg anzulegen.«
»Wein aus Australien? Davon hat man ja noch nie gehört. Was für ein Blödsinn.« Carl biss die Zähne zusammen. »Ich mag die te Kloots nicht, aus gutem Grunde. Du hast es mir nie erzählt, aber Kapitän Decker schon – er hat dich damals an Bord der Sophie bedrängt. In so eine Familie lasse ich meine Tochter nicht einheiraten.«
Emilia seufzte. »Ich bin mit ihm fertig geworden und du hättest es nie erfahren sollen, mein Lieber. Außerdem ist Rudolph nicht Jean. Die beiden haben sogar miteinander gebrochen, weil Rudolph nicht für seinen Bruder arbeiten will. Martin ist sehr zufrieden mit Rudolph, das hat er mir mehrfach gesagt.«
»Martin weiß also vor mir von den Ambitionen meiner Tochter und hat den Kandidaten schon abgesegnet? Ich bin fassungslos, Emma. Seit wann geht das schon? Und warum hat mir keiner etwas davon gesagt?«
»Ach, Carl, so ist das doch gar nicht.« Sie nahm seinen Arm, drückte sich zärtlich an ihn. »Die beiden kennen sich seit letztem Jahr, als Rudolph hierherkam.«
»Ich erinnere mich, ich erinnere mich. Ich habe Minnie sogar noch zu ihm geschickt, weil er wütend nach draußen gestürmt war, als er einen Streit mit Jean hatte. Hat es da angefangen? Bin ich schuld?«
Wieder lachte Emilia. »Liebster, das ist doch keine Schuldfrage. Minnie liebt das Land, sie ist anders als unsere anderen Kinder. Sie liebt es, in der Erde zu wühlen, Dinge anzupflanzen, zu hegen und zu pflegen. Rudolph ist in der Hinsicht der passende Mann für sie.«
»Papperlapapp. Sie ist viel zu jung und naiv. Er arbeitet bei Vollmer? Als Gärtner? Rupft Unkraut und gräbt die Beete um? Wie soll er da meiner Tochter ein angemessenes Leben ermöglichen?«
»Er hat geerbt und Land erworben. Oben bei Liverpool am George River. Dort will er eine Farm gründen, zusammen mit Minnie.«
»Sie will einen Bauern heiraten«, sagte Carl düster. »Meine Tochter. Ich kann es gar nicht fassen.«
»Erinnerst du dich an unsere ersten Jahre, Liebster?«
»Natürlich.«
»Erinnerst du dich auch daran, wie sich meine Tante und mein Onkel verhalten haben? Weißt du das noch? Wir mussten uns heimlich treffen, uns heimlich schreiben. Wir mussten sogar unsere Ehe erzwingen, indem wir … »
»Ja, ja, das weiß ich noch«, unterbrach er sie verärgert. Dann holte er erschrocken Luft. »Willst du mir damit sagen, dass die beiden heiraten müssen?«
»Nein, soweit ich weiß, müssen sie nicht heiraten. Bisher. Das wollen wir doch auch nicht. Wir wollen ihnen doch unseren Segen geben.«
»Du vielleicht, ich nicht. Minnie ist mein kleines Mädchen.« Er schüttelte den Kopf, drehte sich um und ging nach Hause. Auch den Rest des Tages sprach er nur das Nötigste, wirkte verstimmt.
Erst als sie gemeinsam im Bett lagen, tastete er nach Emilias Hand. »Wann stellt sie ihn uns vor?«, fragte er leise.
»Am Sonntag, nach der Kirche. Er ist zum Glück auch Lutheraner.«
»Immerhin.«
Bei der ersten Zusammenkunft blieb Carl reserviert und kühl, er machte keinen Hehl daraus, dass er nicht begeistert von der Verbindung war.
Minnie starb fast tausend Tode. Schon vorher machte sie sich und alle anderen verrückt. Das Haus musste geputzt, das Unkraut im Garten gejätet, das Essen vorbereitet werden. Wäre es nach ihr gegangen,hätten sie auch noch alle Fenster putzen und die Vorhänge waschen müssen.
»Nun übertreib es nicht«, versuchte Emilia ihre Tochter zu beruhigen. »Er soll das Haus ja nicht kaufen.«
»Du hast ja recht«, sagte Minnie kleinlaut. »Ich möchte doch nur, dass alles perfekt ist.«
»Das wird es nie sein.«
Emilia hatte sich besonders viel Mühe mit dem Braten gegeben, das gute Geschirr wurde aus dem Schrank geholt. Sie deckten draußen auf der Veranda, denn es war ein heißer Hochsommertag. Das Essen verlief ruhig, die Unterhaltung war angenehm, aber oberflächlich. Die Spannung, die über der Gesellschaft lag, war fast greifbar. Nach dem Essen bat Carl Rudolph in die Stube. Mehr als eine Stunde blieben die beiden Männer hinter verschlossenen Türen.
»Setz dich«, befahl Emilia Minnie. »Und trink einen Schluck Wein für deine Nerven.«
»Ich wollte dir beim Spülen helfen, Mama.«
»Dies ist das Geschirr meiner Mutter. In deinem Zustand fasst du es besser nicht an. Schau doch, deine Hände zittern wie Palmen im Wind.« Emilia lachte. »Er wird ihm schon nicht den Kopf abreißen.«
Endlich
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