Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney
Minnie hatte es nicht leicht.
»Die Anweisung aus Deutschland ist gekommen«, sagte Rudolph verstimmt zu ihr. »Ich habe schon eine Anzahlung auf das Land gemacht. Meine Einbürgerung werde ich in den nächsten Wochen bekommen. Warum müssen wir noch warten? Ich will nicht mehr warten.Wir sind uns doch einig, lass uns heiraten.« Er küsste sie stürmisch.
Minnie wand sich aus seinen Armen. Sie schaute ihn empört an. »Wir können doch nicht heiraten, ohne die Einwilligung meines Vaters zu haben.«
»Ach, Schatz, ich möchte nicht mehr warten.« Rudolph senkte beschämt den Kopf. »Aber natürlich hast du recht.«
»Außerdem«, sie stemmte die Fäuste in die Hüften, »haben wir noch gar kein Haus. Wo sollen wir denn wohnen? Ach, Rudolph.« Sie strich ihm über den Kopf. »Sei doch nicht kindisch. Es sind nur noch ein paar Monate. Und dann werden wir für immer vereint sein.«
»Das weiß ich doch, Liebes. Ich habe schon Baumaterial bestellt und werde mich in der nächsten Woche um Arbeiter kümmern, damit das Haus so schnell wie möglich fertig wird.«
Mitte November endlich kam die erlösende Botschaft – Carl hatte die Tour unbeschadet überstanden. Alle freuten sich sehr, und Emilia weinte nahezu vor Erleichterung.
Anfang Dezember kehrte er nach Hause zurück.
»Ich habe dich so vermisst«, sagte Emilia, als sie nebeneinander im Bett lagen. Der Mond goss eine Pfütze aus Licht durch das Fenster auf den Boden. »Ich habe vor Sorge kaum ein Auge zugetan.«
»Es tut mir leid. Ich werde so eine Tour nie wieder machen. Am Sonntag werde ich in der Kirche um Vergebung bitten.« Carls Stimme klang seltsam brüchig.
»Möchtest du darüber reden?«
Er schüttelte kaum merklich den Kopf. »Noch nicht.«
Die Schreie der Gefangenen verfolgten ihn jedoch bis in den Schlaf und so manches Mal wachte er schweißgebadet auf. Emilia sorgte sich um ihn. Doch mit der Zeit wurde er ruhiger. Er bereitete die nächste Reise vor, diesmal würden es nur Kartoffeln sein, die er nach Rangun brachte, um dort Reis einzuladen und wieder zurückzukehren.
»Wie lange wirst du unterwegs sein?«, fragte Emilia, die immer noch nicht wusste, wie sie ihm Minnies Pläne nahebringen sollte.
»Einige Wochen nur. Ich breche direkt nach Weihnachten auf.« Er sah sie an. »Was ist los, Liebes? Du bist so seltsam. Und wenn ich es nicht besser wüsste und wir das Alter nicht längst überschritten hätten, würde ich denken, du wärst wieder schwanger.« Er lachte.
»Nein, schwanger bin ich nicht.« Nachdenklich schaute sie ihn an. »Wollen wir ein wenig spazieren gehen?«
»Immer wenn du das sagst, hast du etwas auf dem Herzen.« Er nahm ihren Arm. Sie gingen hinunter zur Bay, zunächst schweigend.
»Muss ich mir Sorgen machen?«, fragte Carl schließlich.
»Eigentlich nicht. Du hast einen Grund, dich zu freuen. Minnie möchte dir jemanden vorstellen«, sagte Emilia vorsichtig.
Carl blieb abrupt stehen. »Was?«
»Nun, unsere Minnie ist dreiundzwanzig Jahre alt, kein kleines Kind mehr. Es scheint, als hätte jemand ihr Herz erobert.«
»Wer ist es?«
Emilia seufzte. Als sie seine zusammengezogenen Augenbrauen sah, schwante ihr nichts Gutes. »Du kennst ihn noch nicht. Es ist Rudolph te Kloot.«
Carl schüttelte den Kopf. »Das ist nicht dein Ernst. Sag, dass das nicht wahr ist!«
Emilia lachte leise. »Nun, doch, es ist wahr.«
»Unsere Minnie? Hat der Kerl sie etwa schon angerührt? Ich breche ihm den Hals. Mein Mädchen rührt niemand an!«, polterte er so laut, dass sich andere Spaziergänger, die am Ufer entlangflanierten, zu ihnen umdrehten.
»Carl!«, zischte Emilia. »Bitte! Contenance. Was sollen denn die Leute denken?«
»Die Leute sind mir egal, wenn es um meine Kinder geht, Emma.« Empört stapfte er weiter, dann blieb er wieder stehen. »Das ist der Bruder von Jean? Ich habe ihn ein paarmal in der Stadt getroffen. So ein Hänfling mit einer Nickelbrille. Was will der von unserer Minnie?«
»Ich denke, sie lieben sich und wollen heiraten.« Emilia lächelte.
»Was? Das kommt gar nicht in Frage.«
»Carl, nun nimm doch Vernunft an. Als ich in Minnies Alter war, waren wir schon einige Jahre verheiratet und ich hatte bereits zwei Kinder. Es überrascht mich eher, dass noch keines der anderen Mädchen mit einem ernsthaften Verehrer angekommen ist.«
»Ich bin froh darüber«, Carl schnaubte. »Was macht der Kerl? Er arbeitet nicht für seinen widerlichen Bruder, das weiß ich.«
»Er arbeitet bei deinem Freund
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