Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney
Sonne, die vorsichtig auftauchte, so, als wolle auch sie den Schaden kontrollieren.
Den Gemüsegarten hatte es am schlimmsten getroffen.
»Alles zerstört«, murmelte Inken und wischte sich verzweifelt die Tränen von den Wangen. »Alles. Auch die Äpfel und Birnen, die Erbsen und Bohnen.«
Martin ging mit ernster Miene um das Haus herum. Ziegel waren zerbrochen und vom Dach geweht worden.
Mats, der noch zuletzt im Garten gewesen war, um die Hühner in den Stall zu scheuchen, hatte ein großer Hagelbrocken am Kopf getroffen. Er saß in der Küche und drückte einen Lappen auf die stark blutende Wunde.
»Das muss genäht werden«, vermutete Anna. »Ole, lauf los und hol den Doktor.«
»Gnädige Frau«, sagte Mats, und man konnte hören, wie unangenehm ihm die Situation war, »das wird schon wieder heilen. Dazu braucht es keinen Doktor.«
Doch Anna bestand darauf.
»Nun gut«, sagte Herr Lindley mitten in den Trubel hinein. »Ich sehe, Sie haben jetzt genügend zu tun. Ich möchte mich verabschieden, um Ihren Haushalt nicht noch mehr zu belasten. Wäre es möglich, mir ein Pferd zu leihen?«
»Sie können gerne noch bleiben«, meinte Hinrich, aber Lindley schüttelte den Kopf. »Wir bleiben in Verbindung, Herr Bregartner. Und natürlich werde ich dafür Sorge tragen, dass Ihr neues Haus an die Wasserversorgung angeschlossen wird, so, wie es Eure Frau wünscht. Sie werden sehen, Hamburg wird eine ganz neue Stadt, die modernste Europas.«
Der Gottesdienst fiel an diesem Tag aus. Noch bis zum Abend waren sie mit den Aufräumarbeiten beschäftigt. Der Doktor kam spät, es hatte noch mehr Verwundete im Dorf gegeben und Hein, der Fischer, war gar von einem Ast erschlagen worden. Mit drei Stichen nähte der Arzt die große Platzwunde an Mats’ Kopf und legte einen Verband an. »Der Mann sollte einige Tage im Bett verbringen«, sagte er und zuckte bedauernd die Schultern. »Ich weiß, sie brauchen hierjede Hand, aber die Wunde ist tief und mit Kopfverletzungen ist nicht zu spaßen.«
»Es ist, wie es ist.« Anna seufzte.
Tante Minna hatte sich hingelegt. Die Aufregung sei zu viel für sie, hatte sie gesagt und nach einer kräftigen Brühe verlangt, um wieder zu Kräften zu kommen.
Sie brauchten Tage, um das Anwesen wieder einigermaßen zu richten. Auch im Dorf sah es schlimm aus.
»Als wäre ein Heer hindurchgezogen und es hätte eine Schlacht stattgefunden«, sagte Ole düster. »Wie Einschüsse sehen die Löcher aus, die der Hagel geschlagen hat.«
In den nächsten Wochen saßen Emilias Eltern oft zusammen und hatten wichtige Dinge zu besprechen. Ihre Mienen waren ernst und angespannt. Emilia spürte, dass irgendetwas vor sich ging. Vielleicht, so dachte sie, hängt es mit dem Haus zusammen, das Onkel Hinrich in der Stadt baut. Schon im nächsten Jahr sollte es fertig sein und die Familie wieder dorthin ziehen.
Ende September ließ Martin seine Koffer packen. Er begab sich, erfuhr Emilia, nach England, um die Geschäfte dort voranzutreiben.
Hinrich hielt sich meist in der Stadt auf, er hatte dort Zimmer in einem Hotel angemietet. Die Werft wurde vergrößert, jetzt bauten sie auch Schiffe, die auf ihren Namen auf große Fahrt gehen sollten. Tante Minna besuchte ihren Mann oft in der Stadt und überwachte die Fortschritte beim Hausbau.
»Wir haben solch ein Glück«, erzählte sie Anna freudestrahlend. »Dank unserer Ziegelei haben wir genügend Material, um den Bau voranzutreiben. Und das Schiff wird uns Fliesen und Marmor, Kupferrohr und andere Dinge heranschaffen können.«
Anna war sehr still geworden. Oft saß sie auf der Bank vor dem Haus und wartete auf die Post. Doch nur selten kam Nachricht von ihrem Mann.
Endlich, es war schon kurz vor Weihnachten und Mats hatte eineTanne geschlagen, die in der Remise darauf wartete, im Salon aufgestellt und geschmückt zu werden, kam Martin zurück. Emilia begrüßte ihn freudestrahlend.
»Hast du mir etwas mitgebracht? Wie ist es in England? Ist es dort schöner als hier? Darf ich auch mal dorthin?«
»Geh in die Küche, Kind«, sagte er, »ich habe einiges mit deiner Mutter zu besprechen.«
Emilia blieb vor der Tür stehen. Lauschen war verboten, aber im Flur stehen nicht.
»Ich habe dir gesagt, dass ich das nicht machen werde, Martin«, hörte sie ihre Mutter sagen. »Ich dachte, darüber wären wir uns einig gewesen.«
»Es ist doch nicht für immer, Anna. Es ist nur für ein oder zwei Jahre, dann kommen wir wieder zurück.«
»Nein, Martin. Wir sind
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