Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney
pathetisch, dass Emilia lächeln musste.
»Das weiß ich doch, Liebster.« Sie zögerte. »Fürchtest du dich vor dem Gespräch mit meinem Onkel?«
Lessing schüttelte entrüstet den Kopf. »Nein. Ich weiß, dass wir zusammengehören, und das wird er nicht verhindern können.«
Auf dem Kutschbock neben dem Kutscher saß Tine unter einer dicken Decke. Sie schimpfte leise vor sich hin. Inken hatte sie die letzten Tage in der Dienstbotenkammer festgehalten, was laute Proteste auslöste, woran sich aber niemand störte.
»Ich werde alles erzählen«, hatte sie gefaucht und war auf den Wagen gestiegen. »Alles. Auch dass Ihr Euch unzüchtig verhalten habt. Ich habe das mitbekommen.«
Emilia hatte gelächelt. Ja, dachte sie, erzähl du das nur.
Sie hielten vor dem Haus an der Alster. Tine sprang vom Kutschbock, noch bevor Lessing ausgestiegen war. Wild hämmerte sie an die Tür.
»Gnädige Frau, gnädige Frau«, rief sie. »Man hat mich gegen meinen Willen festgehalten.«
Der Bursche öffnete die Tür und sah sie entgeistert an.
»Tine? Was machst du denn für einen Krawall? Was sollen denn die Leute denken?« Er zog sie in die Diele, sah dann erst die Kutsche.Schnell eilte er die Stufe hinunter und half Emilia aus dem Wagen. »Gnädiges Fräulein.« Lessing besah er mit einem misstrauischen Blick.
»Ist mein Onkel schon auf?«
»Natürlich. Er und die gnädige Frau frühstücken gerade.«
»Dann kannst du Kapitän Lessing melden«, sagte Lessing freundlich, aber bestimmt.
Der Bursche sah ihn verblüfft an. »Sofort.« Er eilte die Treppe hoch. Langsam folgten Emilia und Lessing ihm.
In der Diele stand immer noch Tine und lamentierte laut. »Man hat mich gefangen gehalten. Unzucht wurde getrieben!«
Die Mamsell kam und fasste die Magd hart am Arm. »Was machst du denn für ein Geschrei? Was ist das für ein Benehmen? Ab nach unten!«
»Nein!« Tine versuchte, sich loszureißen. »Nein! Ich muss mit der gnädigen Frau sprechen.«
»Das kannst du. Später. Und nicht in der Lautstärke und mit dem Tonfall.« Die Mamsell schnaubte empört. »Es ist Besuch da, siehst du das nicht?« Sie nickte Lessing und Emilia zu, zog die Augenbrauen fragend in die Höhe.
Emilia lächelte nur.
»Das ist kein Besuch!«, rief Tine.
»Jetzt ist aber Schluss! Ab mit dir!« Die Mamsell zwang das Mädchen nach unten.
»Kapitän Lessi …« Onkel Hinrich kam aus dem Esszimmer, er stockte, als er die beiden sah. »Emma?«
»Lieber Herr Bregartner«, sagte Lessing, ging auf ihn zu und streckte die Hand aus. Doch der Onkel ignorierte dies, blitzte Emilia an.
»Was machst du hier und noch dazu in dieser Gesellschaft? Ich hatte dir eindeutige Anweisungen gegeben«, fauchte er.
»Lieber Herr Bregartner, wir möchten etwas mit Ihnen und Ihrer Frau besprechen.«
Onkel Hinrich drehte sich zu ihm um. »Es gibt nichts Gemeinsames zu besprechen.«
»Oh doch, Onkel Hinrich.« Emilia lächelte.
»Was ist hier los?«, fragte Tante Minna. »Was machst du denn hier?« Dann entdeckte sie Lessing und wurde blass. »Ihr?«
»Gnädige Frau.« Lessing verbeugte sich leicht.
»Wir hatten dir verboten …«, keifte Tante Minna.
»Liebe Frau Bregartner«, unterbrach Lessing sie. »Emma und ich möchten Ihnen etwas mitteilen. Wir werden heiraten und bitten Sie um Ihren Segen.«
»Was?«
»Lieber Onkel, liebe Tante. Ich habe mich entschieden. Ich werde Kapitän Lessing heiraten.«
»Nein, das wirst du nicht!«, brüllte Onkel Hinrich. »Wie kommt Ihr dazu, ein solch undenkbares Unterfangen an mich heranzutragen, Lessing?«
»Wir lieben uns«, sagte Lessing und straffte die Schultern. »Und wir wollen unser Leben gemeinsam verbringen.«
»Das werde ich nicht zulassen. Ihr habt gar nicht die Mittel, meine Nichte zu unterhalten.«
»Doch, die habe ich.«
»So ein Blödsinn«, sagte Tante Minna. »Wie stellt Ihr Euch das vor? Ihr seid ein einfacher Kapitän, habt kein Vermögen oder Liegenschaften. Wie wollt Ihr für unsere Nichte aufkommen?«
Emilia trat zu Lessing. »Ich brauche kein Haus, ich werde mit ihm zur See fahren.«
Ungläubig schauten die beiden sie an.
»Geh sofort auf dein Zimmer, Fräulein«, herrschte der Onkel sie an. »Hast du den Verstand verloren? Zur See fahren, das ist doch nicht die Möglichkeit.«
»Doch, es ist möglich«, sagte Lessing ruhig. »Ich habe die Kajüte schon entsprechend umgebaut und alle Maßnahmen ergriffen, damit Emma eine angemessene Unterkunft auf meinem Schiff hat.«
»Was für ein
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