Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney
Tante über mein Leben bestimmt. Nur eine Bitte hätte ich, Carl.«
»Ja?« Er sah sie verblüfft an. Aus dem verträumten Mädchen war plötzlich eine Frau geworden, die zu wissen schien, was sie wollte.
»Wir müssen durch den Kanal. Ich möchte meine Eltern sehen. Ich möchte mit ihnen sprechen und ihnen meine Entscheidung erklären. Vermutlich werden sie es ebenso wenig gutheißen wie mein Onkel und die Tante. Aber ich möchte ihnen die Nachricht persönlich überbringen.«
»Wir werden in Cardiff anlegen müssen. Ein Treffen mit deinen Eltern sollte also möglich sein.«
»Wann wollt Ihr in See stechen?«, fragte Inken.
»Spätestens am elften November, wenn das Wetter es zulässt. Das ist nächste Woche Dienstag. Den Lotsen habe ich schon bestellt. Ballast wird gerade geladen. In wenigen Tagen sollte die ›Lessing‹ fertig sein. Jeder Tag früher wäre besser.«
»Ich habe Emmas Aussteuer fertiggemacht. Dieses Gut gehört ihrenEltern, deshalb habe ich mich frei gefühlt, aus den Besitztümern einiges für sie auszuwählen. Wir haben es in Kisten gepackt, die stehen dort im Flur. Mein Mann wird Euch mit der Kutsche nach Hamburg begleiten, so dass ihr die Sachen schon an Bord nehmen könnt.«
»Mir fehlen die Worte, Mamsell.« Die Dankbarkeit war ihm deutlich anzuhören.
»Mögt Ihr Euch nicht frisch machen, bevor es Essen gibt?«, fragte Inken.
»Das wäre wunderbar.«
Mats hatte Wasser erwärmt und in die Waschstube gebracht.
Während Lessing dorthin verschwand, nahm Inken Emilia zur Seite. »Bist du dir sicher? Ganz sicher?«
»Absolut.«
Inken nickte. »Er liebt dich, das merkt man. Er wird sich immer für dich einsetzen und vor dich stellen. Das ist gut. Ich habe euch beiden das Schlafzimmer deiner Tante zurechtgemacht.« Sie räusperte sich und senkte den Kopf.
»Bitte?« Emilia glaubte, nicht recht gehört zu haben, ihr Herz schlug bis zum Hals.
»Nun, wenn ihr angeben wollt, dass ihr heiraten müsst, wäre es nicht verkehrt, Tatsachen zu schaffen. Ich traue deinem Onkel zu, dass er dich untersuchen lässt, nur um herauszufinden, ob es stimmt.«
Emilia schnappte nach Luft.
»Du liebst ihn wirklich und willst dein Leben mit ihm verbringen?« Eindringlich sah sie Emilia an. »Ganz bestimmt?«
Emilia nickte. »Ja, das will ich.«
»Nun gut. Ich werde dafür geradestehen.«
»Ich will nicht, dass du wegen uns in Schwierigkeiten kommst.«
»Das werde ich nicht. Ich werde alles leugnen, aber was ihr in Mettes Scheune macht, kann ich nicht wissen.« Sie zwinkerte Emilia zu. »Doch es muss ja nicht im Stroh sein, wenn es auch anders geht. Ihr werdet nächste Woche heiraten, so oder so.«
Emilia wurde rot und dann blass. Inken bemerkte ihre Unsicherheit. »Bist du etwa bang, Täubchen?«
»Ja.«
»Keine Angst. Es tut vielleicht erst kurz weh, aber nur kurz. Und es macht keinen Unterschied, ob du den Segen der Kirche hast oder nicht, was das angeht.« Sie lachte leise. »Ich habe dir ein hübsches Nachthemd rausgelegt und Mats hat den Ofen angeheizt. Außerdem steht eine Karaffe Wein auf dem Tisch. Trinkt ruhig beide, das löst die Anspannung.«
Emilia nahm sie in den Arm und drückte sie fest. »Danke. Du warst immer mehr für mich da als meine Mutter.«
»Das weiß ich und es hat mir so weh getan, dass sie dich nicht mitgenommen hat. Es hätte dir beinahe das Herz gebrochen. Das soll nicht noch einmal passieren. Lessing wird gut zu dir sein, er liebt und achtet dich. Deshalb, und nur deshalb, werde ich euch helfen, so gut ich kann.«
Emilia kämpfte mit den Tränen. »Inken … »
»Ich werde immer hier sein und ich werde immer für dich da sein, Täubchen.« Inken holte tief Luft. »Und nun machen wir Essen. Und damit du deine Gefühle in den Griff kriegst, trinkst du jetzt ein Glas Branntwein.«
»Und was machen wir mit Tine?«
»Sie bleibt hier. Weglaufen wird sie ja wohl nicht. Und wenn ihr nach Hamburg fahrt, um mit deinem Onkel zu sprechen, könnt ihr sie ja mitnehmen.«
Zwei Stunden später standen sich Emilia und Carl in dem Zimmer gegenüber. Carl schloss die Tür hinter sich, lehnte sich dagegen, er atmete angespannt. »Emma …«
Ihr Herz klopfte wie ein kleines Tier, das in ihrer Brust gefangen war. Sie biss sich auf die Lippen.
»Wir sind nicht vermählt, Emma. Das ist nicht rechtens«, sagte er und ging zu dem Tischchen, schenkte ihnen beiden ein Glas Wein ein.
»Nächste Woche wirst du mich ehelichen … es sind nur ein paar Tage …«, sie schluckte, nahm das
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