Die Auswahl. Cassia und Ky
Recyclingbehältern in unseren Häusern und von den zahlreichen Mensen. Die Arbeiter tragen durchsichtige Schutzhandschuhe, aber es ist mir ein Rätsel, warum das Plastik oder Latex nicht in ihre Haut einschmilzt, wenn sie die Behälter mit heißem Wasser ausspritzen. Anschließend werfen sie die sauberen Behälter in die Recyclingröhren.
Der ganze Vorgang wiederholt sich in endloser Eintönigkeit, ein steter Fluss von Dampf, kochendem Wasser und Alubehältern. Mein Verstand droht, abzustumpfen und sich zu verschließen, wie es oft bei einem schwierigen Sortiervorgang am Bildschirm geschieht. Ich bin überwältigt. Doch dies sind keine Zahlen auf dem Bildschirm. Das sind Menschen.
Das ist Ky.
Deswegen zwinge ich mich, wach und konzentriert zu bleiben. Ich zwinge mich, die gebeugten Rücken, verbrühten Hände und die riesigen Mengen von Müll zu beobachten, die silbrig über die Bänder gleiten.
Einer der Arbeiter hebt die Hand, und ein Funktionär steigt von seinem Turm hinunter und diskutiert mit ihm. Der Arbeiter gibt dem Funktionär einen Alubehälter, und dieser scannt den seitlichen Strichcode mit seinem Datenpod ein. Einen Moment später verschwindet er mit dem Essensbehälter in einem Büro am Ende der großen Halle. Der Arbeiter hat seine Tätigkeit bereits wiederaufgenommen.
Die Funktionärin sieht mich an, als warte sie auf etwas. »Was denken Sie?«, fragt sie mich schließlich.
Ich weiß nicht, was sie von mir will, deshalb weiche ich ihrer Frage aus. »Natürlich wäre es am effektivsten, Maschinen einzusetzen.«
»Das ist keine Lösung«, antwortet die Funktionärin freundlich. »Die Nahrungsmittelzubereitung und -verteilung kann nur von menschlichem Personal übernommen werden. Das ist Vorschrift. Aber wir würden gerne einige der Arbeiter für andere Projekte und Aufgaben freistellen.«
»Ich verstehe aber nicht, wie Sie die Arbeit dadurch effizienter gestalten wollen«, erwidere ich. »Eine auf der Hand liegende Methode wäre natürlich …. sie länger arbeiten zu lassen … aber … sie sehen ohnehin schon erschöpft aus …« Meine Stimme verliert sich – eine kleine, unbedeutende Dampfwolke.
»Sie sind nicht hier, um uns eine Lösung zu präsentieren.« Die Funktionärin klingt amüsiert. »Die wurde schon längst an höherer Stelle ausgearbeitet. Die Arbeitszeit wird erhöht. Die Freizeitstunden werden reduziert. Auf diese Weise kann ein Teil des Personals in dieser Sektion auf anderen Gebieten eingesetzt werden.«
Allmählich dämmert es mir, auch wenn ich mir das Gegenteil wünsche. »Also, wenn ich nicht die anderen Variablen der Arbeitssituation sortieren soll, dann soll ich also …«
»… die Menschen sortieren, genau.«
Mir wird übel.
Sie hält mir einen Datenpod hin. »Sie haben drei Stunden Zeit für Ihre Beobachtungen. Geben Sie die Nummern der Arbeiter ein, die Sie für die leistungsfähigsten halten. Diejenigen, die zu einem alternativen Arbeitsprojekt versetzt werden sollten.«
Ich blicke die Nummern auf den Rücken der Arbeiterhemden an. Tatsächlich ähnelt die Situation dem Sortieren auf dem Bildschirm: Ich soll die schnelleren Muster im Arbeitsablauf erkennen. Die Funktionäre wollen testen, ob mein Verstand automatisch diejenigen Arbeiter registriert, die sich am schnellsten bewegen. Computer könnten diesen Job übernehmen, und das haben sie wahrscheinlich auch schon getan. Aber jetzt wollen sie sehen, ob ich es auch kann.
»Und noch etwas, Cassia«, fügt die Funktionärin von der Metalltreppe aus hinzu. »Ihre Sortierung wird beibehalten. Das ist Teil des Tests. Wir möchten sehen, ob Sie die richtigen Entscheidungen treffen können, wenn Sie wissen, dass sie reale Auswirkungen haben werden.«
Sie blickt in mein entsetztes Gesicht und fährt fort – ich merke, dass sie freundlich sein will. »Das ist nur eine Schicht einer Gruppe von einfachen Arbeitern, Cassia. Keine Angst. Geben Sie einfach Ihr Bestes.«
»Aber worin besteht dieses andere Projekt? Wenn sie versetzt werden, bedeutet das, dass die Leute die Stadt verlassen müssen?«
Jetzt wirkt die Funktionärin schockiert. »Diese Information ist streng vertraulich! Und außerdem für den Sortiervorgang irrelevant.«
Der grauhaarige Funktionär, der noch immer schwer atmet, dreht sich um. Er will wissen, was los ist. Die Funktionärin nickt ihm zu, zum Zeichen, dass sie unterwegs ist, und sagt dann leise zu mir: »Bessere Arbeiter erhalten die besseren Arbeitsplätze, Cassia. Das ist alles,
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