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Die Auswahl. Cassia und Ky

Titel: Die Auswahl. Cassia und Ky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Condie
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er Lon beim Abstieg hilft. Ich frage mich, wieso sich der Offizier überhaupt die Mühe gemacht hat, Lon hinaufzuschleppen, bis ich höre, wie er Ky gegenüber gedämpft gesteht, seine Quoten erfüllen zu müssen, damit man ihn nicht belangen kann. Das überrascht mich, obwohl ich weiß, dass sich auch Offiziere gegenüber Vorgesetzten verantworten müssen.
    So gehe ich den Rückweg gemeinsam mit einem Mädchen namens Livy, das beim Wandern immer besser wird und sich für alles begeistern kann. Sie redet wie ein Wasserfall, aber ich kann nur an eines denken: daran, wie elegant Kys Hand meine Initiale geschrieben hat. Mein Herz schlägt schneller.
    Wir kommen spät zurück, und ich beeile mich, um den Zug zurück zur Ahorn-Siedlung noch zu erwischen. Auch Ky muss rennen, um seinen zu bekommen, der ihn in die Stadt und zur Arbeit bringt. Ich habe es für heute schon aufgegeben, mit ihm zu reden, als plötzlich jemand dicht an mir vorbeigeht. Zugleich höre ich ein Wort, so leise und sanft, als habe er es schon oben auf dem Hügel ausgesprochen und der Wind habe es zu mir heruntergetragen.
    Das Wort lautet
ja
.

KAPITEL 16

    D as C kann ich inzwischen schon ganz gut. Am Wandertreffpunkt angekommen, renne ich praktisch sofort hinauf auf die Hügelkuppe, und nachdem ich mich beim Offizier gemeldet habe, eile ich zu meinem Platz an Kys Seite. Ehe er etwas sagen kann, nehme ich ein Stöckchen und zeichne ein C in die feuchte Erde direkt neben ihm.
    »Was kommt als Nächstes?«, frage ich, und er lacht leise.
    »Eigentlich brauchst du mich gar nicht. Du kannst es dir selbst beibringen«, sagt er. »Du brauchst nur die Buchstaben von deinem Schreib- oder Lesecomputer abmalen.«
    »Die sehen aber nicht genauso aus«, erwidere ich. »Sie sind nicht so miteinander verbunden wie deine. Ich habe deine Art zu schreiben schon mal gesehen, aber ich weiß nicht, wie man sie nennt.«
    »Schreibschrift«, antwortet er leise. »Sie ist schwerer zu lesen, aber sehr schön. Es ist eine sehr altmodische Schrift.«
    »Aber die möchte ich gerne lernen.« Ich habe keine Lust, die eckigen, einfachen Buchstaben unserer Schrift zu kopieren. Die Schleifen und Bögen von Kys Schreibweise mag ich lieber.
    Ky blickt hinüber zu dem Offizier, der finster in den Wald starrt, als wolle er drohen: ›Wehe, heute fällt wieder einer hin und verletzt sich.‹ Wir haben nicht viel Zeit, bevor die anderen eintreffen.
    »Was kommt als Nächstes?«, frage ich wieder.
    »A«, sagt Ky und zeigt mir, wie man ein kleines
a
schreibt, eingerahmt von einem kleinen Aufwärtsschwung am Anfang und einem Abwärtsschwung am Ende, der den Buchstaben mit dem vorhergehenden und dem nachfolgenden verbindet. »Denn das ist der nächste Buchstabe in deinem Namen.« Er nimmt meine Hand, die den Stock hält.
    Aufwärts, einmal herum, runter.
    Sanft führt mich seine Hand bei den Abwärtsstrichen und lockert sich ein wenig bei den Aufwärtsbewegungen. Ich beiße mir vor Konzentration auf die Lippe. Ich wage kaum zu atmen, bis das
a
fertig ist, was leider allzu schnell geschieht.
    Der Buchstabe ist perfekt geformt. Ein wenig zittrig atme ich aus. Ich will Ky ansehen, aber stattdessen blicke ich hinunter auf unsere Hände, so dicht nebeneinander. In diesem Licht sehen seine gar nicht so gerötet aus, sondern braun und stark. Zupackend.
    Jemand kommt durch den Wald in unsere Richtung. Wir lassen beide gleichzeitig los.
    Livy bricht aus dem Unterholz auf die Lichtung. Noch nie hat sie es als Dritte geschafft, und sie ist ganz aus dem Häuschen vor Aufregung. Während sie mit dem Offizier plaudert, stehen Ky und ich auf und zertreten unser Werk unauffällig bis zur Unkenntlichkeit.
    »Warum bringst du mir zuerst die Buchstaben meines Namens bei?«
    »Wenn du außer ihnen nichts anderes lernen würdest, hättest du wenigstens etwas davon«, antwortet er, neigt den Kopf und blickt mich fragend an. Er will wissen, ob ich ihn verstanden habe, ob ich ahne, was er mich fragen will. »Möchtest du noch etwas anderes schreiben lernen?«
    Ich nicke, und seine Augen leuchten verständnisvoll auf.
    »Die Worte auf dem Papier«, flüstert er mit einem Seitenblick zu Livy und dem Offizier.
    »Ja.«
    »Kannst du dich noch an sie erinnern?«
    Wieder nicke ich.
    »Erzähl mir jeden Tag ein paar davon«, schlägt er vor, »dann erinnere ich mich für dich. Dann sind wir schon zwei, die die Worte kennen.«
    Obwohl wir wenig Zeit haben, bis Livy, der Offizier oder jemand anderer zu uns herüberkommt und

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