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Die Auswanderinnen (German Edition)

Die Auswanderinnen (German Edition)

Titel: Die Auswanderinnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: helga zeiner
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schlecht gelaunt reagierte. Das gehört dazu, hatte er ganz am Anfang ihrer Ehe gemeint, als sie noch nicht ganz aus der Rolle der zwanghaft gut gelaunten, perfekten Ehefrau ausgebrochen war. Wir sind alle nicht perfekt und ich liebe dich so wie du bist, mit all deinen Fehlern! Durch diese Worte hatte sie gelernt, mit ihren eigenen Fehlern zu leben und sich nicht permanent für irgendwelche Mängel zu entschuldigen.
    Vielleicht hatte Johanna sich ja nicht gemeldet, weil sie andere Sorgen hatte. „Hoffentlich ist ihr nichts passiert. Ich habe letzte Woche schon öfter versucht sie zu erreichen, aber sie ging nie ans Telefon.“
    „Sie lebt alleine. Du hast eben jedes Mal Pech gehabt. Sie hat bestimmt gerade eine Menge Ärger am Hals. Sich bei dem Regen um alles alleine kümmern zu müssen, ist nicht einfach. Da gibt es bestimmt viel zu tun. Du wirst sehen, sobald der Regen aufhört, ist sie wieder zu erreichen. Laut Wetterbericht soll es ab heute besser werden.“
    „Das ist auch höchste Zeit. Die Farmer im Busch wissen ja wirklich bald nicht mehr, was sie tun sollen. Diese armen Menschen laufen Gefahr alles zu verlieren. Johannas Mine bleibt wenigstens betriebsfähig, sie muss nur geduldig warten bis wieder alles abgetrocknet ist, und da könnte sie ruhig mal ans Telefon gehen. Na ja, bei unserem letzten Gespräch ist Johanna nicht besonders mitteilsam gewesen, sie wird uns einfach nicht sehen wollen.“
    Steve schloss die Haustür ab, und sie stiegen ins Auto und fuhren schweigend los. Nach einer Weile begann Eva wieder zu plappern. „Es wäre eigentlich ganz schön, wenn wir hier auch mal wieder besseres Wetter hätten. In einer Woche beginnen die Spiele. Die armen Touristen tun mir jetzt schon leid. Ich verstehe überhaupt nicht, warum sie diese Sportveranstaltung auf Ende September gelegt haben, wo doch jedes kleine Kind weiß, dass es zu dieser Zeit immer Stürme gibt. Es findet doch alles im Freien statt.“
    Das stimmt, dachte Steve. Aber es war für die Verantwortlichen sicher nicht einfach gewesen, den richtigen Zeitpunkt zu finden.
    Sie bogen in die Barrenjoy Road ein und fuhren am Meer entlang nach Süden. Erst in Mona Vale spaltete sich die Hauptstraße, und das weitverzweigte Verkehrsnetz der Großstadt begann. Die Verkehrsdichte nahm zu, und sie waren plötzlich mitten in der Rushhour.
    „Ziemlich schlimm heute“, sagte Eva. „Wer weiß, wie wir durchkommen.“
    Steve widersprach ihr. Eva kam nicht oft in die Stadt und hatte immer noch nicht verstanden, dass die neue Verbindungsstraße zum Flughafen, die 2000 eigens für die Olympiade in Sydney gebaut worden war, eine ziemlich genaue Zeitplanung von circa einer Stunde Fahrt ermöglichte.

Kapitel 6
     
     
    Eva wurde nervös, sobald sie das Flughafengebäude betraten. Der Bildschirm zeigte an, dass Isabellas Maschine bereits gelandet war, und Eva studierte gespannt die Gesichter der Ankommenden. Isabella hatte ihr ein Foto geschickt, das vor kurzem in München aufgenommen worden war. Das Bild zeigte eine lachende, braungebrannte Frau mit einer undefinierbaren Frisur, deren Augen hinter einer riesigen Sonnenbrille verborgen waren. Ihre Gesichtszüge ließen sich nur schwer ausmachen. Eva suchte nun nach einer Person mit sommerlich-fröhlichen Ausdruck suchte, die einer früheren Isabella ähnlich sehen würde. Doch die Menschen, die nun, jedes Mal wenn sich die automatischen Schiebetüren des Zollbereichs surrend öffneten, schubweise ins gleißende Licht der Ankunftshalle traten, hatten mit entspannten Urlaubsreisenden nichts gemein. Es waren übermüdete Langstreckenflieger mit teigiger Hautfarbe, zerzausten Haaren und zerknitterter Kleidung. Würde sie Isabella überhaupt erkennen?
    Automatisch überprüfte Eva den Sitz ihres Rockes, ihrer Ohrringe und ihrer Kette, einer Türkis- und Silberkombination, die ihr Steve letztes Weihnachten geschenkt hatte, und zupfte an der weißen Hängebluse, die so vorteilhaft geschnitten war. Sie drehte sich zu Steve um, um sich von ihm bestätigen zu lassen, dass alles in Ordnung war, hatte aber Pech, denn er lehnte an einem der hohen Tische des Stehcafés, vor sich einen Becher Kaffee, und studierte intensiv den Autoteil des Sydney Morning Herald . Verunsichert kramte sie in ihrer Handtasche nach ihrem Spiegel und dem Lippenstift und hätte dabei beinahe Isabella verpasst. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie eine kleine, schlanke Frau, deren Handtasche, ein hellbraunes Leder-Monstrum, bei jedem ihrer

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