Die Auswanderinnen (German Edition)
schwungvollen Schritte mithüpfte. Das war sie!
Schon lagen sich die Frauen in den Armen und begrüßten sich überschwänglich.
„Großartig siehst du aus“, sagte Eva. „Genau wie früher! Und so frisch ... so ausgeruht. Wie machst du das nur, nach einem so langen Flug?“
„Ach was, ich bin doch nur in Singapur zugestiegen. Die meisten Passagiere waren schon vorher an Bord, weiß der Geier, wie lange die schon unterwegs waren. Ich bin fit wie ein Turnschuh, das kannst du mir glauben!“
„Trotzdem“, wunderte sich Eva. „Nach so einem Flug! Du siehst viel besser aus als ich erwartet habe. Ich meine, du hast dich überhaupt nicht verändert. Nur die Haare sind etwas kürzer.“
Isabella lachte. „Danke. Und ein paar Fältchen um die Augen sind auch dazugekommen.“
„Überhaupt nicht“, widersprach Eva.
Sie versicherten sich gegenseitig, wie wunderbar es sei, sich endlich wiederzusehen, dann schoben sie den Wagen mit Isabellas Koffern zum Stehcafé, wo Eva ihrer Freundin Steve vorstellte. Eva schlug den beiden vor, sich zu duzen. Isabella nickte und gab Steve die Hand, aber der beugte sich zu ihr hinunter, nahm sie in die Arme und küsste sie auf beide Wangen. „Wie geht es dir?“, fragte er auf Deutsch. Sie lachte und erwiderte seine Umarmung. Die Begrüßung ließ darauf hoffen, dass sich die beiden sympathisch waren, doch darüber hatte sich Eva sowieso keine Sorgen gemacht. Es war unmöglich Steve nicht zu mögen, fand sie, denn er war stets gut gelaunt und zu allen gleich nett und zuvorkommend, und Isabella, ja, wenn sich Isabella nicht arg verändert hatte, würde er sie ebenfalls mögen.
„Gott, ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie aufgeregt ich bin.“ Isabella hatte aus Höflichkeit begonnen, englisch zu sprechen. Sie wusste, dass Steve einigermaßen gut deutsch verstand, aber es war ihr zu mühselig, langsam zu sprechen und auf ihre Wortwahl achten zu müssen. „Es ist so aufregend, wieder hier zu sein.“
Eva nickte. „Du bist bestimmt neugierig, was sich alles verändert hat.“
Gemeinsam verstauten sie Isabellas Koffer und nahmen in ihrem Ford Explorer Platz. Steve hatte seinen alten Ford erst letzten Monat in Zahlung gegeben und erbittert um dieses neue Auto, seinen Traumwagen, gefeilscht. Es war fast neu, silberfarben mit einem Hauch von Pfirsich, eine ungewöhnliche Farbe, die anscheinend nicht sonderlich beliebt war. Eva, die ihrer Freundin rücksichtvoll den Beifahrersitz überlassen hatte, beugte sich vor und erzählte ihr voller Stolz, dass es die erste längere Fahrt im neu erstandenen Auto war.
„Das ist aber ein älteres Modell“, vermeldete Isabella.
„Donnerwetter“, meinte Steve. „Eine Fachfrau! So etwas erkennt nicht gleich jeder.“
„Danke“, antwortete Isabella. „Das gehört zu meinem Beruf.“
Sie leitete ihre eigene Import-Firma und erklärte, dass zu ihren Kunden auch Zulieferer aus der Autobranche zählten, die verschiedene Zubehörteile aus Asien bestellten. „Allerdings nicht Ford! Wir machen viel für Daimler Chrysler in Stuttgart und für etliche andere Marken. Ich versuche mich aber über alle Marken auf dem Laufenden zu halten.“
„Prima, dann habe ich ja die richtige Lektüre für dich zu Hause, falls du mal nicht schlafen kannst. Sämtliche Autozeitschriften, die man hier kriegen kann“, bot Steve an.
„Um Himmels willen, nein! Ich bin im Urlaub. Alles was irgendwie nach Arbeit riecht, wird gnadenlos ignoriert.“ Isabella drehte sich zu Eva um. „Du hast doch freibekommen, solange ich hier bin, oder etwa nicht?“
Eva schob ihren Kopf zwischen die Lehnen und bestätigte. „Ja, zumindest die erste Woche. Danach geht es nur, wenn sonst niemand im Geschäft ausfällt.“
„Konntest du denn nicht einfach länger Urlaub nehmen?“, beschwerte sich Isabella.
„Ich bin erst seit Anfang des Jahres bei dieser Firma, und nicht einmal fest angestellt. Die nächste Woche ist aber kein Problem, denn da ist das Büro geschlossen.“
„Komplett geschlossen?“
„Wir sind nicht die Einzigen. Viele Firmen haben für einige Tage geschlossen oder arbeiten nur mit Notbesetzung, damit ihre Angestellten die Möglichkeit haben, die Commonwealth Spiele zu besuchen. Das ist hier ein großes Ereignis, fast so wie damals, als wir die Olympiade hier hatten.“
„Verrückt!“ Isabella schüttelte ungläubig den Kopf. „Aber ich erinnere mich, die Australier waren schon immer sportbesessen.“
„So wie du auch. Du bist doch auch
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