Die Auswanderinnen (German Edition)
sogar allen Ernstes: „Und du glaubst, wir können dort, in ..., wie heißt das Kaff noch ...“
„Lightning Ridge!“
„... wir können dort Opale finden?“
„In der Zeitung stand“, erzählte Kurt mit ungewohntem Enthusiasmus, der seine sonstige Überheblichkeit etwas abmilderte und ihn fast wie einen Eiferer erscheinen ließ, „dass ein Hobbysucher in einem Claim, den er nur für ein paar Ferienwochen gemietet hatte, einen riesigen Stein ganz dicht unter der Erdoberfläche entdeckt hat. Dieser Opal ist so groß und so wertvoll, dass er seinen Besitzer mit einem Schlag zum Millionär gemacht hat. Der Mann hatte keinerlei Kenntnisse im Bergbau, er war nur ein einfacher Handwerker, so wie ich, der vorher noch nie eine Mine betreten hatte. Jetzt braucht er nie mehr seinem Chef die Stiefel zu lecken – jetzt kann er sich alles leisten. Weiber, Reisen, Saufen und Faulenzen. Stellt euch vor, nur eine Woche Arbeit und ein einziger Fund, und danach ist man ein gemachter Mann!“
Kurt hatte besagten Zeitungsbericht ausgeschnitten und trug ihn seitdem in der Hosentasche mit sich herum. Er war damit zu einer Verkäuferin in eine Buchhandlung gegangen und hatte sie nach einem Buch über schwarze Opale gefragt. Es gäbe keines, war ihre bedauernde Auskunft gewesen, aber sie könnte ihm zumindest eine Anleitung für Goldgräber und Edelsteinsucher empfehlen.
Mit diesem Buch und einer Landkarte von New South Wales und Queensland im Gepäck fuhren sie schließlich am Karfreitag los, allerdings nur Johanna und Kurt. Isabella und Dieter hatten gemeint, sie können sich etwas Besseres vorstellen, als Hunderte von Kilometern in den Outback zu fahren, davon hätten sie in den drei Wochen im Bonegila Camp genug gesehen, und Eva pflichtete ihnen bei. Nur Uwe wäre gerne mitgekommen, aber Eva hatte sich in diesem Fall als erstaunlich durchsetzungsstark erwiesen. Sie hatte sich schlichtweg geweigert, auch nur darüber zu diskutieren und hatte Uwe lapidar erklärt, er könne ja mit den beiden mitfahren, wenn er wolle. So wichtig sei es ihm nun auch wieder nicht, hatte er daraufhin behauptet, Kurt später aber heimlich zur Seite genommen und ihm versprochen, beim nächsten Mal mitzufahren. Kurt solle nur alles erst einmal gut auskundschaften.
Eva war dem Unternehmen dagegen so abweisend gegenübergestanden, dass sie sogar versucht hatte, Johanna von dieser Reise abzubringen. Wusste sie denn nicht mehr, wie entsetzlich trist und ekelhaft schmutzig es außerhalb von Sydney gewesen war? Doch Johanna hatte wie stets gemeint, Kurt wolle es so. Sie hatte dabei nicht sonderlich begeistert geklungen, hatte sich aber auch nicht beschwert.
„Mein Gott, irgendwann küsst sie ihm noch die Füße“, lästerte Isabella, als sie davon erfuhr. „Ich bin auf jeden Fall froh, dass wir hier geblieben sind. Warum kommt ihr nicht auf unsere Party am Samstagabend? Es wird bestimmt lustig.“
Eva hätte die Party wahnsinnig gerne besucht, aber Uwe meinte, sie würden da nicht hinpassen. Es war seine Art der Revanche.
Ohne dass die drei Paare auch nur etwas davon ahnten, stellten sich an diesem Samstag vor Ostern die Weichen für ihre Zukunft. Einer Zukunft, mit der sie niemals gerechnet hatten, als sie an Bord der Queen Frederika gegangen waren. Wer hätte auch ahnen können, dass schon bald so unberechenbare und grausame Ereignisse über sie hereinbrechen würden? Bis zu diesem Osterfest wiegten sie sich noch alle in Sicherheit. Kurt und Johanna reisten zu den schwarzen Opalen nach Lightning Ridge, Isabella und Dieter luden Hal und seine Frau und ein paar Kollegen zu sich nach Hause ein, und Eva und Uwe langweilten sich vor dem Fernseher.
Kapitel 24
Lightning Ridge, heute
„Die verdammte Abzweigung müsste schon längst aufgetaucht sein, oder sind wir etwa daran vorbeigefahren?“, fragte Isabella, die am Steuer saß, seitdem sie vom Motel losgefahren waren.
„Nein, bestimmt nicht“, antwortete Eva. „So viele Schilder gibt es hier nicht, wir hätten es bestimmt gesehen.“ Ganz so sicher war sie sich allerdings nicht, denn sie hatte mit offenen Augen vor sich hin geträumt und deshalb Mühe, sich zu orientieren. Die Straße führte schnurgerade durch gleichmäßig bewachsenes Flachland und steinige Grasebenen mit kargem Buschwerk, hin und wieder geziert von einem vereinzelt stehenden Baum mit löchriger Krone. Die Gegend sah genauso verlassen und still aus wie man sich eine Landschaft auf einem menschenleeren
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