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Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition)

Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition)

Titel: Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bernhard
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ebenmäßigen, dem ganzen, so er, herrlichen Gebäude Fischer von Erlachs entsprechenden Krankensaal gefiel ihm. Er schätzte mich richtig ein, indem er mir während seiner Besuche nichts vormachte, sich nicht die geringste Menschlichkeitsheuchelei mir gegenüber gestattete und auch in seiner Ablenkungskunst niemals die Grenze zur Lüge überschritt. Der Primarius, seiner Meinung nach ein vorzüglicher, intelligenter, nicht nur oberflächlich gebildeter Mann, mit welchem er sich über mich und meine Lage recht gut unterhalten habe können, glaube, daß meine Krankheit in wenigen Wochen, er habe nicht gesagt, in zwei, drei Wochen,
in wenigen Wochen
also abklingen werde. Noch bildete sich nach jeder an mir vorgenommenen Punktion neuerlich und immer noch in einer zu Besorgnis Anlaß gebenden Geschwindigkeit in meinem Brustkorb die gelbgraue Flüssigkeit, die noch einige Zeit alle Tage abgelassen werden müsse, aber auch dieser Vorgang sei schon im Abklingen. Ich müsse aber, unabhängig von geistigem und seelischem Aufschwung, wie mein Großvater es nannte, mit noch bedeutend größerer Körperschwäche als jetzt rechnen, es werde körperlich noch eine Zeitlang bergab gehen. Einerseits sei ich über den Berg, was nicht zuletzt auf meine kraftvoll-positive innere Einstellung gegen diese meine ganze nun einmal hereingebrochene Katastrophe zurückzuführen sei, und man sehe mir ja auch an, daß es bergauf gehe, andererseits habe die Körperschwäche noch nicht ihren Tiefstpunkt erreicht. Aber die Seele und der Geist beherrschen den Körper, so mein Großvater. Der geschwächteste Körper kann von einem starken Geist oder von einer starken Seele oder von diesen beiden zusammen gerettet werden, so er. Erst jetzt hatte ich nun die Unsinnigkeit eingestanden, die schon im Herbst ausgebrochene Krankheit gegen ihre Entwicklung und gegen ihre Natur ignoriert zu haben. Aber eine Krankheit zu ignorieren, nicht zur Kenntnis zu nehmen, obwohl sie ihr Recht verlangt, heißt, gegen die Natur vorgehen, und muß scheitern. Ich hatte dem Großvater zu verstehen gegeben, was es mir bedeutet hatte, in seinem Zimmer zu liegen und die Gegenstände in seinem Zimmer zu betrachten. Er werde mich nach Hause bringen und mir aus jenen Büchern in seinem Zimmer vorlesen, die ich liebte. Das hatten wir vereinbart. Er werde öfter und intensiver als bisher mit mir auf den Mönchsberg spazierengehen, auf den Kapuzinerberg, den er liebte, nach Hellbrunn hinaus, in die Salzachauen. Er denke daran, seinen Beitrag für meine Musikstunden bei den Keldorferischen zu erhöhen. Er selbst hatte davon gesprochen, daß die Musik meine Rettung sei. Er wollte mir Partituren einiger Schubertsymphonien kaufen. Auch eine schöne Ausgabe des Eichendorffschen Taugenichts, die ich mir wünschte. Aber zuallererst herauskommen aus dieser Hölle, hatte er gesagt. Diese Umgebung ziehe den Gesunden in die Fürchterlichkeit hinunter, geschweige denn den Kranken. Er teile sein Barackenzimmer auf der Ersten chirurgischen Abteilung mit einem um zwei Jahre jüngeren Magistratsbeamten, der eine, wie er glaube, gelungene, aber nicht näher bezeichnete Operation hinter sich habe und ihn nicht im geringsten irritiere. Naturgemäß sei er über die Mitteilung, daß auch ich jetzt in dem Krankenhaus liege, erschrocken gewesen, und die ersten Tage, während welchen ich, wie er sich ausdrückte, beinahe die Lebensgrenze überschritten hätte, seien die schlimmsten seines Lebens gewesen, er habe aber, wie gesagt, nicht einen Augenblick daran gedacht, daß ich sterben könnte. Er hatte von Anfang an die Möglichkeit gehabt, wann er wollte, von seinem Bett aufzustehen und aus seinem Zimmer hinauszugehen an die frische Luft. Nach und nach habe er die ganze Krankenhausanlage kennengelernt, sei nacheinander in alle Abteilungen hineingegangen und habe auch die Krankenhauskirche aufgesucht, an welcher er in den letzten Jahren auf seinen Spaziergängen so oft vorbeigegangen sei. Wenn ich soweit sei, werde er mir die in der Kirche hängenden Gemälde von Rottmayr zeigen, die ihn beeindruckt hätten. Er hatte an einem der ersten Nachmittage seines Krankenhausaufenthaltes einem, wie er sagte, ausgezeichneten Orgelspieler zugehört und während dieser Orgelmusik sich Gedanken über meine Zukunft gemacht. Dieser Krankenhausaufenthalt sei ihm urplötzlich, gar nicht im medizinischen, sondern in einem existentiellen Sinne, als eine unumgängliche Notwendigkeit erschienen, er sei hier im Krankenhaus, in

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