Die Baeren entdecken das Feuer
– bis ihm einfiel, daß das Piano ja schon vor zwanzig Jahren verkauft worden war.
Nach einer Weile ertönte von außerhalb und sehr viel weiter entfernt ein tiefes Rumpeln – bis es ebenso plötzlich wieder verstummte. Dafür hallte Glockenschlag über die Stadt hinweg, und Gehupe hob an; eine Tür fiel knallend ins Schloß.
Mr. Fox blickte auf die Uhr, die an der Zweigstelle der Bank auf der anderen Straßenseite befestigt war (er hatte sein Bett so gestellt, daß er sich die Kosten für eine eigene Uhr sparen konnte), und stellte fest, daß es 04:36 Uhr morgens war.
Ostküsten-Standardzeit.
Weitere ungewöhnliche Geräusche blieben in dieser Nacht aus, auch die Glocke hörte bald wieder auf zu schlagen, und Anthony glitt zurück in seinen Schlaf, während Mr. Fox kein Auge mehr zutat. Die Furcht, die schon seit Tagen (möglicherweise auch Jahren) gequält hatte, war wie ein Spuk verschwunden. Statt dessen spürte er in sich erwartungsvolle Spannung – eine Vorfreude, die vollkommen neu für ihn war.
»Wirst du wohl stillhalten!« tadelte Mr. Fox Anthony, als dieser, während er ihn bürstete, immer wieder nach den Hosenbeinen seines Tweedanzugs zu schnappen versuchte. Die Außentemperaturen sanken. Bildete er es sich nur ein, oder wirkte das zum Fenster hereinfallende Licht tatsächlich verändert, als die Finnin Mr. Fox sein gekochtes Ei, Toast, Marmelade und Tee mit Milch servierte?
Draußen war Nebel aufgezogen, das erste Mal seit Wochen. Die Straße vor dem Haus war verlassen. Als Mr. Fox die King’s Esplanade überquerte und die zwölf Stufen hinaufstieg, sah er, daß sich auch so gut wie niemand auf die Promenade verirrt hatte. Nur zwei oder drei kleinere Gruppen hielten sich hier auf. Sie standen an der Geländerbrüstung und starrten in die Nebelwand wie auf einen grieselnden Bildschirm nach Sendeschluß.
Es gab weder sichtbare Wellen noch spürbaren Sturm. Das Wasser gluckste leise entlang der Trennlinie zwischen Strand und Meer und leckte am Sand. Die kaum merkliche Bewegung erinnerte Mr. Fox an eine ältliche Dame, die unentwegt mit arthritischen Fingern an ihrem Schal zupft.
Er setzte sich auf eine der Ruhebänke an der Balustrade. Es dauerte nicht lange, bis der Nebel sich aufzulösen begann, und in geringer Entfernung erspähte Mr. Fox über der grauen Wasseroberfläche etwas, das wie der gleißende Balken auf der Mattscheibe eines Fernsehgeräts aussah, wenn es nach längerer Ruhezeit wieder eingeschaltet wird. In Wirklichkeit war es ein ausgedehnter, noch nie da gewesener Strand, aus dem ein Badehäuschen aufragte. Ketten von Menschen säumten den Strand, einige standen vor ihren abgestellten Autos. Einer von ihnen feuerte mit einem Gewehr in die Luft, die meisten anderen schwenkten gestreifte Fähnchen. Mr. Fox nahm Anthonys Pfote, um für ihn zurückzuwinken.
Amerika (es konnte nur Amerika sein) schien nicht sehr hochentwickelt zu sein. Mr. Fox hatte, wenn nicht gleich Wolkenkratzer, so doch wenigstens mehr und größere Gebäude erwartet. Ein weißer Lastwagen fuhr neben das Badehaus. Der Mann, der ausstieg, trug eine Uniform. Er zündete sich eine Zigarette an und hob ein Fernglas an die Augen. An der Seite des Wagens stand GOYA.
»Willkommen auf Long Island«, sagte die vertraute Stimme des Afrikaners neben Mr. Fox.
Mr. Fox nickte, erwiderte aber nichts. Er sah die Freundin des Afrikaners auch durch ein Fernglas blicken und fragte sich, ob sie und der GOYA-Mann sich gegenseitig betrachteten.
»Wenn Sie Wolkenkratzer erwartet haben, die befinden sich gute fünfzig Meilen von hier, bei Dover«, sagte der Afrikaner.
»In westlicher Richtung?«
»Dover liegt jetzt westlich, da England sich gedreht hat. Deshalb geht die Sonne neuerdings über der Upper Beeding auf.«
Mr. Fox nickte. Natürlich. Er hatte die Sonne schon lange nicht mehr aufgehen sehen, aber er verspürte nicht den Drang, dies zu erzählen.
»Alle sind nach Dover gegangen. Von dort aus können sie Manhattan sehen, die Freiheitsstatue, das Empire State Building, alles…«
Mr. Fox nickte. Durch die Zurückhaltung der Frau ermutigt, fragte er schließlich im Flüsterton: »Wie nennst sich die Stelle, an der wir uns befinden, genau?«
»Jones Beach.«
»Nicht – Babylon?«
»Das würde dir so gefallen! Hab ich recht, Alterchen?« sagte die Freundin des Afrikaners mit ihrem schrillen Lästermaul.
Mr. Fox war ziemlich mitgenommen. Lizzie wurde wie jener Fuchs gehetzt, den sie während ihres Aufenthalts
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