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Die Baeren entdecken das Feuer

Die Baeren entdecken das Feuer

Titel: Die Baeren entdecken das Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
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in Schottland mit blutrünstiger Freude gejagt hatte. Als Oberst Macintosh sie immer enger in die Zange nahm, schien sie eine perverse Lust an der Ausweglosigkeit ihrer Situation zu empfinden: als ob sie dadurch eine Verwundbarkeit erlangt hätte, die sie niemals zuvor besessen hatte, einen Schatz, wertvoller als alle Diamanten der Familie Eustace.
    »Mr. Fox?« Mrs. Oldenshield räusperte sich. »Mr. Fox…« Sie rüttelte ihn an der Schulter.
    »Oh, mir geht es gut«, sagte er wie in einem Reflex. Das Buch war ihm vom Schoß gefallen, sie hatte ihn bei seinem Nickerchen ertappt. Mrs. Oldenshield brachte einen Brief. (Einen Brief für ihn!) Er war von seiner Nichte, obwohl es erst der zehnte desselben Monats war, in dem er schon einen erhalten hatte. Mr. Fox fiel nichts anderes ein, als ihn zu öffnen. Wie gewöhnlich begann er, sein Augenmerk auf das Ende zu richten, um sicherzugehen, daß es keine bösen Überraschungen gab.
    Bis dann, las er. Als er ihn nach vorn hin überflog, fand er eine Erwähnung über zwei Fährverbindungen pro Tag, und war nicht mehr in der Lage, weiterzulesen.
    Woher hatte sie Mrs. Oldenshields aktuelle Adresse? Hatte sie wirklich vorausgeahnt, daß er nach Amerika kommen würde? Er faltete den Brief wieder zusammen und schob ihn in die Tasche. Nein, er konnte nicht weiterlesen.
    Am Abend war die BBC wieder auf Sendung. In der Live-Übertragung, die von den Klippen Dovers gesendet wurde, war das Lichtermeer Manhattans zu sehen. Es schimmerte durch einen Regenvorhang (England hatte sein typisches Wetter offenbar mitgebracht).
    Von beiden Regierungen wurden Tagesvisa ausgegeben, und die Schlangen an den Verteilerstellen war bis zu sechs Häuserblocks lang. Die frühere Ost- und heutige West-Kent-Fähre von Folkestone nach Coney Island war für die nächsten drei Wochen ausgebucht. Es gab auch Verhandlungen über Pendelverkehr zwischen Eastbourne und Brighton.
    Am nächsten Morgen brütete Mr. Fox nach dem Frühstück über seinem Tee und betrachtete eine Fotografie seiner Nichte, die er in seiner Briefschachtel wiederentdeckt hatte, als er ihren jüngsten (und zugleich alarmierendsten) Brief hineingelegt hatte. Darauf war sie eine ernstblickende Neunjährige mit einer gelben Schleife in ihrem hellbraunen Haar. Ihre Mutter, Mr. Fox’ Schwester Clare, hielt einen geöffneten Regenmantel über sie beide. Die Aufnahme war dreißig Jahre alt, aber schon damals war ihr Haar von Grau durchzogen gewesen.
    Die Finnin räumte das Geschirr ab, was Mr. Fox und Anthony zum Anlaß nahmen, aufzubrechen.
    Viele Menschen drängten sich auf der Promenade in der Nähe des West-Piers und sahen zu, wie die erste Fähre von Amerika die schmale Meeresenge zu ihnen herüberdampfte. Ob ›dampfen‹ wohl ein irreführender Ausdruck war? Wahrscheinlich wurde sie von einem höchst modernen Motor angetrieben. Beamte der Einwanderungsbehörde standen untätig mit ihren Checkbrettern in der Gegend herum. Dazwischen schwebten Nebelreste (England hatte wohl nicht nur den Regen mitgebracht).
    Mr. Fox war überrascht, Harrison am Ende des Piers zu sehen. Der Barkeeper trug einen wetterfesten Mantel und hatte eine Papiertüte in der Hand, die fettgetränkt war, als enthielte sie etwas zu essen.
    Mr. Fox hatte Harrison noch nie tagsüber im Freien getroffen; wenn man es genau nahm, hatte er noch niemals seine Beine gesehen. Harrison trug gestreifte Hosen, und noch bevor Mr. Fox ihn ansprechen konnte, zog er sich wie eine Krabbe zurück in die Menschenmenge.
    Es gab einen Ruck, als die Fähre am Pier anlegte. Mr.
    Fox trat just in dem Moment zurück, als die Amerikaner wie eine Invasionsarmee auf dem Kai einfielen. An der Spitze befanden sich Jugendliche, die sich laut und ungeniert unterhielten, als könnte kein anderer ihre Gespräche hören; die Älteren, die fast ebenso ungestüm waren, folgten ihnen dichtauf. Aber sie schienen nicht schlimmer zu sein als die Amerikaner, die schon seit jeher zur Sommerfrische nach Brighton gekommen waren, nur waren sie nicht so elegant gekleidet.
    »Wuff, Wuff!«
    Als Anthony vehement hinter seinem Rücken zu bellen begann, drehte sich Mr. Fox um und sah ein kleines Mädchen, dessen hellbraunes Haar von einer ihm vertrauten gelben Schleife zusammengehalten wurde. »Emily?« rief er, nachdem er seine Nichte vom Bild her wiedererkannt hatte. Oder auf irgendwie andere Weise.
    »Onkel Anthony?« erklang es hinter ihm fragend. Er drehte sich erneut und entdeckte eine Frau in einem verblichenen

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