Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)
Festnahme ausreichte. »Ich nehme zur Kenntnis, dass dieser Glenne eine Verbindung zu allen Opfern hatte. Wenn auch diese Beziehungen ziemlich unpersönlicher Natur waren, ist das natürlich auffallend. Ich nehme zur Kenntnis, dass er sich von dem Ort entfernt hat, an dem die Leiche Anita Elvestrands gefunden wurde. Vielleicht durchaus verständlich, dass er nicht gerade mit heruntergelassener Hose erwischt werden wollte, wenn ich mich so ausdrücken darf.«
Frøen amüsierte sich über seine eigene Formulierung. »Darüber hinaus nehme ich zur Kenntnis, dass er sich bis heute nicht bei uns gemeldet hat, trotz all der Anstrengungen, mit ihm in Kontakt zu treten. Ich nehme ferner zur Kenntnis, dass er seit letztem Sonntag nicht mehr zu Hause aufgetaucht ist. Das ist mehr als auffallend, da gebe ich Ihnen recht, Viken. Aber glauben Sie allen Ernstes, dass das für eine Untersuchungshaft ausreicht? Ich kann Ihnen genau sagen, was das Gericht zunächst prüfen wird. Erstens: Gibt es auch nur den Ansatz eines technischen Beweises, der den Angeklagten mit den Morden in Verbindung bringt? Zweitens: Wo in aller Welt soll das Motiv zu finden sein?«
Viken ließ ihn in Ruhe zu Ende sprechen und vergeudete seine Zeit nicht damit, ihn zu unterbrechen, was den Ermittlungsrichter nur umso mehr angespornt hätte. Als Frøen kurz innehielt, erlaubte er sich sogar die Frage:
»Weitere Einwände?«
Er achtete darauf, eher wohlwollend als ironisch zu klingen, und blickte zu Agnes Finckenhagen hinüber, obwohl er die Frage nicht ihr gestellt hatte. »Ich brauche Sie nicht über die Strafprozessordnung zu belehren«, sagte er zu Frøen, als dieser nichts erwiderte. Und da ein wenig Lob nicht schadete, fügte er hinzu: »Ich bin wirklich froh, mit Ihnen einen echten Profi an meiner Seite zu haben. Jemand, der die Prioritäten nicht aus den Augen verliert. Wenn wir genügend Kräfte einsetzen und Glenne im Laufe des Abends aufspüren, dann haben wir für den Untersuchungshaftbefehl noch einen ganzen Tag Zeit. Das müsste ausreichen, um jeden Millimeter seiner Praxis, der beiden Autos, seiner Villa samt Garage und Nebengebäude sowie seiner Sommerhütte zu untersuchen. Was die technischen Beweise angeht, können Sie darauf wetten, dass wir morgen zur selben Zeit etwas Konkretes in der Hand haben. Wie Sie wissen, liegt die DNA-Analyse der Opfer vor. Das interessanteste Ergebnis liefern die Hautzellen, die wir unter den Fingernägeln von Anita Elvestrand entdeckt haben. Ich habe soeben mit der Pathologie telefoniert. Auch von diesem Material liegt eine vorläufige Analyse vor. Dr. Plåterud hat sie als äußerst interessant bezeichnet.«
»Inwiefern?«, wollte Frøen wissen.
»Es gibt da einen rätselhaften Befund, dem sie noch auf den Grund gehen müssen …«
Viken zog einen Zettel aus seiner Brusttasche und setzte seine Brille auf. »Dr. Plåterud sprach von einer Translokation. Personen mit solchen Genen müssen nicht zwangsläufig durch ein abnormes Verhalten auffallen, aber es ist nicht unwahrscheinlich, dass so etwas im engsten Familienkreis vorkommt. Jedenfalls dürfte es verdammt spannend sein, sich die Moleküle dieses Dr. Glenne mal ein bisschen näher zu betrachten.«
Aus dem Augenwinkel heraus meinte er zu erkennen, dass Agnes Finckenhagen lächelte. »Aber ich bin mir sicher, dass wir gar nicht so lange warten müssen, bis wir handfeste Beweise haben. Ich werde meine Zeit jedenfalls gut nutzen, das können Sie mir glauben. Den werden wir richtig auseinandernehmen, und wenn es die ganze Nacht lang dauert. Sie haben nach dem Motiv gefragt. Wie Sie wissen, halte ich diese Frage für zu eng gestellt, um den Charakter eines solchen Täters zu verstehen.«
Er machte eine kleine Pause, ehe er fortfuhr: »Die gestörte Psyche eines solchen Menschen funktioniert nach anderen Prinzipien.«
»Mit welchem Grund nehmen Sie an, dass Glenne eine gestörte Psyche hat? Er scheint doch in jeder Hinsicht eine stabile und belastbare Persönlichkeit zu sein.«
Viken lehnte sich über den Tisch und berichtete ausführlich über den Zwillingsbruder, den nie jemand zu Gesicht bekommen hatte. Frøen schien das nicht sonderlich zu beeindrucken.
»Jemand, der in den sechziger Jahren in Oslo zur Welt gekommen ist, muss doch registriert sein.«
Viken war vollkommen seiner Meinung.
»Ich habe Nina Jebsen beauftragt, einen Nachweis für seine Existenz zu erbringen, doch offenbar hat sie ihn im Melderegister nicht finden können. Und ganz
Weitere Kostenlose Bücher