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Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bärenkralle: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torkil Damhaug
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Bahnsteig und sah den letzten Wagen im Tunnel verschwinden. Was würde er vermissen, wenn er nicht nach Hause zurückkehrte? Mit einem Glas Kognak auf der Terrasse zu stehen? In den unendlichen hellen Himmel über dem Fjord zu blicken. Oder mit Marlen am Küchentisch zu sitzen, während sie eine ihrer erfundenen Geschichten erzählte, die sich jenseits der Milchstraße abspielten, und ihm die gezeichneten Fabelwesen zeigte, denen sie dort begegnet war? Wie würde es sein, nicht mehr vor Toms Zimmer zu stehen und ihn E-Gitarre spielen zu hören? Er hatte einfach danke gesagt, als er sie ihm geschenkt hatte – genauso wortkarg wie immer –, doch er hatte gespürt, wie glücklich Tom war, und wusste in diesem Moment, dass sie diese Gitarre miteinander verbinden würde.
    Nachdem er schließlich den nächsten Zug genommen und sich ans Fenster gesetzt hatte, erblickte er draußen auf der Straße Polizeiwagen mit Blaulicht. Zwei, drei Fahrzeuge hielten am Bordstein. Das erinnerte ihn an das Ziel seiner Reise. Der Gedanke an das Verhör, das ihm bevorstand, erfüllte ihn mit großem Unbehagen, doch er konnte es nicht länger aufschieben.

    Der Zug hielt mitten im Tunnel. Es gab keine Durchsage. Er blickte sich in dem halbvollen Wagen um. Auf der anderen Seite saß ein Junge in Daniels Alter, der in einer Zeitschrift las und einen Kopfhörer aufhatte. Sein Bein auf dem Sitz zuckte, vermutlich im Takt der Musik. Vielleicht würde sich Daniel am meisten betrogen fühlen, auch wenn er schon von zu Hause ausgezogen war. Daniel hatte ihm stets nachgeeifert. Drei Bänke vor ihm saßen zwei afrikanisch aussehende Mädchen und tippten auf ihren Handys. Hinter ihm saß eine Frau, die einen Hijab trug. Sie starrte aus dem Fenster auf die schwarze Tunnelwand. Bie und die Kinder, könnte er doch nur mit ihnen zusammen sein, ohne sich schämen zu müssen, so wie früher. Diese Zeit schien einem früheren Leben anzugehören. Bevor Brede erneut in seinen Gedanken aufgetaucht war. In all den Jahren hatte er ihn auf Distanz gehalten, ihn in einen dunklen Raum gesperrt und seine Rufe ignoriert. Er hatte eine Art Ruhe gefunden, als er sie schließlich gar nicht mehr hörte. Doch irgendwie war Brede aus seinem Gefängnis ausgebrochen. An dem Tag, an dem die Mutter ihn für Brede gehalten hatte. Der Zug setzte sich wieder in Bewegung. Er wusste, dass es ihm nicht gelingen würde, die Tür zu dem dunklen Raum abermals zu schließen. Er wurde seine Gedanken an jenen Sommer nicht mehr los.
    An der U-Bahn-Station Nationalteateret standen mehrere Polizisten auf dem Bahnsteig. Er zählte vier oder fünf Beamte. Einer von ihnen hatte einen Hund an der Leine. Noch immer begriff er nicht, was ihre Anwesenheit zu bedeuten hatte. Nicht einmal, als einige von ihnen in den Wagen stürmten und befahlen, dass keiner sich vom Fleck bewegen solle. Erst als einer vor ihm stehen blieb und ihn anbrüllte, er solle die Arme nach vorne strecken, begriff er allmählich. Doch für Befehle, die ihm ins Gesicht gebrüllt wurden, war er noch nie empfänglich gewesen, also reagierte er nicht. Im nächsten Moment spürte er einen gewaltigen Ruck in den Schultern, als ihm seine Arme auf den Rücken gedreht wurden und sein Kopf nach vorne schnellte. Stirn und Nase krachten auf den Boden. Ein Knie wurde auf seinen Nacken gepresst, seine Hände in Handschellen gezwängt.
    »Keine Bewegung!«, schrie ihm eine Stimme ins Ohr.
    Er wand sich zur Seite, um atmen zu können, und bekam einen Schlag auf den Kiefer. Ein Stück weit entfernt hörte er eine andere Stimme:
    »Verdächtiger an U-Bahn-Station Nationalteateret festgenommen. Lage ist unter Kontrolle.«
    Eine knisternde Antwort:
    »Identität gesichert?«
    »Führerschein und Kreditkarte, es besteht kein Zweifel.«
    Er wusste nicht, wie lange er dort auf dem Boden gelegen hatte. Fünf Minuten, vielleicht zehn. Die anderen Passagiere hatten den Wagen verlassen. Endlich löste sich der Druck in seinem Nacken.
    »Aufstehen!«
    Er rappelte sich auf. Sein Mund war blutig. Er sah, dass mindestens einer von ihnen eine Pistole im Halfter trug. Bin ich so gefährlich?, schoss es ihm durch den Kopf. Draußen, vor dem Springbrunnen, wartete ein Auto. Sie gingen mit ihm darauf zu. Plötzlich sprang ihm eine Gestalt entgegen. Ein Blitz zuckte durch das Halbdunkel. Zwei weitere Blitze folgten, ehe er in den Wagen gestoßen wurde.

    *

    Während seines Studiums hatte er sich etwas hinzuverdient, indem er an den Wochenenden alkoholisierten

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