Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)
Zeitungsausträger gesprochen, Mehmed Faruq, 53 Jahre alt. Er ist Kurde, seine Papiere scheinen in Ordnung zu sein. Spricht ganz gut Norwegisch. Mehrere Dinge sind ihm an diesem Morgen auf seiner üblichen Route aufgefallen. Drei, vier verschiedene Autos. Ein Paar in der Helgesens gate, das gerade ein Haus betrat. Eine Person, die am Sofienbergpark aus dem Taxi stieg, das ist in unmittelbarer Nähe des Tatorts. Ich habe den Taxifahrer gefragt, er hat den Zeitpunkt bestätigt. Zirka eine Stunde zuvor war er schon mal an derselben Stelle vorbeigefahren und hat einen Fahrradfahrer mit Kinderanhänger bemerkt. All diesen Hinweisen werden wir noch nachgehen, doch was das Wichtigste ist: Der Zeitungsausträger begegnete einem Mann, als er das Haus betrat, in dem die Tote gewohnt hat.«
»Nicht schlecht, Nina. Konnte er ihn beschreiben?«
»Dreißig bis vierzig Jahre alt, groß, kräftig, dunkel gekleidet, Mantel oder lange Jacke, mittellange dunkle Haare. Er sah ihn ungefähr um zehn nach fünf. Im Eingangsbereich des Treppenhauses brannte ein Licht. Der Zeitungsausträger betont, dass er den Mann genau erkennen konnte.«
»Der Zeitpunkt stimmt mit der Aussage von Miriam Gaizauskas überein, die zirka um fünf jemand unten an der Haustür gehört haben will. Überprüf noch mal, ob der Zeitungsausträger ein Alibi für die anderen fraglichen Zeitpunkte hat.«
»Angeblich war er gerade von einer zweiwöchigen Reise nach Deutschland zurückgekehrt, wo er Familie hat. Die Passkontrolle am Flughafen hat das schon bestätigt.«
»Ausgezeichnet.«
»Manchen ist vielleicht aufgefallen«, fuhr Nina fort, »dass eine gewisse Übereinstimmung in den Zeugenaussagen besteht, was Hilde Paulsen und diesen Fall betrifft.«
»Der Fahrradanhänger«, sagte Norbakk.
Nina blinzelte ihn an.
»Stimmt genau. Mir ist das erst nach einiger Zeit aufgefallen. Wir gehen ja davon aus, dass Hilde Paulsen irgendwie zum Fundort transportiert wurde. Ein Auto auf einem Waldweg hätte zu viel Aufmerksamkeit erregt. Ein Fahrradanhänger hingegen …«
Viken registrierte, dass sie nicht das Geringste dagegen zu haben schien, dass Norbakk sie mit seinem Hundeblick fortwährend anstarrte.
»Eigentlich passen da doch nur kleine Kinder rein«, gab er zu bedenken.
»In den größten Anhängern können zwei ältere Kinder nebeneinandersitzen«, erklärte Nina. »Vergessen wir nicht, dass ein Fahrrad mit einem solchen Anhänger um Viertel vor vier am Morgen in unmittelbarer Nähe des Fundorts gesehen wurde. Wer fährt um diese Zeit schon seine Kinder spazieren?«
Sigge Helgarsson erwachte zum Leben.
»Es hängen ja nicht alle den Anhänger ab, wenn sie mit ihrem Fahrrad unterwegs sind. Also meinen lasse ich immer dran, auch wenn ich die Kinder nicht dabeihabe.«
Nina bekam Unterstützung von Norbakk.
»Hilde Paulsen war 1,57 groß und sehr schmal gebaut. Man hat sie mit zusammengekrümmten Beinen gefunden. Und Anita Elvestrand waren die Beine abgetrennt worden.«
»Mein Anhänger steht unten in der Garage«, sagte Sigge. »Das mit dem Platz könnten wir gerne ausprobieren.«
Nina grinste.
»Ich hab ihn vorhin gesehen und schon mal Probe gesessen. Also eine zierliche Frau hat zweifellos genug Platz darin.«
Viken lag ein launiger Kommentar auf der Zunge, er er widerstand jedoch im letzten Moment der Versuchung, ihn mit der gesamten Runde zu teilen.
»Du hast deine Zeit nicht vergeudet, Nina«, sagte er stattdessen und hätte ihr fast über den Kopf gestreichelt. »Die Beschreibung des Mannes, dem der Zeitungsausträger begegnet ist, geht an alle Medien, wenn er sich nicht in …«, er schaute auf die Uhr, »in genau fünf Stunden bei uns gemeldet hat.«
43
A xel hörte ein Klingeln, doch es war nicht sein eigenes Telefon. Er tastete im Zimmer umher. Das Klingeln wurde lauter, doch er wusste nicht, woher es kam. Mit einem Mal war er hellwach und schaute sich in dem fremden Raum um. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er realisierte, dass er sich in Ritas Wohnung in Tåsen befand. Ein paar weitere Sekunden, bevor die Ereignisse der letzten Stunden über ihn hereinbrachen. Er setzte sich im Ledersofa auf. Die Uhr an der Wand zeigte Viertel vor zwei.
Er fror an den Füßen. Seine Strümpfe hatte er im Sofienbergpark in einen Mülleimer geworfen. Er schaltete sein Handy ein. Eine lange Liste nicht beantworteter Anrufe. Vier von Bie, drei von Miriam. Er wählte ihre Nummer.
»Wo bist du, Axel? Warum gehst du nicht ans Telefon?«
»Ich musste ein
Weitere Kostenlose Bücher