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Die Ballade der Lila K

Die Ballade der Lila K

Titel: Die Ballade der Lila K Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blandine Le Callet
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Menschen, denen dein Wohlergehen wirklich am Herzen liegt?«
    »Wie wäre es mit einem Kompromiss?«, warfen Sie ein. »Lila könnte ihre Arbeit doch wiederaufnehmen und gleichzeitig eine Therapie machen, wenn die Ärzte das für ratsam halten.«
    Fernand bedachte Sie mit einem eisigen Blick.
    »Sie sind wohl der Letzte, der hierzu eine Meinung äußern sollte.«
    »Was fällt Ihnen ein, Fernand?«, rief ich verstört.
    »Ganz ruhig, Lila«, sagten Sie und legten mir begütigend die Hand auf den Arm.
    Ich zuckte nur ganz leicht. Fernand wurde bleich. Er konnte das nicht ertragen, Ihre Hand auf meinem Arm, und fing an zu brüllen:
    »Sie haben Lila doch zu diesem Wahnsinn angestiftet, nicht wahr? Natürlich, dahinter stecken Sie!«
    »Fernand! Ich bitte Sie, hören Sie damit auf!«
    Aber er geiferte weiter:
    »Ein Gefängnis am anderen Ende der Zone! Niemals hätte Lila eine solche Reise unternommen, wenn man sie nicht dazu getrieben hätte. Lila, die vor Krach und Menschenmassen solche Angst hat. Sie haben sie dazu getrieben! Sie waren das!«
    Blass, zitternd und hasserfüllt forderte er Sie heraus. Eine Weile sahen Sie ihn stumm an, dann antworteten Sie kühl:
    »Wenn mich nicht alles täuscht, wollte Lila schon seit geraumer Zeit ihre Mutter wiederfinden. Mit ›Wahnsinn‹ hat das meines Erachtens nichts zu tun.«
    »Ihre Mutter ! Aber diese Frau war nicht ihre Mutter. Man hat ihr die Elternrechte entzogen. Entzogen, verstehen Sie?«
    »Das scheint Lila aber anders zu sehen.«
    »Soll ich Ihnen mal erzählen, was diese Mutter getan hat?«, brüllte Fernand von neuem los.
    »Seien Sie still, Fernand! Bitte seien Sie still!«
    Er hörte nicht auf mich.
    »Soll ich Ihnen mal zeigen, was diese Mutter getan hat?«
    Ich begann wieder zu schluchzen und hielt mir die Ohren zu. Doch auch wenn ich die Hände mit aller Kraft dagegenpresste, ich hörte ihn trotzdem.
    »Sehen Sie das?«, fragte Fernand und deutete auf mein linkes Schlüsselbein. »Sehen Sie’s? Es war gebrochen, wurde nie behandelt und ist falsch wieder zusammengewachsen. Wie das passiert ist, konnte nicht geklärt werden – Lilas Mutter war beim Prozess nicht gerade auskunftsfreudig. Sie hatte auch keine Erklärung für die früheren Brüche – fünf an den Rippen und drei an den Fingergliedern der rechten Hand ihrer kleinen Tochter –, die man anhand von Röntgenaufnahmen nachgewiesen hat! Na, was sagen Sie jetzt?«
    Sie haben mich voller Bestürzung angesehen. Ich wandte mich ab, unaufhörlich weiterschluchzend.
    »Und ihre Hände! Sehen Sie sich einmal ihre Hände an. Durch die Vernarbung der Brandwunden klebten ihre Finger aneinander. Als Lila ins Zentralheim kam, mussten die Chirurgen zum Skalpell greifen, um sie zu trennen. Und das nennen Sie eine Mutter?«
    Sie blieben stumm. Durch den Schleier meiner Tränen sah ich Ihren entsetzten Gesichtsausdruck, und das machte alles nur noch schlimmer. Fernand hörte auf zu brüllen. Er wirkte erschöpft, wie erschlagen von seiner eigenen Aggressivität. Nach langer Stille haben Sie ihm geantwortet:
    »Ich weiß nicht, ob man dazu Mutter sagen kann. Aber Lila scheint dieser Ansicht zu sein, und das verdient Beachtung, so abwegig Ihnen das vorkommen mag.«
    Ihre Worte ergossen sich wie Eiswasser über Fernands Zorn.
    »Sie geben mir die Schuld an Lilas Reise, die sie Ihnen zufolge niemals aus eigenem Antrieb gewagt hätte. Dazu habe ich nur eines anzumerken: Wenn Sie Lila das nicht zugetraut haben, dann kennen Sie sie vielleicht nicht so gut, wie Sie glauben.«
    Anschließend haben Sie sich zu mir gedreht.
    »Geben Sie gut auf sich acht.«
    Sie haben mir die Hand auf den Arm gelegt, zum zweiten Mal.
    »Ich komme bald wieder.«
    Danach sind Sie gegangen, ohne Fernand noch eines Worts oder Blicks zu würdigen.
    Ich habe ihm sogleich den Rücken gekehrt und mich unter die Decke verkrochen. Mit ihm allein zu bleiben war für mich eine unerträgliche Zumutung. Komm schon, Lila, sei doch nicht so kindisch! Ich rührte mich nicht. Sprich mit mir, bitte, sprich mit mir. Da konnte er lange warten. Ich war dazu ohnehin nicht in der Lage. Ich fühlte mich wie nach einer Katastrophe, wenn alles verwüstet ist und nur noch die Stille existiert. Das Einzige, was ich wollte, war, ihn gehen zu sehen. Aber von wegen, er ließ einfach nicht von mir ab: Ich flehe dich an, sprich mit mir. Sag doch was. Ich dachte schon, es würde für immer so weitergehen.
    Um 20 Uhr ist die Krankenschwester vorbeigekommen, um das Ende der

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