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Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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er hinter einem Busch fand. Heckmann entdeckte den Meersener Anführer. Er warf den Säbel weg und stürzte sich mit einem Schrei auf ihn. Eine wüste Schlägerei begann. Der Wald hallte wider von den Schreien und Flüchen.
    Mathias stand hinter einem Baum und beobachtete den Kampf zwischen Heckmann und Bosbeck. Dem Räuber mit den goldenen Ohrringen fiel etwas Glitzerndes aus der Tasche. Die Kämpfenden rollten zur Seite. Mathias schlich zu der Stelle und fand nach kurzem Suchen die goldene Taschenuhr des Pfarrers. Er steckte sie schnell ein.
    Endlich hatte Heckmann seinen Gegner im Würgegriff. Bosbeck gab auf »Lass los! Ich teile.«
    Sofort hörten die Kämpfe auf. Im Schein einer großen Kerze leerte Bosbeck seine Taschen. Er und die drei Unterführer erhielten jeder zehn goldene Karoliner, jeder der Gefährten bekam fünf Golddukaten. Müde und zerschlagen wanderten die Räuber zusammen nach Düsseldorf.
    Der Überfall sprach sich schnell herum. In den letzten Jahren war keine Räuberbande auf so entschlossene Gegenwehr gestoßen. Pithahns mutiger Widerstand wurde in Stadtverkündungen und Zeitschriften als beispielhaft gepriesen. Der Pfarrer konnte sogar einige Räuber genau beschreiben.
    Ein großes Aufgebot an Militärstreifen wurde in das Gebiet von Mülheim und Düsseldorf entsandt. Alle verdächtigen Bordelle und Gasthäuser wurden durchsucht. Paffrath machte seinen Gästen klar, dass er sie für die nächste Zeit nicht mehr beherbergen könne.
    Mathias kehrte als Erster in die Neußer Furt zurück. Bosbeck, Overtüsch, Heckmann und die anderen kamen vier Tage später nach. Der Streit vom Krummenweg war wieder begraben.
    Die Räuber suchten nach einer Gelegenheit für einen lohnenden Beutezug. Die wenigen Goldstücke, die sie in Mülheim erwischt hatten, waren von den meisten schon vertrunken, verhurt oder verspielt worden.
    Mathias schlug den versammelten Anführern vor, das Burghaus der Gräfin von Efferen-Neersdonk in der Nähe von Vorst zu überfallen. Er zeichnete einen genauen Lageplan der Gebäude und schilderte den Offizieren den Reichtum der alten Gräfin. Er machte diesen Vorschlag nicht gern, denn eigentlich war es ihm bei der Gräfin gut gegangen, und er hatte sich auf der Burg zum ersten Mal für kurze Zeit zu Hause gefühlt. Doch jetzt wollte er Bosbeck beweisen, mit welcher Genauigkeit er einen Überfall planen konnte.
    Alle Offiziere, auch Bosbeck, wählten Mathias zum Hauptmann für diesen Raubzug. Doch Mathias verzichtete und überließ dem Meersener die Führung. Bosbeck sah ihn prüfend an. Mathias grinste verlegen. Da glaubte Bosbeck, der Kleine hätte eingesehen, dass er der Bessere sei, und nahm das Brecheisen.
    Trotz der guten Vorbereitung misslang dieser Überfall. Als die Räuber mit einem Sturmbalken die Tür des Burghauses einrennen wollten, wurden sie von dem Hausgeistlichen beschossen. Einer wurde schwer verwundet, und sie mussten sich ohne Beute wieder zurückziehen.
    Kaum war die Bande am nächsten Tag in der Neußer Furt eingetroffen, als die Meersener Räuber auszogen. Sie waren wütend über die Misserfolge der letzten Unternehmungen und gaben den Neußern die Schuld. Heckmann und Overtüsch wiederum hatten die Meersener für die Misserfolge in Mülheim und bei der Gräfin verantwortlich gemacht. Die Bande löste sich fast vollständig auf Heckmann und Overtüsch gingen in den Kölner Raum, sie wollten allein ihr Glück versuchen.
    Mathias blieb mit ein paar Männern in der Gegend. Nur wollte er den ›Schwan‹ für einige Tage verlassen, um einer möglichen Razzia auszuweichen. Er beschloss, zum Gries nach Büttgen zu ziehen.
    Als er sich von Ursula und seiner Frau verabschieden wollte, schrie Gertrud ihn an. Sie hatte es satt, immer allein im ›Schwan‹ zurückzubleiben und nur das Kindermädchen für seine Tochter zu sein. Sie fühlte sich vernachlässigt und hätte Mathias gerne öfter bei sich gehabt. Mathias ballte die Faust und befahl ihr zu schweigen.
    Auf der linken Seite des Rheins wurde die französische Verwaltung neu eingestellt und die vielen Stadthoheiten wurden aufgehoben. Das ganze Rheingebiet wurde in vier große Departements zusammengefasst. Es war jetzt für die Räuber nicht mehr ganz einfach, nach einem Überfall in ein anderes Verwaltungsgebiet zu flüchten und so den Verfolgern zu entkommen. Doch dies erschreckte sie nicht, sie fühlten sich mächtiger als die französischen Soldaten und die deutschen Ordnungshüter. Ein anderer neuer Erlass

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