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Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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sich hinunter.
    Im Flur stand keine Wache. Pithahn sah die aufgebrochene Hoftür und floh mit seiner Frau ins Freie, auch hier war kein Bandit. Er schickte seine Frau über den Hof »Flieh und hol Hilfe! Ich lenke sie ab!« Pithahn rannte zur Gartentür und riss den Riegel zurück. Der Bandit, der den Nachtwächter bewachte, sprang ihn von hinten an. Pithahn schüttelte den Kerl von seinen Schultern. Er knurrte wie ein großer Hund, als er den Mann an der Kehle packte, ihn hochriss und immer wieder gegen den eisernen Zaun schlug. Der Räuber schrie in Todesangst. Die anderen kamen ihm zu Hilfe. Einer schlug dem Pfarrer den Pistolenknauf auf den Hinterkopf, doch Pithahn ließ sein Opfer nicht los. Da wurde ihm ein Gewehrkolben an die linke Kopfseite geschlagen. Bewusstlos stürzte der Pfarrer zu Boden und begrub den Mann unter sich.
    Als er wieder zu sich kam, war er an Händen und Füßen gefesselt. Fünf Pistolen waren auf ihn gerichtet, und zwei Banditen bedrohten ihn mit dem Säbel. »Jetzt schlitzen wir dich!«, schrie einer der Männer. »In Gottes Namen.« – »Oder du rückst das Gold raus!« Der Räuber in der französischen Uniform stieß ihn mit der Säbelspitze. Pithahn dachte an seine Schwester und die Mädchen. Vielleicht konnte er sie retten, wenn er den Banditen alles gab, was sie wollten. »Ich zeig euch das Versteck!«
    Sie rissen ihn hoch. Einer mit schwarzem Bart griff ihn an den Haaren und am Kragen seines Nachtgewandes und schleifte ihn die Treppe hinauf ins Schlafzimmer. »Wo ist das Geld?«, fragte ihn der Uniformierte mit den Ringen an den Ohren. Pithahn röchelte, so sehr schnürte ihm der Schwarzbärtige die Kehle ab. Er deutete auf einen Schlüsselbund an der Wand, dann zeigte er auf eine Kommode. Die Räuber öffneten die Schubladen. Der Anführer befahl, das Silbergeld in einen Bettbezug zu schütten, die Goldstücke nahm er sich selbst. »Wenn ich einen erwische, der etwas in seine eigene Tasche steckt, bring ich ihn um!«
    Bald waren die Schubladen geleert. »Hast du noch mehr?« Pithahn nickte und zeigte auf eine Kiste unter seinem Bett. Vom Würgegriff war sein Gesicht schon blau angelaufen, und die Augen quollen aus den Höhlen.
    Beutel um Beutel warfen die Räuber in den Kissenbezug. Der Anführer fragte den Pfarrer nach dem Kirchensilber. »Unten in der Wohnstube. Im Wandschrank«, röchelte Pithahn. Sie schleppten ihn nach unten, doch der Pfarrer erinnerte sich nicht mehr, wo der Schlüssel war. Brutal stieß der Schwarzbärtige ihm das Knie in den Rücken und hieb ihm die Faust auf das linke Ohr. Stöhnend brach der Pfarrer zusammen. Er fragte den Uniformierten mühsam auf Französisch, ob seine Männer ihn so behandeln dürften.
    Der Mann mit den Ohrringen reckte sich: »Non!« Damit ging er zu dem Schwarzbärtigen und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. »Das wirst du büßen!« Wütend wischte sich der Geschlagene das Blut von den Lippen, schlug aber nicht zurück.
    Pithahn hatte Angst, dass die Banditen den Schlüssel nicht finden und ihn dann wieder prügeln würden. »Nehmt doch das Brecheisen und öffnet den Schrank!«
    So ging es. Die silbernen Kelche und Teller warfen sie in den Bezug zu den Geldbeuteln. Der Anführer beugte sich zu dem Geprügelten: »Und jetzt noch deine Uhren, Pfaffe!«
    Pithahn sagte ihm, wo er sie aufbewahrte. Die Banditen stöberten noch in den unteren Räumen, als plötzlich von draußen der Ruf gellte: »Achtung! Reiter! Raus! Wir müssen weg!« Hüskeshannes, der für den Nachtwächter durch die Mülheimei Straßen gegangen war, hatte Reiter entdeckt.
    Die Männer stürzten in den Hof. Pithahn hörte den Anführer brüllen: »Camerades des autres bataillons! Formez vorn, rangez vous! En avant! Marche!«
    Mühsam richtete der Pfarrer sich auf und stolperte die Treppe hinauf. Angstvoll rief er nach seiner Schwester. Ihr war nichts geschehen.
    Dann wollte er seine Frau suchen gehen, doch sie kam ihm schon auf der Treppe entgegen. Sie klammerte sich an ihn und schluchzte.
    Nun läutete auch die Sturmglocke in Mülheim, von überall her tönten Rufe und Lärm herüber. Pithahn drückte seine Frau an sich. Er versuchte mit seinem blutverschmierten Gesicht zu lächeln. Stimmen riefen im Hof. Pithahn erschrak. Er riss seine Frau zur Leiter und stieg schnell mit ihr auf den Speicher. Aber die Furcht war unbegründet. Die Männer aus Mülheim, angeführt von dem Bruder des Pfarrers, Wilhelm Pithahn, kamen ins Haus. Alle waren mit Mistgabeln, Flinten

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