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Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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stecken, die Tür bewegte sich nicht.
    Mathias drängte sich vor und nahm die Winde. Er setzte die Stützen rechts und links an den Steinrahmen. »Haltet sie so!« Dann drückte er den Haken durch einen Spalt zwischen den mittleren Türbohlen. Bosbeck stand neben ihm. »Ja, so geht es!«
    Mathias drehte an der Winde. Krachend brach das Mittelstück aus der Tür. Er zwängte sich durch das schmale Loch. ›Das kann der Bosbeck nicht, das kann nur ich‹, dachte er. Innen hob er drei schwere Eisenstangen aus ihren Halterungen. Die Streben waren als Riegel vorgeschoben worden. Sie hatten den Stößen des Sturmbalkens standgehalten. Mathias öffnete die Tür.
    Bosbeck stürzte voraus in die unteren Zimmer. Zwei zitternde Mägde klammerten sich aneinander. Der Anführer befahl, sie mit einem in Streifen gerissenen Unterrock zu knebeln und zu fesseln. Kaum waren der Jüngeren die Hände auf den Rücken gebunden, riss er ihr das Hemd vom Leib und kniff sie in die Brüste. Er lachte und stieß sie auf den Boden.
    Bosbeck stellte eine Wache vor die Stube und eine in den Flur. Dann befahl er, die unteren Räume zu durchsuchen. Die Räuber suchten flüchtig und fanden nur zwei silberne Leuchter. Sie nahmen ihre Laternen und stürmten die Treppe nach oben. Die Stufen endeten an einer Falltür. Overtüsch versuchte, sie aufzustemmen, aber er schaffte es nicht. Einige rannten in den Hof und suchten dort nach einer Leiter.
    So schnell er konnte, lud der Pfarrer immer wieder nach und schoss auf die Gestalten im Hof Schließlich hatte er kein Pulver mehr und schrie vom Fenster aus um Hilfe. Die Frau des Pfarrers hielt verkrampft ein Kissen in ihren Händen und schluchzte. »Auch ohne Pulver werde ich uns verteidigen, Maria!« Er schob eine Truhe vor die Doppeltür, die zum Flur hinausführte.
    Er hörte die Räuber gegen die Falltür schlagen. Holz splitterte. Im Nebenzimmer schrien seine Schwester und das Hausmädchen. Er schlug mit den Fäusten an die Wand. »Hört ihr mich? Klettert auf den Speicher und zieht die Leiter nach oben!« Pithahn wagte nicht, das Schlafzimmer zu verlassen, da die Doppeltür direkt zur Treppe führte. Seine Schwester und das Mädchen konnten von ihrem Zimmer aus durch eine kleine Falltür mit einer Leiter auf den Speicher klettern.
    Jetzt hörte der Pfarrer, wie die Falltür an der Treppe aufgebrochen wurde und die Banditen nach oben stürmten. Sie donnerten mit Eisenstangen an die Außentür des Schlafzimmers. Pithahn stand mit seiner Frau am geöffneten Fenster. Abwechselnd riefen sie um Hilfe. Aber niemand kam.
    Die äußere Tür splitterte. »Komm, Maria!« Die beiden flüchteten in das angrenzende Hinterzimmer. Von hier aus führte eine zweite Stiege hinunter in den Hausflur. Pithahn vermutete, dass unten einer der Räuber als Wache stünde. Deshalb verriegelte er beide Türen des Zimmers. Im selben Moment drangen die Räuber mit lautem Geschrei ins Schlafzimmer.
    »Pithahn, lass uns beten!« Die Pfarrfrau schluchzte. Ihr Mann verstand in der Aufregung, sie hätte ihn aufgefordert, mit den Verbrechern zu verhandeln. Er schrie durch die verschlossene Tür: »Que voulez-vous donc; dites-le-moi!«
    »Wenn ich dich hab, schneide ich dir den Kopf ab!«, drohte es von der anderen Seite auf Deutsch. Pithahn wurde klar, dass er es mit deutschen Räubern zu tun hatte. »Bevor ich sterbe, werde ich erst ein paar von euch in die Hölle schicken!« Er zeigte auf die Stiegentür und flüsterte seiner Frau zu: »Schleich dich raus und versteck dich auf dem Treppenabsatz! Ich halte sie hier auf.« Maria wollte nicht ohne ihn gehen. »Geh!«, fuhr er sie an. »Ich komm nach.«
    Dann gelang es den Räubern, die dünne Verbindungstür aufzubrechen. Pithahn stand mit dem Rücken vor der Tür zur Stiege. Er hielt die große Büchse auf die Eindringlinge gerichtet. Die Räuber stutzten. Ein Bandit in französischer Uniform teilte seine Kumpane in zwei Gruppen. Er selbst blieb mit einem schmächtigen, kleinen Mann vor der zersplitterten Schlafzimmertür stehen. Die Räuber drückten sich an beide Wände. Jetzt schrie der Uniformierte: »Avancez! Avancez!«
    Beide Gruppen gingen langsam auf den Pfarrer zu. »Schieß doch! Schieß, du Pfaffe!«, forderten die Männer höhnisch.
    Pithahn durchschaute den Plan der Verbrecher. Mit einem wilden Schrei schleuderte er die Büchse nach dem Anführer, drehte sich um, stürzte durch die Stiegentür und schlug sie hinter sich zu. Auf halber Treppe kauerte seine Frau, er riss sie mit

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