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Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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Monaten konnten die Gendarmen und die Polizei die Verbrecher von einem Departement in das andere verfolgen und mussten von den dortigen Beamten bei der Suche unterstützt werden. Außerdem war ein Abkommen über Gefangenenauslieferung zwischen den französischen und den Behörden der deutschen Staaten in Kraft getreten. Deshalb sollten die Kumpane, die erst nach Dillenburg gebracht worden waren, nach Wesel überführt werden. Denn fast alle besaßen echte oder gefälschte Papiere, die von der linken, der französischen Rheinseite stammten.
    Wahrscheinlich verrät mich einer aus der Bande‹. Mathias wusste, dass spätestens nach ein paar Tagen deutsche und französische Soldaten in Neuwied nach ihm suchen würden. Dann nützte ihm auch das Stadtgesetz des Fürsten nichts. Mathias beschloss, schon in dieser Nacht zu verschwinden.
    Er ging zu Christine. Sie machte Späße mit ihm, aber sie lachte ihn nicht mehr aus. Mathias wusste, dass sie sein Geld wollte. Aber er liebte ihre Frechheit, mit der sie ihm die Taler abschwatzte. So zärtlich und verspielt hatte noch keine Frau mit ihm geschlafen. Doch wenn Mathias von Gertrud erzählte, oder wenn er eins der anderen Mädchen im Bordell zu einem Becher Wein einlud, dann schrie sie und beschimpfte ihn. Mathias liebte ihre leidenschaftliche Eifersucht.
    Er fragte sie, ob sie mit ihm in die Neußer Furt gehen wolle. »Ich werde gut bezahlen«, drängte er. »Es ist ja nur für ein paar Wochen«.
    »Und deine Frau?«
    Mathias machte eine abfällige Handbewegung. »Die bleibt hier.«
    Christine war einverstanden. Er versprach, sie zwei Stunden vor Mitternacht abzuholen.
    Mathias packte seine Ausrüstung: Messer, Pistole und ein Gewehr, Pulver, Horn, Kugelzange, Bleipfanne, Chlamony und einige Nägel. Nur von seiner Tochter und von Belz verabschiedete er sich, dann verließ er die Herberge.
    Die beiden wohnten im ›Schwan‹. Mathias ließ den Gefährten, die in dieser Gegend zurückgeblieben waren, durch einen Boten ausrichten, dass er wieder da sei. Bereits drei Tage später überfiel er mit drei Männern einen großen Bauernhof. In Neuß verkaufte er die Beute dem Bären Drikes am Marktplatz.
    Kurz bevor Mathias in die Neußer Furt auswich, war Johann Müller, ein Räuberhauptmann aus dem Elsass, von einem französischen Gericht zu sechzehn Jahren Galeerenarbeit verurteilt worden, nachdem seine Elsässer Bande zerschlagen und er selbst gefangen worden war. Doch bevor man ihn auf das Schiff bringen konnte, war es ihm mit Hilfe des Chlamony gelungen zu fliehen.
    Weil das Straßburger Gericht eine Beschreibung von Müller und Hilde, seiner Frau, veröffentlicht hatte, wurde sie in Mainz auf dem Marktplatz von französischen Gendarmen erkannt und verhaftet.
    Johann Müller wollte nichts riskieren und verließ Mainz, ohne Hilde zu befreien. Er wusste, dass man ihn leicht nach einer Beschreibung erkennen würde. Seine wilden schwarzen Augen, die schwarzen Haare und der schwarze Bart, die harten Falten um seine Mundwinkel hatten schon manchem Wirt solche Angst eingeflößt, dass er es nicht zweimal wagte, ihm die Rechnung zu präsentieren.
    Wenn er in einem abgelegenen Gasthaus eintraf, lachte Johann Müller viel, rückte an dem silbernen Kamm, der den hochgesteckten Haarzopf hielt, und sprach freundlich mit den Gästen. Doch kurz bevor er abreisen wollte, änderte er sein Verhalten, um entweder gar nicht oder wenn, dann nur wenig bezahlen zu müssen. Mit seiner rechten, behandschuhten Faust schlug er auf den Tisch und brüllte durch den Gastraum. Seitdem man ihm bei einem Kampf das erste Glied des Ringfingers abgehackt hatte, trug er rechts immer einen schwarzen Handschuh. Um den Wirt ganz zu verängstigen, strich Johann Müller langsam mit der linken Hand über den Griff seines großen Jagdmessers. Jeder konnte die rote Schussnarbe sehen, die quer über den Handrücken lief. So schlug er sich billig über Wiesbaden, Limburg und Altenkirchen bis nach Köln durch. Er glaubte nicht, dass sein Steckbrief bis nach Köln gelangt war.
    Im ›Gasthaus zur Sonne‹, in der Nähe von Groß-St.-Martin hörte Johann Müller am Nachbartisch zwei Männer leise von einem Überfall auf eine Porzellanfabrik sprechen. Er lud die beiden zu einer Flasche Branntwein ein und sprach sie darauf an, er wollte mitmachen. Seine Ratschläge überzeugten die beiden so, dass sie ihm die Führung des Einbruchs überließen. In der folgenden Nacht öffnete der Räuber aus dem Elsass mit einem Nagel das Tor zur

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