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Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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Rammbaum!«
    Einige suchten im Schuppen des Posthauses. Sie fanden einen geschälten Fichtenstamm. Zu viert trugen sie ihn nach draußen. Mathias gab jedem der Männer, die auf die Hunde angesetzt waren, eine Fackel. »Bevor es losgeht, schlägt der Zülcher Wilhelm Feuer und zündet sie euch an. Stoßt die Fackeln den Hunden in die Schnauzen, wenn ihr sie mit der Kugel nicht erwischt habt. Dann stecht sie mit dem Messer ab.«
    Die Männer nahmen stumm die Fackeln. Mathias sah in ihre angespannten Gesichter: »Die Hunde beißen nicht«, sagte er lachend.
    Johann rief halblaut: »Los jetzt!« Die Banditen schlichen gebückt neben dem Fahrweg. Zwanzig Schritte vor dem Wirtshaus hielten sie an. Der Postwagen stand vor dem Fenster der Herberge. Eine helle Öllampe hing draußen, sie beleuchtete die leeren Sitzbänke und die große dunkle Kiste. Im Schankraum saßen zwei der Wachsoldaten direkt hinter den Scheiben. Sie unterhielten sich, ab und zu blickten sie zu dem Wagen, dann sahen sie sich wieder an, sprachen und lachten. Die Hunde liefen in der Reichweite ihrer Leinen hin und her. Einige schnieften unruhig.
    Johann kroch zu jedem der Gefährten und raunte: »Auf mein Zeichen läufst du auf deinen Platz!«
    Der Zülcher Wilhelm schlug den Fettstein und blies die Funken in die Zündwolle. Endlich entstand eine kleine Flamme. Züngelnd nahmen die Fackeln das Feuer auf Die Männer hielten sie noch nach unten. Fünf Kumpane umklammerten den Sturmbalken. Die Offiziere hatten jeder zwei gespannte Pistolen in den Händen und ein Gewehr auf dem Rücken. Die drei Gruppen waren einsatzbereit.
    Der Straßburger stellte sich neben den Rammbaum. Er trug in der behandschuhten Faust das Brecheisen, in der linken Hand eine Pistole, und mit den Zähnen hielt er die Klinge eines langen Messers. Er hob das Eisen und senkte es, dabei stieß er ein lautes Krächzen aus.
    Die Banditen stürmten los. Sofort schlugen die Hunde an. Der Sturmtrupp rannte am Wagen vorbei, und der Balken zersplitterte beim ersten Aufprall die Tür des Gasthauses. Johann sprang in den Schankraum. Mit einem Rundschlag schmetterte er den beiden Soldaten, die wie erstarrt am Fenster saßen, das Brecheisen auf die Köpfe. Der eine sank lautlos über den Tisch, der andere stürzte rückwärts mit dem Schemel zu Boden. Beiden schoss das Blut aus den Wunden. Die nachstürmenden Gefährten schlugen auf die Gäste und Fuhrleute ein. Nur der Wirt versuchte, sich zu wehren. Er wurde von zwei Pistolenknäufen ins Gesicht getroffen und brach zusammen.
    Die Offiziere verteilten sich. Draußen rannte der Zülcher Wilhelm um das Wirtshaus herum und stellte sich vor die Hintertür, bereit, auf jeden zu schießen, der fliehen wollte. Mathias und Schiemann Engländer blieben auf dem Fahrweg stehen und beobachteten angespannt die Fenster und die Tür. Dann wieder sahen sie zu dem nahen Langenfeld hinüber und horchten, ob dort die Sturmglocke geläutet würde.
    Jeder der vier Männer, die die Hunde töten sollten, hielt eine lodernde Fackel in der linken und eine doppelläufige Pistole in der rechten Hand. Sie gingen langsam auf den Wagen zu. Die acht Hunde bellten und keuchten heiser. Sie standen auf den Hinterläufen und stemmten sich gegen ihre Halsriemen. Die Räuber näherten sich bis auf zwei Schritte. Sie hielten die Fackeln wie brennende Schwerter auf die Köpfe der Tiere gerichtet, hoben die Pistolen. Vier Schüsse krachten. In das heisere Gebell mischte sich jetzt das Jaulen der verendenden Hunde.
    Der Straßburger hatte das Brecheisen neben die bewusstlosen Wachsoldaten geworfen. Er hielt jetzt das lange Messer in der rechten Hand. »Drei Männer fesseln die Leute! Die anderen mit mir nach oben!«
    Sie stürmten die Stiege hinauf und traten die Türen ein. Alle Zimmer waren leer bis auf eins. Hier fanden sie eine hochschwangere Frau und drei Kinder, die sich an die Mutter klammerten. Die Frau schrie, und die Kleinen übertönten sie noch. Johann gab der Schwangeren einen heftigen Schlag ins Gesicht. Sie stolperte und stürzte rücklings aufs Bett. Die Kinder krochen schreiend zu ihr. »Haltet’s Maul!«, donnerte der Straßburger. Die Mutter schwieg entsetzt und versuchte, die Kleinen zu beruhigen. Es dauerte zu lange. Der Anführer befahl: »Knebelt die Bälger!« Jedem Kind wurde ein Kissen vor das Gesicht gebunden. Die Mutter jammerte: »Sie werden ersticken!«
    »Du kannst sie ja retten, aber erst, wenn wir draußen sind. Hör ich noch einen Laut, dann knall ich sie

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