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Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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alle drei ab.«
    Mathias hatte das Gewehr von der Schulter genommen. Er zielte sorgfältig und schoss die Öllampe über dem Wagen aus. Die vier Männer erschraken, als über ihnen die Lampe zersplitterte. Aber dann schlugen sie mit den Fackeln nach den Hunden, wieder krachten vier Schüsse. Alle hatten getroffen. Als auch der letzte Hund zuckend am Boden lag, warfen sie ihre Fackeln auf die Erde und stachen blindwütig mit den Messern auf die Kadaver ein.
    Jetzt knallte im Haus ein Schuss, und das Licht erlosch im Schankraum. Es war für einen Moment totenstill. Nur die Fackeln brannten knisternd auf dem Boden weiter. Die vier Männer ergriffen sie wieder und beleuchteten den Postwagen. Johann kam mit seinen Männern aus dem Haus. Er sprang lachend auf die Ladefläche. Jetzt hielt er das Brecheisen mit beiden Händen und schlug gegen die Kistenschlösser, bis sie absplitterten. Um seinen Hals hatte er ein weißes Betttuch wie einen Schal geschlungen. Die Kumpane stellten sich in einer Reihe auf Jeder erhielt einen oder zwei Geldsäcke. Die Männer stöhnten unter der Last. Johann lud seine Pistole und rief die Wachen von ihrem Posten ab. Er forderte die Offiziere auf, die Hähne ihrer Waffen zu spannen, dann rief er: »Wer versucht, mit dem Geld zu fliehen, den knallen wir ab.« Im Laufschritt verließen sie den Platz.
    Die Nacht war wieder still. Der Überfall hatte fast dreißig Minuten gedauert. Aus Langenfeld drang kein Laut herüber. Die Banditen eilten an dem alten Posthaus vorbei und marschierten dann in Richtung Hitdorf.
    In einem Wäldchen befahl Johann: »Alle Geldsäcke absetzen!« Die Männer ließen die Schätze auf das Moos fallen und warfen sich atemlos daneben. Der Zülcher Wilhelm zündete eine neue Fackel an. Johann breitete das weiße Betttuch aus. Den größten Geldsack stach er auf und schüttete die Silber- und Goldmünzen zu einem Haufen in die Mitte des Tuches. Die Säcke, auf denen der Inhalt angegeben war, stellte er zur Seite.
    »Die Offiziere nehmen sich so viel Taler, wie sie wollen!« Schiemann Engländer und der Zülcher Wilhelm stopften sich die Taschen bis zum Rand voll mit Münzen. Mathias band seine Hosenbeine mit zwei Stricken fest über dem Knie an die Oberschenkel und schüttete sich die Taler einfach in den Hosenbund, bis die Träger zu reißen drohten. Jetzt gab Johann jedem der Männer einen Anteil. Die vier Kumpane, die mit den Hunden gekämpft hatten, bekamen zwanzig Louisdors mehr als die Männer des Sturmtrupps. Jeder erhielt jedoch mindestens siebzig Louisdors.
    Nachdem alles geteilt war, hatte Mathias außer dem, was er in die Hose gefüllt hatte, noch einen Sack mit Dukatenbeuteln auf dem Rücken. Dem Johann Müller mussten zwei Männer helfen, bis er sich mit seinem schweren Beutesack aufrichten konnte. Mathias rief: »Morgen Früh suchen sie uns überall! Wir müssen einen Kahn finden und so schnell es geht über den Fluss!«
    Jeder war mit seinem Anteil zufrieden. Sie marschierten auf Hitdorf zu. Der Weg wurde ihnen unter der Geldlast schwer, aber keiner fluchte oder beschwerte sich.
    Am Rheinufer, direkt bei Hitdorf, fanden sie einen Kahn. Sie überlegten noch, wie sie ihn beladen sollten, als sich drei Fischer aus dem Dorf näherten. Johann ging ihnen entgegen. Er hielt die Hand auf den Messergriff gestützt. »Fahrt uns über den Rhein, und jeder bekommt zwei Louisdors! So viel fangt ihr nicht in einem Monat!« Die Fischer blickten an dem Anführer vorbei. Sie sahen die dunklen Männer, die Waffen und die Säcke. »Wir wollen nichts mit euch zu tun haben«, sagte einer von ihnen. Er gab seinen Kameraden ein Zeichen, und dann rannten sie fort. Der Straßburger wagte nicht, die Fischer zurückzuhalten. Er wollte jeden Lärm vermeiden, der die Dorfbewohner alarmiert hätte.
    »Steigt in den Kahn!«, rief er. »Wir werden schon rüberkommen.« Als alle Männer mit ihrer Beute im Schiff saßen, lag der Bootsrand nur knapp eine Handbreit über der Wasseroberfläche. Mathias und der Zülcher Wilhelm setzten sich ans Ruder. Mathias rief: »Stoßt ab und habt keine Angst! Wer hängen soll, ersäuft nicht!« Er lachte, aber keiner der Kumpane lachte mit.
    Johann stieß eine Stange in den Untergrund, und ächzend schwankte der Kahn in die Strömung, dann wurde er fortgezogen. Mitten auf dem Fluss versuchte Mathias, das Ruder einzuschlagen. Er riss heftig an dem Ruderbalken. Mit lautem Krachen brach das Holz. Vier der Männer sprangen auf und schrien. Der Kahn schwankte

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