Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)
aus dem Zimmer!« Dann knallte ein Schuss.
Anton Keil hielt seine abgefeuerte Waffe zur Decke gerichtet und spannte den zweiten Hahn. Die betrunkenen Männer lallten und schrien durcheinander. Der Schuss hatte die Bürgerwehr vor dem Haus alarmiert. Vier Männer stürmten die Stiege hoch. Einer hielt eine Fackel in der Hand. »Zündet die Kerzen an!«, befahl der öffentliche Ankläger. Flackernd fuhr das Licht über die verständnislosen Gesichter der betrunkenen Räuber. »Zwei sind weg!«, schrie Schöning. Er schickte Schmitz nach unten. »Verfolgung aufnehmen!«, rief er dem Sergeanten nach.
»Alle werden auf die Hauptwache gebracht!«, befahl Anton Keil und verließ die Kammer. Er war unzufrieden.
Kurz darauf meldete Schmitz, dass niemand die Herberge verlassen hätte. »Hier in der Spelunke gibt es so viele Schlupfwinkel und Gänge. In der Dunkelheit werden wir niemanden finden.«
»Leider. Und außerdem ist es zu gefährlich.« Der öffentliche Ankläger ballte eine Hand zur Faust. Vor dem Haus wartete er, bis die Gefangenen von einem Trupp der Bürgerwehr abgeführt wurden. Polizeikommissar Schöning rieb sich die Hände: »Da sind uns sicher vier Verbrecher ins Netz gegangen.«
»Wir werden sie morgen auf der Hauptwache verhören. Kommen Sie, Schöning, wir gehen in unser Quartier. Morgen werden wir uns die Männer einzeln vornehmen.«
Belz schlug ein Kreuz, als Anton Keil und Schöning an ihm vorbeigingen.
Vorsichtig öffnete Mathias die Tapetentür. Er hielt eine geladene Pistole in der Hand. Es war wieder still in der Herberge.
»Komm, Adolph, hinterher.«
Weyers nahm eine doppelläufige Büchse aus dem Arsenal. Die Räuber stiegen langsam die Treppe hinunter. Im Flur begegneten sie dem Wirt. »Geh zur Ursula!«, befahl ihm Mathias. »Wir verfolgen den Kerl mit dem dunklen Umhang.«
Sie schlichen durch die Gassen. Die Räuber drängten sich dicht an den Hauswänden entlang. Vor ihnen klackten gleichmäßig die Schritte der Männer, denen sie folgten.
Mathias spannte den Hahn seiner Pistole. Er wollte schießen, sobald er einen der Beamten klar im Gegenlicht erkennen konnte. Die letzte Möglichkeit war auf dem Marktplatz, doch auch hier war das Ziel nicht deutlich genug. Die Beamten betraten unverletzt das Haus des Stadthauptmanns. »Verdammte Pest! Wir hätten den Kerl im schwarzen Umhang abschießen sollen.«
Weyers nickte: »Ich glaub, das war der öffentliche Ankläger von Köln.«
Mathias stieß einen Pfiff aus: »Anton Keil! Verdammt, das muss er gewesen sein!« Er zog Weyers am Arm. »Komm, Adolph! Wir müssen die andern befreien. Sonst gehn die drauf wie der Overtüsch.«
Als die beiden durch die Hintertür in die Herberge stürzten, zuckte der Wirt zusammen. »Ich dachte schon, es wär wieder die Polizei!«
»Belz, wir brauchen Büchsen und viele Kugeln. Wir müssen die Kumpane rausschießen.«
Der Wirt bekreuzigte sich wieder. »Das geht nicht. Da müsst ihr gegen die Bürgerwehr kämpfen.«
»Na und? Egal!«
Adolph Weyers sah ängstlich zur Tür, aber Mathias hielt ihn fest. »Adolph, wenn du abhaust, knall ich dich ab!«
Als sie die Herberge verließen, trug jeder zwei Büchsen über den Schultern. Hinter jedem Gürtel steckten zwei Pistolen. In den sauberen, geraden Straßen von Neuwied war es still. Mathias blieb in der Nähe der Polizeistation stehen. Vor der Hauptwache marschierten zwei Männer der Bürgerwehr auf und ab. Die Fackeln rechts und links der Eingangstür brannten zuckend. In einem matt erleuchteten Raum saßen die Gefangenen. Mathias erkannte sie undeutlich durch das Fenster. »Wir schießen von hier aus«, flüsterte er. »Wir treiben sie ins Haus, dann schlagen wir die Fenster ein.«
Adolph Weyers nahm die Büchsen von der Schulter. Beide schossen gleichzeitig. Die Wachsoldaten ließen sich fallen und erwiderten das Feuer. Die nächsten Kugeln der Räuber schlugen dicht über den Köpfen der Wachposten in die Hauswand. Sie krochen rückwärts, ihre Gewehre waren leer geschossen.
»Noch zwei Kugeln auf die Eingangstür und dann zum Fenster!« Mathias und Weyers feuerten wieder gleichzeitig.
Jetzt zogen sich die Männer der Bürgerwehr ganz ins Haus zurück.
Mathias sprang auf und rannte gebückt zu dem erleuchteten Fenster. Mit dem Büchsenkolben zerschlug er die Scheiben. »Picard! Kommt raus!« Die vier Kumpane regten sich nicht. Sie saßen am Tisch und hatten die Köpfe auf die Platte gelegt.
»Picard, ich bin’s! Wir holen euch raus!«, schrie
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