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Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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Mathias. Der Franzose hob langsam den Kopf Als er den Kumpan am Fenster erkannte, stand er mühsam auf. »Fetzer, man ami! « Dann schlug er der Länge nach auf den Boden. Mathias schrie ins Zimmer: »Ihr besoffenen Idioten!« Er drehte sich zu Adolph Weyers herum. »Die Säue sind total besoffen!«
    »Weg! Sofort abhauen!«, flüsterte Weyers heiser. Die beiden verschwanden in der Dunkelheit, ehe die Soldaten der Bürgerwehr ihre Gewehre wieder geladen hatten.
    Gleich nach ihrer Rückkehr in die Herberge nahm Weyers sein Bündel, kaufte Belz die beiden Pistolen ab und schlich aus dem Haus. Mathias sprach mit Christine. »Ich muss weg aus der Gegend.« Sie bestand darauf mitzukommen. »Wir werden kein Hauptquartier mehr haben.« Mathias sah sie an. Christine lachte. »Mit dir schlaf ich gern jede Nacht in einem andern Bett.«
    Bevor sie die Herberge verließen, betrat Mathias mit einer Laterne das Hinterhaus und schlich in die Kammer, in der seine Tochter und die Mutter des Wirts schliefen. Die Alte wurde wach. »Ich guck nach dem Kind«, flüsterte Mathias, dann legte er den Finger an die Lippen. Er beugte sich über das Bett und strich seiner Tochter zärtlich über das blonde Haar. Dann schob er einen Golddukaten unter das Kopfkissen. »Ich bin dein Vater«, murmelte er und verließ wieder die Kammer.
    Christine hatte ihre wichtigsten Sachen in einen Korb gepackt. Mathias versorgte sich mit zwei Pistolen, Blei und Pulver. Er füllte die Geldkatze mit den Dukaten und Sonnenpistolen aus dem Mauerversteck.
    Sie weckten den Schiffsknecht Peter Tieland und legten in den grauen Morgenstunden des 9.   Mai auf einem Fischerkahn vom Neuwieder Ufer ab. Sie ließen sich von Tieland bis nach Deutz bringen. Hier nahmen sie eine Extrapost und fuhren in Richtung Essen. Bereits in Ratingen trafen sie auf Kumpane, mit denen Mathias schon früher auf Raubzüge gezogen war. Die Männer waren zerlumpt und völlig abgebrannt. Sie berichteten Mathias, dass um Essen herum zwar viele Überfälle versucht worden seien, aber nur die allerwenigsten etwas eingebracht hätten.
    Noch in Ratingen ließ Mathias sich überreden, den Schmied Stern in Steele zu überfallen. Zwei der Kumpane stiegen mit in die Extrapost und fuhren mit ihnen bis nach Saarn bei Mülheim an der Ruhr. Hier schickte Mathias den Kutscher mit dem Wagen zurück.
    Sie wanderten über die Ruhrberge nach Essen. Christine blieb im kleinen Gasthaus von Christian Schnaab, der als geschickter Hehler bekannt war und die Männer mit Waffen und Munition ausrüstete.
    Unter der Führung von Mathias gelang der Essener Bande endlich ein lohnender Überfall. Sie erbeuteten bei dem Schmied in Steele Waren und Goldmünzen im Wert von fünfhundert Talern.
    In der folgenden Woche führte Mathias die Essener Bande noch bei drei Raubzügen an. Die plötzliche Häufung der Einbrüche in der Gegend veranlasste die Behörden, Soldaten zusammenzuziehen und jedes Gasthaus kontrollieren zu lassen. Rechtzeitig verließ Mathias mit Christine und einigen Kumpanen die Herberge und fuhr nach Wuppertal.
    Anton Keil hatte seine vier Gefangenen in das Untersuchungsgefängnis im ›Kölner Hof‹ bringen lassen. Er stellte anhand der Steckbriefe fest, dass keiner der Männer in Wesel ausgebrochen war, und musste die vier Räuber nach einer Woche wieder auf freien Fuß setzen, obwohl er fest von ihrer Schuld überzeugt war. Friedensrichter Kramer hatte ihn beschuldigt, seine Machtbefugnisse zu überschreiten, wenn er unschuldige Männer nur auf Verdacht gefangen hielt. Dabei wurde Kramer vom Direktor der Geschworenen unterstützt.
    In Elberfeld trafen Picard und die drei Kumpane Mathias auf der Straße. In den nächsten zwei Monaten erbeutete die Essener Bande unter dem Kommando von Mathias und dem Franzosen bei nur vier Überfällen fast achttausend Taler. Die beiden Anführer wohnten zusammen mit Christine und fünf anderen Räubern in Elberfeld. Der Wirt des kleinen Gasthauses erhielt jede Woche einen Silbertaler zusätzlich, dafür vergaß er, nach den Pässen der Gäste zu fragen. Die Bande schickte regelmäßig einen Boten nach Elberfeld, wenn sie einen neuen Überfall plante und keinen Mut hatte, ihn allein auszuführen. Erst dann ritten die Anführer nach Essen und besprachen bei Christian Schnaab mit den Gefährten die Einzelheiten. Bei allen Raubzügen mussten die Männer sich gegen Dorfbewohner und oft auch gegen Soldaten wehren.
    Am 13.   August, am Tag nach dem Überfall auf den Händler

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