Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)
erzählten ihm bald bereitwillig von allen Überfällen, an denen sie beteiligt waren. Nur wenn Anton Keil nach dem Tod des alten Hittorf fragte, schwieg Heckmann.
Polizeikommissar Schöning hatte die Gefangenen am 16. Dezember 1801 nach Köln gebracht. Als der Wagen durch das Bonntor in die Stadt rollte, war Heckmann aufgesprungen, hatte den Bürgern am Straßenrand zugewunken und geschrien: »Seht mich genau an! Ich bin der wahre Schinderhannes!«
Abendelang erzählten die Räuber von den Beutezügen, die sie in den letzten Monaten zusammen mit der Bande des Schinderhannes verübt hatten. Der öffentliche Ankläger fragte sie nach diesem berüchtigten Räuber aus dem Soonwald, der eigentlich Johann Bückler hieß. Heckmann lachte. »Der Hannes ist zu dumm. Er würde es nie schaffen, einen großen Raubzug mitten in Köln zu organisieren. So was kann nur der Fetzer.« Die Gefangenen priesen im Branntweinrausch die Geschicklichkeit des Fetzers. Anton Keil fragte nach seinem Aussehen. Weyers grinste. »Er ist klein und hässlich wie ein Zwerg.«
Immer wieder brachte der öffentliche Ankläger das Gespräch auf den Fetzer. Nach einer Woche verhörte er die fette Düwels Trück und ihre Mädchen. Als er ihnen mit der Schließung des Bordells drohte, beschrieben die verängstigten Mädchen den kleinen Räuber. Sie berichteten auch von seinen Geschwüren am Hals und an den Schenkeln.
Jetzt diktierte der öffentliche Ankläger seinem Sekretär eine genaue Personenbeschreibung des Mathias Weber. »Vielleicht haben wir Glück und entdecken ihn auf unserer Rundreise.«
Im Frühjahr 1802 fand der Prozess gegen Adolph Weyers und Karl Heckmann statt. Der schöne Weyers wurde zu lebenslanger Zwangsarbeit in einem Bergwerk verbannt. Karl Heckmann wurde zum Tod durch die Guillotine verurteilt. Er nahm den Spruch gefasst hin. Mit Pater Asterius betete er im Angesicht des Todes während der letzten Tage ohne Unterbrechung in seiner Zelle. Als er sich von jedem seiner Mitgefangenen verabschiedete, hatten ihm die Henkersknechte bereits das blutrote Hemd übergestreift. Er umarmte Adolph Weyers und weinte. Pater Asterius begleitete den Mörder auf dem Karren bis zum Alter Markt. Schon auf der Guillotine stehend, hielt Karl Heckmann eine kurze Rede an die Bürger. Er hatte sich diese Sätze von Pater Asterius vorbereiten lassen und sie dann auswendig gelernt. Er warnte die Jugend vor den lasterhaften Häusern und dankte dem öffentlichen Ankläger für alle Freundlichkeiten, die er während seiner Haft empfangen hatte. Als das scharfe Messer fiel, schluchzten einige der Umstehenden.
Am nächsten Tag sagte Anton Keil zu seinem Sekretär: »Diepenbach, in den ersten Junitagen treten wir die Rundreise durch alle Gefängnisse an. Du wirst sehen, die Hinrichtung des Heckmann war nur der Anfang einer langen Kette.«
März – Juni 1802
Der Offizier des Lagers starrte den Rekruten an. »Ich befehle dir, diese Frau als dein Weib anzuerkennen!« Der Offizier sah Christine freundlich an und beruhigte sie. »Der Esel wird nicht mehr lange leugnen.«
»Ich heiß Peter Groß. Ich kenn die Frau nicht.«
Schluchzend rief Christine: »Er ist doch mein Mathias. Zwei Monate hab ich ihn gesucht.«
Der Lagerkommandant fragte erstaunt: »Ich dachte, sein Name sei Peter Groß?«
»Nein, er heißt Mathias Weber.«
Der kleine Soldat fluchte und schrie: »Ich heiße Peter Groß!«
Die Frau schüttelte verzweifelt den Kopf »Mathias, ich bin’s doch, deine Christine.«
Der Rekrut starrte wütend auf die Frau. »Hau ab! Ich kenn dich nicht!«
Ohne den Blick von der schluchzenden Frau zu wenden, fragte der Kommandant scharf: »Wie heißt du jetzt wirklich?«
Der Soldat schwieg. Christine sagte stockend: »Herr Offizier, er heißt Mathias Weber. Seine Freunde nennen ihn Fetzer.«
»Hau ab, ich kenn dich nicht!«
»Doch, er ist ein Bandit. Am Rhein bekreuzigen sich die Frauen, wenn sie seinen Namen hören.«
Der kleine Soldat hob beide Hände, seine Augen glühten vor Zorn. »Also gut, sie ist meine Frau.«
Aufschluchzend fiel Christine dem Rekruten um den Hals. Mathias zischte ihr ins Ohr: »Halt jetzt dein Maul, blöde Kuh!« Der Lagerkommandant seufzte erleichtert. »Verschwindet.« Er drohte Mathias. »Behandel das Mädchen gut, sonst überprüfen wir morgen deinen Namen!«
Mathias salutierte. »Zu Befehl, Herr Kommandant!«
Er zerrte Christine hinaus. Es war ein frostklarer Märztag. »Du saudummes Weib!«, fauchte er. Sie klammerte
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