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Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
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des vierten Stocks angebracht waren, ließen von hier unten nichts erkennen. Allerdings hatte ihr der Wärter zugesichert, das
     Kind heraufzuführen, damit es dem Schauspiel beiwohnen kann.
    «Mein Vorschlag, die Läden zu entfernen, wurde zurückgewiesen», |381| hatte er ihr auf seine freundliche, etwas zögerliche Art anvertraut. «Auf eine Art und Weise, die mich vor jedem weiteren
     Schritt zurückschrecken lässt. Wir werden uns also damit begnügen müssen, dass sich unser junger Protegé am Himmel und den
     Wolken ergötzt. Aber ich werde es auf keinen Fall versäumen, Monsieur Charles an dem Schauspiel teilhaben zu lassen, in dem
     du eine so große Rolle übernimmst, citoyenne. Der Ballon wird hoch genug schweben, sodass er den Flug über die angebrachte
     Sichtsperre hinweg verfolgen kann. Wenn du es auch noch arrangieren könntest, dich ihm auf irgendeine Weise zu erkennen zu
     geben, könnte ich mir vorstellen, dass das Spektakel eine ähnlich aufrüttelnde Wirkung auf das Kind hat wie die Blumentöpfe.»
    Marie-Provence fühlte, wie ihr Herz schnell und doch gleichmäßig schlug. Sie war bereit.
    «Am Boden ist nun alles für den Aufstieg vorbereitet, Mademoiselle. Wir erwarten nur noch Ihren Befehl!»
    Marie-Provence trat zum Korbrand. Barras hatte den Kopf in den Nacken gelegt und sah mit verengten Augen zu ihr hinauf. Ihre
     Finger krallten sich an das feste Geflecht. Sie holte lang und tief Luft. Warf einen letzten Blick in den Himmel, auf dem
     ein paar flauschige Wolken trieben. «Lâchez tout!», rief sie.
    Punktgenau hob die Musik wieder an. Das Publikum klatschte, Barras trat zurück. Die bereitstehenden Männer machten sich an
     den Seilen zu schaffen, und die Kanone feuerte ihren dritten und letzten Schuss.
    Der Ballon hob ab.
     
    André verspürte einen Ruck in dem Gestell, das seinen Brustkorb umklammerte. Es ging los!
    Eine Kraft riss ihn von den Füßen, zog ihn gen Himmel. Die gelösten Befestigungsseile liefen surrend durch die Heringe, die
     in den Boden gehauen worden waren. Ein paar Menschen riefen etwas, die meisten aber schwiegen jetzt ehrfürchtig. André sah
     nach unten, an seinen Stiefeln vorbei. |382| Es war ein völlig neues Gefühl, ungeschützt in der Luft zu schweben, und sein Herz schlug schnell vor Erregung und Freude.
    Schon erreichten sie den oberen Abschluss der Mauer, die den donjon umschloss. Die zwei Reihen Uniformierter, die davorstanden,
     schrumpften zusehends. Jetzt konnte André auch auf die andere Seite der Mauer blicken. Ein einzelner Soldat wartete dort.
     Er schien mehr am Abflug denn an der Ausübung seiner Pflicht interessiert, denn er hatte seine Pike neben ein Fenster des
     donjon angelehnt und beobachtete gebannt den Aufstieg.
    Ein heftiger Ruck, der ihm durch sämtliche Glieder ging, ließ André erschrocken nach unten sehen. Er schnaubte, als er sah,
     was geschehen war: Eines der Seile, dasjenige, welches der Umfriedung des donjon am nächsten lag, musste sich irgendwo verfangen
     haben, während die anderen sich längst gelöst hatten.
    «He, nicht einschlafen da unten! Macht das sofort los!», schrie André zwei Männern zu, die offensichtlich das Malheur verschuldet
     hatten. Ein Arbeiter mit tiefgezogener Mütze hob zerknirscht die Hände. Emsig machten sich die beiden am Seil zu schaffen.
     Inzwischen bewirkte die einseitige Befestigung, dass der Ballon nach Südwesten gezogen wurde, in Richtung des donjon.
    Eine laute Stimme ertönte über ihm. Marie!
    «Was ist da unten los? Wir driften ab!»
    Sie klang reichlich beunruhigt. André sah nach oben, konnte aber wegen des Fallschirms nichts erkennen.
    «So macht doch etwas!», rief sie schrill.
    Die zwei Männer am Boden fluchten so laut, dass es bis zum Ballon herauf zu hören war, und verfielen in hektisches Treiben.
     André war versucht, in das Fluchen einzustimmen. Er zerbrach sich den Kopf, konnte sich aber nicht erinnern, wann er diese
     beiden Trottel eingestellt hatte.
    «Wir werden zerschellen! Hilfe!», schrie es von oben.
    «Marie! Beruhige dich! Es kann gar nichts passieren!», rief André. Doch offenbar konnte sie ihn nicht hören – oder sie |383| war zu aufgebracht. Als sie aufschluchzte, zog sich sein Herz zusammen.
    «Wollt ihr denn unseren Tod?», kreischte sie. «Wir müssen hoch, der Ballon zerreißt sonst!»
    Wie kam sie bloß auf so absurde Gedanken?, fragte sich André. Das Publikum schrie derweil erschrocken auf. Frauen deuteten
     nach oben. Die Apparatur, in der

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