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Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
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Justin. «Das ist ja wie
     dafür geschaffen, um sich anzuschleichen und uns zu überfallen. Bonvivant, bevor Sie an die Suppe denken, stellen Sie den
     Männern Essigwasser zur Verfügung. Jeder darf sich davon holen, so viel er möchte. Und dann werden die Zelte aufgebaut.» Die
     Männer stöhnten. «Ich will keine Klagen hören! Wir befinden uns in der Bretagne, soldats, das Wetter hier ist unbeständig,
     ihr werdet mir dankbar sein, wenn ihr morgen auf dem Weg nach Vannes trockene Sachen anhabt.» Justin machte ein Zeichen. «Sie,
     Leutnant, kommen zu mir. Ich muss mit Ihnen reden.»
    André trat zu ihm. Der Hauptmann musterte ihn von Kopf bis Fuß. «Wie viel Zeit haben Sie in Meudon verbracht, Leutnant?»
    «Fünf Tage, capitaine.»
    «Eine reichlich kurze Zeit, um den Soldatendienst zu erlernen. Und um in den Rang eines Leutnants aufzusteigen.» Er deutete
     auf die beiden Pistolen und den Säbel, die in Andrés schwarzem Gürtel steckten. «Können Sie damit umgehen?»
    |452| «Die Technik ist mir bekannt.»
    «Verstehe.» Justin legte die Stirn in Falten. «Nun ja, Sie haben das Glück, in eine Kompanie berufen worden zu sein, in der
     der Umgang mit Waffen nicht die primäre Anforderung ist. Alle hier sind Handwerker und wurden ihrer Fähigkeiten wegen ausgesucht.
     Enclume zum Beispiel ist Schmied, Percetout und Boislisse sind Schreiner, Lapierre ist Maurer. Wie ihre Namen schon verraten.»
    André verzog den Mund. «Und jetzt wüssten Sie gerne, mit welchem Spitznamen Sie mich bedenken können.»
    Justin lächelte. «Richtig. Der Hilferuf von général Hoche, der eine royalistische Invasion an der bretonischen Küste gemeldet
     hat, und das Durcheinander, das daraus erwachsen ist, haben verhindert, dass ich Zeit hatte, Sie einzuschätzen. Eigentlich
     waren wir in Meudon ganz und gar nicht darauf eingestellt, so bald eingesetzt zu werden – bis vor kurzem hatten wir schließlich
     noch gar keinen Ballon.» Justin warf einen Blick auf den Packwagen. «Ich bin begeistert, dass plötzlich einer aufgetaucht
     ist, wo auch immer dieses wunderschöne Stück vom Himmel gefallen ist. Etwas mehr Zeit für die Planung hätte diesem Feldzug
     allerdings wahrlich nicht geschadet. Doch zurück zu Ihnen, Monsieur. Was sind Ihre besonderen Fähigkeiten, wodurch sind Sie
     geeignet, in dieser Kompanie als Leutnant zu dienen?»
    André schob seinen Zweispitz zurück. Er schwitzte, obwohl er die blaue Uniformjacke schon abgestreift hatte, und sehnte sich
     danach, endlich seine Stiefel ausziehen zu können, die er trotz der Hitze tragen musste. Er fühlte sich wie erschlagen. Sie
     waren heute früh kurz nach Sonnenaufgang aufgebrochen und seitdem fast pausenlos marschiert, Staub knirschte zwischen seinen
     Zähnen und juckte an der Stelle, wo der Kragen an seinem Hals rieb. Das alles machte ihn wenig geneigt, diesem Mann Rede und
     Antwort zu stehen, von dem das Schicksal aus einer Laune heraus verlangte, dass er ihm gehorchte. Er sagte nur: «Wahrscheinlich
     dadurch, dass ich alles kann.»
    Justins Augen weiteten sich überrascht, dann verschloss |453| sich sein Gesicht. «Alles. Ich verstehe.» Er hob eine Braue. «Monsieur, Sie werden hier viele Freunde finden. Prahlhänse sind
     in der Armee immer willkommen. Ihnen fallen stets die niederen Arbeiten zu, die sonst keiner gerne macht.»
    Beide Männer maßen sich mit Blicken.
    Andrés gesunder Menschenverstand gab schließlich nach. «Ich bin Physiker. Und Chemiker. Schreiner, Maurer und Schmied. Schneider.
     Ingenieur. Was auch immer. Ich konstruiere Ballons, seit ich sechzehn Jahre alt bin. Und diesen da», er deutete auf den Wagen,
     «diesen da habe ich auch gebaut.»
    «Was?», stieß Justin aus, lief zum Wagen und hob ein Stück der Plane. «Dieses Prachtexemplar hier? Sind Sie ganz sicher?»
    André beschlich ein seltsames Gefühl. Er trat zum Wagen. Strich über die kühle Seide. Blau. Weiß. Rot. Seine Faust schloss
     sich über dem Stoff, und seine Wut flackerte auf, heller denn je. «Er heißt
l’Intrépide
», sagte er mit rauer Stimme. «Und vom Himmel gefallen ist er bei Dammartin.»
    Ohne ein weiteres Wort zu sagen, drehte er sich um, um beim Aufbau der Zelte zu helfen.
    ***
    «Schläft er?»
    Marie-Provence nickte matt. Sie ließ sich ihrem Vater gegenüber auf eine Bank fallen und stützte den Kopf mit den Händen.
     Draußen klapperte es – Räder, Hufe und Absätze auf Pflastersteinen. Die Chouans zogen noch immer durch Auray, das sie erst
    

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