Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
Vom Netzwerk:
gehorchen. Späße flogen in ihrer
     unverständlichen keltischen Sprache hin und her, was Hervilly noch weiter in Rage brachte. Weiß vor Wut bellte er Befehle,
     während seine Leute sich duckten und die bretonischen Frauen lachten.
    «Lassen Sie es gut sein, Monsieur!» Ein Mann mit rundem Kinn und weit auseinanderliegenden Augen eilte herbei. «Allons, gönnen
     Sie den Männern ihre Freude!»
    «Monsieur de Puisaye, ich bin keinesfalls gewillt zu akzeptieren, die Disziplin der Armee von Halbwilden pervertieren zu lassen!»,
     rief Hervilly. «Diese Plünderer   …»
    Auf einmal schien die Erde zu beben. «Aufhören! Sofort aufhören!», brüllte eine Männerstimme aus Leibeskräften. Eine riesenhafte
     Gestalt arbeitete sich durch die Menschenmenge. Cadoudal! Derb stieß er die Menschen nach rechts und links, bis er mit breiten
     Beinen zwischen den aufgebrochenen Kisten zum Stehen kam. «Keinen Schritt weiter! Der Nächste, der ein Gewehr nimmt, bekommt
     meinen Kolben an den Schädel», donnerte er wutentbrannt.
    |449| Marie-Provence blieb die Luft weg vor der schieren Kraft, die dieser Mann ausstrahlte. Und sie war nicht die Einzige. Kaum
     merklich, Schritt für Schritt, tat sich ein Kreis um den Anführer der Chouans auf, und die Menge verstummte.
    «Endlich», wütete Hervilly. «Sind Sie der Anführer dieser Leute? Wenn Sie nicht wollen, dass das Verhalten Ihrer Männer Konsequenzen
     hat, dann befehlen Sie Ihnen jetzt, die Gewehre zurückzubringen. Auf der Stelle!»
    Cadoudal wandte sich dem Oberst zu. «Monsieur», strahlte er, «wenn Sie es mit Engeln zu tun haben wollen, müssen Sie am Himmel
     anklopfen gehen. Auf diesem Strand werden Sie nur Bretonen vorfinden – und ein Bretone gibt sein Gewehr erst als Leiche wieder
     her!»
    Während die Chouans in lautes Gelächter und Hochrufe ausbrachen, erstarrte Hervilly.
    Marie-Provence beschlich ein ungutes Gefühl. Cadoudal, Hervilly, Puisaye   … Hier standen drei Anführer, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Ihr Blick suchte das Flaggschiff.
    Wo um alles in der Welt blieb Artois?

|450| 14.   KAPITEL
    Messidor, Jahr III
    Juni 1795
     
    «Der Graf von Artois begleitet diesen Konvoi nicht, Sire», sagte Puisaye. Er blinzelte, offensichtlich unangenehm berührt,
     dass er bereits bei seinem ersten Vorsprechen beim König ein Überbringer schlechter Nachrichten war. «Vielleicht wissen Sie,
     dass die englische Regierung, die den Sold unserer Truppen bezahlt und Schiffe sowie Ausrüstung gestellt hat, beschlossen
     hat, die Rückeroberung unserer Heimat in drei Stufen vorzunehmen. Zwei Konvois werden also noch folgen. Der Herzog entschied
     sich, später mitzufahren.»
    Marie-Provence warf Charles einen mitleidigen Blick zu. Das Kind, noch blasser als sonst, war sichtlich gezeichnet vom Fieber
     der letzten Tage. Schwarze Ringe umrundeten seine klaren blauen Augen, und es lag kraftlos in den Kissen seines Bettes.
    «Ich verstehe.» Charles’ Stimme war nur schwer verständlich. «Und ein Brief?»
    Puisaye spielte nervös an seinem Degen. «Nun, ich   …»
    «Ihr Onkel wird wegen dieser Ausschiffung in England sicher sehr beansprucht sein», versuchte Marie-Provence Charles zu trösten.
     «Er wird es vergessen haben.»
    «Nicht mein Onkel. Meine Mutter. Haben Sie einen Brief von meiner Mutter?» Charles reckte sich erwartungsvoll dem Offizier
     entgegen.
    «Ihre Mutter?», stammelte Puisaye und riss die Augen auf. «Königin Marie-Antoinette   … Sie   … Ja   …» Er fingerte hektisch an seinem Kragen, sein flehender Blick traf Marie-Provence.
    Die hatte das Gefühl, dass ihr die Beine wegsackten. Sie |451| öffnete den Mund, doch kein Wort kam heraus. Die Brieftaube gurrte ohrenbetäubend laut in ihrem Käfig.
    Plötzlich schrie das Kind. «Maman! Was ist mit Maman?» Er sah sie an. «Sag es mir! Marie!»
    Marie-Provence schlug die Hände vor das Gesicht.
    ***
    «Na endlich! Das wurde aber auch Zeit!», ächzte Bonvivant, ließ erst Felltasche und Bajonett und dann seinen runden Hintern
     auf den Boden fallen. «Kameraden, heute Abend braucht ihr kein Holz zu sammeln! Ich muss nur meine Füße in den Kessel halten,
     um die Suppe zum Dampfen zu bringen!»
    Allgemeiner Protest wurde laut. Kommentare und Gelächter flogen zwischen den zwanzig Männern der
compagnie d’aérostiers
, der Kompanie der Luftfahrer, hin und her.
    «Erst einmal werdet ihr mir diese Wiese von dem Gestrüpp befreien, das sie umgibt», befahl capitaine

Weitere Kostenlose Bücher