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Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
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kreisende Handbewegung über dem Papier. «Von allen lebenden Mitgliedern habe ich Korrespondenz
     gefunden. Nur zwischen den Urlards und den Serdaines scheint kein Briefwechsel stattgefunden zu haben. Seltsam, nicht?»
    «Da hast du dir aber viel Mühe gegeben, citoyen. Warum interessiert dich das denn so?»
    Cédric sah Dorette fest an. Es war nicht unwahrscheinlich, dass die Alte sich mit ihren früheren Herrschaften noch verbunden
     fühlte. Er musste vorsichtig vorgehen. «Nun, das Mädchen ist nicht erreichbar. Inzwischen ist es aber mehr als wahrscheinlich,
     dass ein Justizirrtum vorliegt und ihre Eltern unschuldig auf das Schafott gestiegen sind. Anscheinend hatte jemand falsche
     Beweise vorgelegt, um eine Verurteilung zu erzwingen. Die revolutionären Behörden möchten diese Angelegenheit bereinigen,
     und zwar schnell. Es gibt allerdings eine Frist für solche Verfahren. Wenn Marie-Provence de Serdaine sich nicht bald meldet,
     werden die Güter, die sie von ihren Eltern geerbt hat, an den Staat fallen.»
    «Der Staat will was zurückgeben? Das hör ich zum ersten Mal. Ist wohl ein ganz neues Gesetz?», fragte die Alte in einem Tonfall,
     der in Cédric plötzlich den Verdacht aufkommen ließ, sie mache sich insgeheim über ihn lustig. «Außerdem würdest du ja dann
     das Haus hier verlieren!»
    «Das Haus ist mir egal», gab Cédric zurück, und das stimmte. Er hatte sich gefreut, in den quai des Augustins zu ziehen, doch
     das Gebäude hatte für ihn nur symbolischen Wert. Er war genügsam, Geld und Besitz interessierten ihn nicht. «Aber du siehst,
     es wäre für die Tochter der Serdaines selbst von Vorteil, gefunden zu werden. Um auf die Urlards zurückzukommen: Es ließ sich
     auch keine Adresse finden.» Cédrics Kehle verengte sich, als er fragte: «Du weißt nicht zufällig, wo sie wohnen?»
    Dorette sah ihn unverblümt an. «Aber doch!» Sie nickte eifrig. «Sie wohnen in Marseille, das weiß ich ganz genau! |144| Die Familie der Herrin stammt doch aus der Provence, daher auch der Namen der Kleinen!» Dorette strahlte. «Also, wenn ich
     es mir so überlege, kommt es mir gar nicht dumm vor! Ich würde meine Tochter auch so weit wie möglich in den Süden schicken,
     um sie zu verstecken, wenn ich dort Verwandte hätte!»
    Ihre Antwort ließ Cédrics Argwohn verpuffen. Er nickte und kratzte sich heftig den Arm. «Marseille, ja», murmelte er, während
     er mit etwas Spucke über die blutigen Striemen auf seinem Arm wischte. «Das könnte es sein.»
    ***
    Zufrieden wog Marie-Provence das Zucker-Säckchen, als sie sich im strömenden Regen auf den Weg zu Rosanne und Georges machte.
     Es war ein fürstliches Geschenk, das ihr da gemacht worden war. Den ganzen Weg nach Sartrouville über hatte sie sich ausgemalt,
     wie sich ihre Mitbewohner über diesen kleinen Luxus freuen würden – und sich gefragt, ob und wann Cortey oder seine Verbündeten
     sich melden würden. Sie hoffte es von Herzen. Nicht nur, weil sie heute ein hohes Risiko eingegangen war, indem sie ihre wahre
     Identität preisgegeben hatte, sondern auch, weil sie dringend Hilfe für ihr Vorhaben brauchte.
    Ihr einziger, wenn auch riesiger Vorteil war, dass sie eine der ganz wenigen war, die Zugang zu Charles hatten. Wie sie Cortey
     vorhin klargemacht hatte, kannte sie inzwischen die Gewohnheiten und Vorschriften seiner Bewacher sehr genau.
    Jomart hatte beantragt, seine Assistentin bei den Visiten stets dabeihaben zu dürfen, und seinem Antrag war stattgegeben worden.
     Nicht unerheblich war dabei gewesen, dass Marie-Provence inzwischen zu einer kleinen Berühmtheit geworden war. Nach ihrem
     Flug mit André war eine Zeitung erschienen mit einer Karikatur von Marianne, wie sie während der Fête de l’Être Suprême von
     einem Ballon aus dem versammelten Volk Mut zusprach. Im Hintergrund der |145| Karikatur rieselten Blätter mit den Menschenrechten herab. Und in einer Ecke stand Robespierre vor einer brennenden Gottheit.
    Marie-Provence wusste nicht, wie es geschehen war, doch es hatte sich herumgesprochen, dass die Marianne auf dem Bild die
     Assistentin des Arztes der maison de la couche war. Auf einmal waren Ammen und Pflegerinnen erschienen, um ihr zu gratulieren,
     und Gebärende hatten von ihr berührt werden wollen. Sogar Madame Mousnier war auf sie zugekommen, hatte ihr die Hand geschüttelt
     und erklärt, dass sie stolz sei, mit Marianne zu arbeiten.
    Im Gegensatz zu docteur Jomart, der die Aufregung um Marie-Provence

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