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Die Ballonfahrerin des Königs

Titel: Die Ballonfahrerin des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Douglas
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nicht so amüsant fand. «Haben Sie gesehen, was da brennt?»,
     hatte der Arzt gefragt und auf die Karikatur gedeutet.
    «Wahrscheinlich eines dieser vier Übel – wie hießen sie gleich?», hatte Marie-Provence gefragt. «Ehrgeiz, Egoismus, Zwietracht?»
    Jomart hatte den Kopf geschüttelt. «Nein, wenn man richtig hinschaut, ist das, was da brennt, die Vernunft, die Göttin, für
     deren Kult die alte Kathedrale von Notre-Dame herhalten muss. Also zerstört Robespierre hier das antireligiöse Ideal der ersten
     Revolutionäre, das, wofür Danton und Hébert standen. Auf dem Bild ist er aber nur scheinbar der Sieger. Sein Gesichtsausdruck
     ist ängstlich, seine Körperhaltung geduckt. Offenbar fürchtet er sich vor der strahlenden, übergroßen Marianne, die wie eine
     Rächerin daherschwebt und an die Menschenrechte erinnert.» Jomart hatte mit spitzem Finger auf das Bild gezeigt. «Dies hier
     ist eine subtile, aber scharfe Kritik an Robespierre, mon amie. Das Blatt ist dafür bekannt, dass es die Opposition innerhalb
     der Convention vertritt. Die Herren scheinen allmählich genug zu haben von Robespierres Gängelband.»
    Jomart hatte sie besorgt angesehen. «Ich will Sie nicht beunruhigen, Marie-Provence, aber ich finde es wenig erfreulich, dass
     Sie in dieser Zeitung als Robespierres Opponentin auftreten. Der Mann ist schließlich zum Präsidenten |146| der Convention gewählt worden, also praktisch allmächtig, und man munkelt, er könne der nächste Diktator der Republik werden.»
    Marie-Provence hatte beschlossen, dass es müßig war, sich über diese Dinge den Kopf zu zerbrechen. Als ein paar Tage darauf
     Croutignac erschienen war, war sie allerdings vorgewarnt gewesen und hatte sich keine Blöße gegeben. Robespierres Untermann
     hatte ihr gratuliert und ihr deutlich gemacht, dass er von ihr erwarte, ihren bescheidenen Ruhm für die Unterstützung der
     Pläne seines Herren einzusetzen. Jomart, der bei dem Gespräch anwesend war, hatte die Gelegenheit geschickt genutzt und angedeutet,
     wie vorteilhaft es sich doch auswirken würde, wenn von nun an seine Assistentin bei jeder Visite dabei wäre. Und zu Marie-Provence’
     Freude hatte Croutignac den Köder geschluckt.
    Seitdem sah Marie-Provence Charles wöchentlich. Bei jeder ihrer Visiten vollzog sich das gleiche Ritual: Jomart und sie traten
     an die vernagelte Tür und spähten durch das Gitter in das stinkende Halbdunkel der Zelle. Stets war es ihnen verboten, zu
     reden oder in irgendeiner Weise Kontakt zu dem Gefangenen aufzunehmen – das Einzige, was ihnen blieb, waren Blicke.
    Marie-Provence legte ihre ganze Seele in die kostbaren Sekunden des Austausches, versuchte, dem Kind etwas von ihrer Kraft
     und Zuversicht zufließen zu lassen. Sie glaubte sogar, dass der Neunjährige inzwischen auf ihre Anwesenheit reagierte. Nicht,
     dass der Junge tatsächlich etwas ausgedrückt hätte. Er wartete stets auf den scharf gebellten Befehl der Wache, bevor er sich
     zur Tür schleppte, und sein fahles Gesicht blieb unbewegt, wenn er es zu ihnen hochreckte. Dennoch meinte Marie-Provence ab
     und zu, ein zaghaftes Leuchten im ausdruckslosen Blick wahrzunehmen.
    Sie verfolgte Charles’ erwachendes Interesse mit klopfendem Herzen. Einerseits schürte es ihre Hoffnung, dass das Kind noch
     nicht gänzlich verloren war und sich nach der Flucht erholen würde. Andererseits belastete sie die Befürchtung, Charles würde
     eines Tages laut ihren Namen rufen. |147| Doch Marie-Provence verscheuchte diese Ängste. Sie musste Charles vertrauen. Der Junge lebte seit Jahren eingesperrt, gewiss
     war es ihm zur zweiten Natur geworden, sich zu verstellen und seine Gedanken zu verheimlichen.
    Mit entschlossenen Schritten teilte Marie-Provence den Regen, während sie auf das Restaurant zuging und in Gedanken resümierte:
     Sie war also inzwischen im Besitz eines Ausweises, der ihr den Zutritt zu der grande tour ermöglichte, und sie sah das Kind
     regelmäßig. Doch sie war nicht naiv genug, um sich einzubilden, dass sie es alleine befreien könnte. Sie brauchte Männer,
     die zupackten, sie brauchte Helfer, die nach einem Ausbruch die Flucht organisierten, und sie brauchte Geld. Das alles, so
     hoffte sie, könnte sie über Cortey und seine Freunde bekommen, die offensichtlich Mitglieder einer Untergrundorganisation
     waren und dasselbe Ziel verfolgten wie sie. Allerdings hatte sie keine Ahnung, wie der Krämer prüfen wollte, ob sie tatsächlich
     Marie-Provence de

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