Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)
überquerte, nahm ein weiterer Streifenwagen die Verfolgung auf: ein viertüriger Citroën mit der Aufschrift POLIZIA in leicht rückwärts geneigten blau-weißen Großbuchstaben. Damit waren die letzten Zweifel beseitigt. Die Polizei machte Jagd auf ihn.
Etwas war gewaltig schiefgegangen.
Belknap trat das Gaspedal ganz durch, überholte langsamere Fahrzeuge – Taxis, gewöhnliche Pkw, einen Lieferwagen –, überfuhr wild hupend die rote Ampel an der Piazza Porta Portese und schlitterte dabei über zwei Fahrspuren hinweg. Immerhin gelang es ihm so, die Jeeps der Carabinieri abzuhängen. Die Gebäude aus Kalkstein auf beiden Straßenseiten verschwammen zu schmutzig grauen Silhouetten; der Asphalt vor ihm wurde alles: die ständig wechselnden Abstände zwischen den fahrenden Autos, die Lücken im Verkehr, die sich in rascher Folge öffneten und schlossen, die Überholmöglichkeiten, die sofort wieder verschwanden, wenn sie nicht genutzt wurden. Mit hoher Geschwindigkeit durch eine Stadt zu rasen war etwas ganz anderes, als gesetzestreu im Verkehr mitzuschwimmen, und Belknap konnte nur hoffen, dass die alten Reflexe einsetzen würden, wenn er sie brauchte. Es gab Hunderte von Chancen, dass etwas schiefging, und kaum Aussichten auf Erfolg. Der zweite Streifenwagen, der viertürige Citroën, hatte plötzlich eine freie Fahrspur vor sich, schoss vorwärts und überholte ihn rechts.
Das Karree begann sich zu schließen.
Wahrscheinlich tauchte bald ein dritter Streifenwagen auf. Belknaps Fluchtchancen würden dramatisch sinken. Er hatte gehofft, die Schnellstraße, die auf dem mit Bäumen bestandenen hohen Kai aus Mauerwerk und Stahlbeton am Fluss verlief, erreichen zu können. Aber das war jetzt zu riskant.
Er riss das Lenkrad abrupt nach rechts und bog mit quietschenden Reifen auf den Lungotevere Aventino ab: die Straße im Stadtteil Testaccio, die parallel zum Tiber verlief. Sein Oberkörper wurde nach links geworfen und nur durch den angelegten Schulter- und Beckengurt gehalten.
Jetzt bog er nochmals scharf auf die Via Rubattiono mit ihren vielen Straßencafés ab, atmete tief durch und lenkte den Kastenwagen auf die Via Vespucci zurück – diesmal jedoch entgegen der allgemeinen Fahrtrichtung. Zum Glück würde er nur wenige hundert Meter weit fahren müssen, bevor er auf die Schnellstraße am Fluss abbiegen konnte – immer unter der Voraussetzung, dass es ihm gelang, hier einen Zusammenstoß zu vermeiden.
Dutzende von Hupen trompeteten und plärrten. Die Autofahrer bemühten sich verzweifelt, dem weißen Postauto auszuweichen, das auf sie zuraste.
Belknap lenkte den Wagen mit schweißnassen Händen. Um die im Gegenverkehr entstehenden Lücken nutzen zu können, musste er die Ausweichbewegungen der anderen Fahrer vorausahnen. Eine einzige Fehleinschätzung musste zu einem Frontalzusammenstoß mit der gesamten Bewegungsenergie zweier sich begegnender Fahrzeuge führen.
Für ihn war die Welt jetzt auf ein Asphaltband und einen Schwarm entgegenkommender Fahrzeuge reduziert, von denen jedes eine potenziell tödliche Waffe war. Die tief herabgezogene Karosserie des Postautos scharrte Funken sprühend über eine Betonschwelle, als Belknap mit überhöhter Geschwindigkeit die Rampe nahm, die zur Schnellstraße hinunterführte. Er
schaffte es, den Tiber auf dem Ponte Palatino zu überqueren, und bog mit quietschenden Reifen schleudernd auf die Porta di Ripagrande ab.
Jetzt kannst du aufatmen, sagte er sich, als er auf der Geraden an imposanten anonymen Gebäuden vorbei beschleunigte. Aber ein Blick in den Rückspiegel zeigte ihm ein halbes Dutzend Streifenwagen. Wo kamen die so schnell her? Dann fiel ihm das große Polizeirevier in der Nähe der Piazzale Portuense ein. Er wechselte auf den linken Fahrbahnrand, raste den Randstein entlang und bog plötzlich scharf auf den Clivio Portuense ab, der zu den schnelleren Straßen dieses Viertels gehörte. Auch diesmal verhinderte nur sein Sicherheitsgurt, dass Belknap quer durchs Fahrerhaus geschleudert wurde.
Die Streifenwagen rasten hinter ihm vorbei, weil sie viel zu schnell waren, um rechtzeitig abbiegen zu können. Belknap hatte sie abgeschüttelt – zumindest vorläufig. Er fuhr in flottem Tempo weiter und bog schließlich nach links auf die Via Parboni ab.
Aber was war das vor ihm? Beim Heulen der Sirenen, dem Röhren des Motors und dem Quietschen der Reifen war er kaum imstande, einen klaren Gedanken zu fassen.
Das war unmöglich! Vor sich an der Ecke
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