Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)
anerkennend.
»Eben ist eine Meldung mit der von dir erwähnten Adresse eingegangen«, sagte Mattucci. Seine Stimme klang aufgeregt. »Ein Nachbar hat Schüsse gemeldet. Wir haben ein paar Streifenwagen hingeschickt. Was ist passiert?«
Belknap war wie vor den Kopf geschlagen. »Großer Gott!«, flüsterte er. »Da muss ich sofort hin!«
»Nein, das darfst du nicht«, widersprach Mattucci, aber der Amerikaner klappte sein Handy zu und war bereits wieder auf dem Weg zu der Wohnung, die er erst vor wenigen Minuten verlassen hatte. Er erreichte den Hauseingang und hörte Sirenengeheul und Reifenquietschen. Sein Herz begann zu jagen. Die Wohnungstür war offen geblieben, und er betrat einen von Kugeln durchsiebten und mit Blut bespritzten Raum. Jemand war ihm hierher gefolgt – das war die einzig mögliche Erklärung. Er hatte den Zingarettis Schutz versprochen, aber dem alten Ehepaar stattdessen den Tod gebracht.
Dann wieder quietschende Reifen, diesmal von einem scharf bremsenden Wagen, einem dunkelblauen Alfa mit weiß abgesetztem Dach. Auf dem Dach trug er eine große Nummer, um für Hubschrauber identifizierbar zu sein, und drei Blinkleuchten. Auf den Seiten stand unter einem roten Rallyestreifen in Weiß das Wort CARABINIERI . Das Fahrzeug war genauso echt wie die beiden Polizeibeamten, die aus dem Wagen sprangen und Belknap aufforderten, stehen zu bleiben und sich nicht zu bewegen.
Aus dem Augenwinkel heraus sah Belknap einen weiteren Streifenwagen herankommen. Er deutete verzweifelt in eine Seitenstraße, um zu signalisieren, die Täter seien dorthin geflüchtet.
Dann rannte er los.
Einer der Uniformierten nahm natürlich die Verfolgung auf; der andere musste dableiben, um den Tatort zu sichern. Belknap konnte nur hoffen, dass er genügend Verwirrung gestiftet hatte, um seinen Verfolger daran zu hindern, auf ihn zu schießen: Die Beamten mussten die Möglichkeit in Betracht ziehen, auch er verfolge die criminali . Belknap schlängelte sich zwischen Mülltonnen, Abfallbehältern und geparkten Autos hindurch, um außer Sichtweite des Verfolgers zu kommen. Aus seiner Blicklinie.
Aus der Schusslinie.
Er spürte, wie seine Muskeln brannten und sein keuchender Atem stoßweise kam, als er wild spurtend Haken schlug wie ein flüchtender Hase. Den Asphalt unter den Gummisohlen seiner Lederschuhe nahm er kaum wahr. Wenige Minuten später saß er jedoch in seinem Fahrzeug, einem geschlossenen weißen Kastenwagen mit dem Logo der italienischen Post: SERVIZIO POSTALE . Der Wagen gehörte zu den Fahrzeugen, über die Consular Operations verfügte. Obwohl Belknap keinen Einsatzbefehl vorweisen konnte, war ihm der Wagen ohne Weiteres überlassen worden. Solche Fahrzeuge erregten normalerweise kaum Aufmerksamkeit. Hoffentlich war das auch diesmal so.
Aber als er den Motor anließ und rasch davonfuhr, sah er im Rückspiegel ein weiteres Polizeifahrzeug: einen Geländewagen der Carabinieri mit kastenförmigem Aufbau für die Beförderung von Festgenommenen. Im selben Augenblick klingelte sein Handy erneut.
Wieder Mattuccis Stimme, diesmal noch aufgeregter als zuvor. »Ich muss wissen, was passiert ist!«, schrie er. »Wie gemeldet wird, ist dieses ältere Ehepaar massakriert, die Wohnung zerschossen worden. Verwendet worden sind anscheinend Geschosse der U.S. Special Forces mit Hohlspitze und Kupfermantel. Hast du verstanden? Ausgerechnet die Geschosse mit geriffeltem Kupfermantel, die du bevorzugst. Das ist nicht gut.«
Belknap riss das Lenkrad scharf nach rechts und bog im letzten Augenblick ab. Links neben sich hatte er eine grüne Straßenbahn mit vier Faltenbälgen, die halb bis zur nächsten Kreuzung reichte. Sie würde ihn vor jedem Polizeifahrzeug auf der Gegenfahrbahn tarnen. »Gianni, du kannst doch unmöglich glauben, dass ich …«
»Unsere Spurensicherer werden bald eintreffen. Finden sie deine Fingerabdrücke, kann ich dich nicht mehr beschützen.« Eine Pause. »Das kann ich schon jetzt nicht.« Diesmal legte Mattucci als Erster auf.
In Belknaps Rückspiegel tauchte ein weiteres Polizeifahrzeug auf. Vermutlich hatten sie beobachtet, wie er in den Kastenwagen gestiegen war, aber für einen Fahrzeugwechsel war es jetzt zu spät. Er gab stetig mehr Gas. Er schlängelte sich durch den Verkehr auf der Piazza San Calisto und anschließend auf der Viale de Trastevere in höherem Tempo in Richtung Tiber. Der Streifenwagen verfolgte ihn inzwischen mit Blinklicht und Sirene. Während Belknap die Via Indumo
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