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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Besuch gesagt hatte. Sie sehen Ihrer Mutter sehr ähnlich. »Ich habe eigentlich nie gewusst, wie aktiv sie in der Stiftung war«, sagte sie nach einer Pause.
    »Laura hat nie davor zurückgeschreckt, die Pläne anderer über den Haufen zu werfen. Sie war wie gesagt ein Mensch mit guter Beobachtungsgabe. Und ich glaube, sie hat sich wirklich etwas aus ihrer Arbeit gemacht. So viel, dass sie sich geweigert hat, dafür Geld anzunehmen.«
    »Tatsächlich?«
    »Und nachdem Reynold turnusmäßig aus dem Stiftungsrat ausgeschieden war, bestand keine Gefahr mehr, dass sie sich hier über den Weg laufen würden.«
    Andrea setzte sich neben die weißhaarige Bibliothekarin. Sie hatte etwas Großmütterliches an sich, war anspruchslos sympathisch. »Also ist sie aufgefordert worden, in den Stiftungsrat einzutreten. Obwohl sie nur eine ›angeheiratete‹ Bancroft war, hat sie die Familienquote erfüllt?«
    »Sie wissen, dass die Satzung dazu alle möglichen Bestimmungen enthält. Ja, darauf ist’s letzten Endes hinausgelaufen. Aber das scheint sie Ihnen nicht erzählt zu haben.«
    »Allerdings nicht«, sagte Andrea.
    »Das wundert mich nicht.« Die Frau sah auf ihre Etiketten hinab. »Sie dürfen nicht glauben, dass wir hier alle bloß tratschen, aber wir haben doch einiges über ihre Ehe mitbekommen. Kein Wunder, dass sie versucht hat, ihre Tochter aus dem ganzen Schlamassel herauszuhalten – sie hat sich ausgerechnet, dass Reynold einen Weg finden würde, Sie unglücklich zu machen, genau wie er’s bei ihr getan hat.«
    Sie machte eine Pause. »Sorry … ich weiß, dass man von Toten nicht schlecht sprechen soll. Aber wer außer uns sollte es tun?
Ihnen brauche ich nicht zu erzählen, dass Reynold ein fieser Kerl war.«
    »Aber ich weiß nicht, ob ich alles richtig verstehe. Die Sorge meiner Mutter, meine ich.«
    Die Frau betrachtete sie aus kornblumenblauen Augen. »Hat man ein Kind zu versorgen, bemüht man sich manchmal, einen klaren Bruch etwas klarer erscheinen zu lassen, als er wirklich ist. Sonst gibt es zu viel zu erklären. Zu viele Fragen. Erwartungen werden geweckt und enttäuscht. Ich bin geschieden, habe vier Kinder allein großgezogen. Deshalb sehe ich solche Dinge aus persönlicher Perspektive. Ich glaube, dass Ihre Mutter vor allem Sie schützen wollte.«
    Andrea schluckte trocken. »Ist sie letztlich deshalb aus dem Stiftungsrat ausgetreten?«
    Die Frau sah weg. »Ich glaube, ich weiß nicht recht, wovon Sie reden«, sagte sie nach kurzer Pause. Ihre Stimme klang etwas kühler, als habe Andrea eine unsichtbare Grenze übertreten. »Kann ich Ihnen also irgendwie behilflich sein?« Ihr Gesicht trug jetzt einen professionellen Ausdruck: irgendwie verschlossen, ausdruckslos wie polierter Schiefer.
    Andrea bedankte sich rasch und kehrte in ihre Lesenische zurück. Aber sie spürte wieder dieses Prickeln, zu dem jetzt eine tiefe, brennende Unruhe kam. Als sei eine Glut, die jahrelang nur geglost hatte, plötzlich neu angefacht worden.
    Laura hat nie davor zurückgeschreckt, die Pläne anderer über den Haufen zu werfen. Ein Tribut, der ihrem Charakter galt, bestimmt nicht mehr. Sie war ein Mensch mit guter Beobachtungsgabe. Aber was bedeutete das wirklich, außer dass sie kein Snob gewesen war? Andrea machte sich Vorwürfe wegen ihrer Paranoia, ihrer Unfähigkeit, die eigenen Gefühle im Zaum zu halten. Leidenschaft muss vernünftig bleiben , hatte Paul Bancroft gesagt: Sie müsste imstande sein, ihre Empfindungen den nüchternen Anforderungen der Rationalität unterzuordnen. Aber sosehr sie sich
auch bemühte, es gelang ihr nicht, die Verdächtigungen zu unterdrücken, die sie jetzt umschwirrten. Sie glichen Schwebfliegen bei einem Picknick: klein, aber lästig und nicht zu vertreiben, auch wenn sie noch so oft nach ihnen schlug.
    Sie versuchte, sich auf eine Seite in einem WHO-Almanach zu konzentrieren, aber das war zwecklos. Ihre Gedanken kehrten immer wieder zur Bancroft-Stiftung zurück. In ihrem Archiv lagerten zweifellos Unterlagen über alle ihre Aktivitäten, die weit mehr Einzelheiten enthalten würden als die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtmeldungen. Gab es Antworten zu finden, lagerten sie vermutlich hier im Archivkeller, in dem ältere Akten mit Bezug auf die Tätigkeit der Stiftung aufbewahrt wurden.
    Andrea verließ den Bibliotheksflügel. Sie sah Brandon an und erwiderte sein Lächeln, als ihre Blicke sich begegneten.
    »Schade, dass es hier keinen Basketballring gibt, sonst würde ich

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