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Die Bank im Park

Die Bank im Park

Titel: Die Bank im Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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von einem Achselzucken begleitete Antwort lautete: »Diese Frage bewegt mich nicht. Ich strebe keine neuen Ehren an. Mein Lohn wird die gestillte Rache sein. Das gleiche wird Euch auch der Präfekt erklären. Ihm genügt es, wenn er die Polizeigewalt über Paris behält.«
    »Euch beide treibt also der Haß?«
    »Hättet Ihr es lieber anders?«
    »Im Gegenteil! Es gibt bei dem, was vor Euch steht, keine bessere und zuverlässigere Antriebskraft als den Haß. Er muß nur groß genug sein, und der Eure, scheint mir, ist das.«
    »Bei Gott, das stimmt! So groß ist er, daß die Welt nicht weit genug ist, ihn zu fassen!«
    »Der meine übertrifft den Euren noch!« mischte sich der Präfekt ein.
    »Ihr Comte, und Ihr, Präfekt«, sagte zufrieden der Herzog, erst dem einen, dann dem anderen auf die Schulter klopfend, »seid die richtigen Männer auf dem richtigen Platz. Ich sehe, wir können uns auf Euch verlassen. Gebt das Signal zur rechten Stunde. Gebt mir aber auch Bescheid, wenn ein Hindernis auftaucht. Es darf das große Werk nicht an Kleinigkeiten scheitern.«
    Der Präfekt hielt plötzlich einen Pergamentbogen in der Hand und legte ihn auf den Tisch.
    »Was ist das?« fragte der Herzog.
    »Die Abschrift eines Gedichts von Chartier.«
    »Chartier? Das ist doch der, mit dem die Dauphine im Bois –«
    »Unzucht getrieben hat«, fiel der Präfekt ein. »Ich kann und will es nicht anders sagen.«
    »Ganz Frankreich ist voll davon, ja, ich weiß, der Pöbel ist begeistert.«
    »Der Pöbel wird noch begeisterter werden, und das macht mir Sorgen. Ich baue auf ihn in meinen Plänen. Chartier hat, konnte ich ermitteln, mit seinen Versen einen großen Einfluß auf die Dauphine. Außerdem soll er neuerdings auch vom Dauphin selbst an den Hof herangezogen werden. Dadurch kann er sich zu einem für uns sehr unangenehmen Verbindungsglied zwischen dem Schloß und der Straße auswachsen. Seine Gedichte befähigen ihn dazu. Dieses hier«, sagte der Präfekt, auf den Pergamentbogen zeigend, »ist ein Musterbeispiel. Ich neige dazu, die Gefahrenquelle zu verstopfen. Was haltet Ihr davon?«
    »Ihr wollt den Dichter verschwinden lassen?«
    »Spurlos, ja. Das wäre kein Problem.«
    Der Herzog überlegte ein Weilchen. Dann las er erst einmal das Gedicht.
    »Nicht übel«, sagte er daraufhin, von zwiespältigen Gefühlen erfüllt, und reichte den Bogen an einen seiner Begleiter weiter. »Ich werde mich selbst um den Mann kümmern. Ihr, Präfekt, laßt also vorläufig die Finger von ihm. Ich denke, ihn zur Vernunft bringen zu können, in unserem Sinne, meine ich.«
    Der Herzog blickte sich im Kreise um.
    »Sonst noch etwas?« fragte er alle.
    Keiner brachte mehr etwas vor, die Sitzung konnte also sozusagen geschlossen werden. Der Herzog gab mit einem Wink das Zeichen dazu, sagte aber dabei ironisch zum Präfekten: »Falls uns Euer Gnaden erlauben, die Höhle hier zu verlassen.«
    »Ich?« stotterte der Präfekt verwirrt. »Ich, wieso, was meint Ihr damit?«
    »Ihr habt doch Eure Leute im Tunnel postiert, um mich festzusetzen. Oder wißt Ihr das nicht mehr?«
    Nein, darauf hatte der Präfekt völlig vergessen. Rasch trat er zum Eingang und rief in den Tunnel ein paar Worte hinein, die zur Folge hatten, daß das Geräusch sich entfernender Schritte vernehmbar wurde.
    »Vergebt mir«, sagte der Präfekt verlegen zum Herzog.
    »Kein Grund«, antwortete dieser zynisch. »Es war gesorgt worden für einen Kreis, den hinter Euren Leuten Leute von mir bildeten. Keiner von euch hätte notfalls das Gelände lebend verlassen.«
    Verschwörer unter sich …

IV
    Dunkle Nacht hüllte das kleine Bauernhaus am Rande von Neuilly ein, und die verzweifelte Jeanette rang ihre schmalen Hände und kniete zum hundertsten Male vor dem verschwommenen Marienbild im Winkel der nur schwach erhellten Stube nieder. Die kleine Ampel mit dem nie erlöschenden Kerzenlicht schwankte in einem leisen Luftzug hin und her. Gewachstes, rotes Überzugspapier färbte den Schein, der auf das so milde lächelnde Gesicht der Gottesmutter fiel. Im Hintergrund, auf einem breiten Bauernbett inmitten stark zerwühlter und mit Blut bespritzter Decken lag mit eingefallenen Wangen, blaß und totenähnlich, regungslos und kaum noch atmend Alain Chartier, der Dichter.
    Ein neuer Anfall seines Leidens hatte ihn aufs Krankenlager geworfen. Aus dem zitternden offenen Mund quoll ihm das Blut, ständiger Husten förderte immer wieder neues zutage und rüttelte den ganzen armseligen Körper durch.

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