Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bank im Park

Die Bank im Park

Titel: Die Bank im Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Der Blutsturz hatte ihm das Bewußtsein geraubt. Nun lag er da, und aus dem Stundenglas seines Lebens rann unaufhaltsam Körnchen um Körnchen.
    Jeanette, seine Geliebte, die hier Unterkunft gefunden hatte, glaubte mit verzweifeltem Gebet das Unvermeidliche abwenden zu können.
    Der Medicus, der vor einer Stunde erst gegangen war, hatte nur die Achseln auf Jeanettes bange Fragen gezuckt. Seine Worte waren das Todesurteil für Chartier gewesen.
    »Er muß hier weg. Paris ist sein Verderben. Er braucht bessere Luft, bessere Ernährung, vor allem aber auch Ruhe. Der Süden bietet das. Gift ist auch die Liebe für ihn, das sage ich mit besonderem Nachdruck dir, gutes Mädchen. Veranlasse ihn, Paris zu verlassen. Die Stadt ist sein Verderben, ich wiederhole es. Sag ihm das. Ob es dir allerdings gelingt, ihn umzustimmen, bezweifle ich.«
    Als ob es daran läge, hatte sich Jeanette gedacht. Woher sollen wir das Geld nehmen? Das ist die entscheidende Frage!
    Trotzdem hatte sie rasch ein paar Bündel zusammengepackt und für den frühen Morgen beim Fuhrmann einen Wagen bestellt, der sie beide in aller Heimlichkeit, damit für die in nächster Zukunft benötigte Ruhe und Ungestörtheit gesorgt war, entführen sollte zu einer Tante in Rouen. Dann hatte sie sich wieder vor der Gottesmutter auf die Knie geworfen oder abwechselnd mit gekühlten Tüchern die heiße Stirn Alains betupft und ihm lauwarm die eingefallene, kaum mehr sichtbar atmende Brust – wenn er nicht hustete – gewaschen.
    Ein feines Lächeln breitete sich endlich von den Mundwinkeln des Bewußtlosen über die Wangen aus, ein warmer Schein hellte das wächserne Gesicht ein wenig auf. Wie flüsternd spielte der Mund mit kleinen Formungen. Die schmalen, blau geäderten Hände tasteten über die gewaschene Brust.
    »La vie …« Der erste Seufzer, das erste verständliche Wort.
    »Leben …« Der erste Strahl der wiederkehrenden Besinnung. Eine kurze und doch so aufwühlende, zum Jubel Anlaß gebende Hymne, eingehüllt in Röcheln. »Leben …«
    Am zerwühlten Bett saß ein junges Weib und weinte.

V
    Am lac supérieure am Rand des Bois de Boulogne ertönte in dieser späten Nacht – die Morgendämmerung schob sich schon als heller Streifen am Rand des Horizonts hoch – ein greller Schrei. Er drang aus einem offenen Fenster des von blühenden Büschen umgebenen Sommerhäuschens des Comtes de Buron, und schnelle Füße eilten flüchtend über die kiesbestreuten Wege, ehe man eine schwarze, pantherhaft sich vorwärtsschnellende Gestalt zwischen den Bäumen im dichten Wald verschwinden sah.
    Der Schrei, der die schlafende Dienerschaft jäh aus den Federn riß, war kaum verklungen, als schon die ersten Fackeln durch die Büsche geisterten und der aus seinem Fenster springende Kammerdiener des Comte zu seinem sprachlosen Erstaunen heranschleichenden Soldaten, die er rasch und ahnungsvoll als Königsgardisten erkannte, in die Arme lief. Das Tor zum Herrenhaus brach in den gleichen Augenblicken unter den Stößen eines Rammbocks, und an der Spitze seiner Offiziere drang der Kommandant der Garde, der Marquis de Bréguérac, in das Arbeitszimmer des verdächtigen Buron ein.
    In seinem Sessel, mit dem Kopf auf ausgebreitete Papiere hingesunken, saß der Verräter. Der goldgehämmerte, mit Mosaiken eingelegte Griff eines italienischen Dolches ragte ihm hoch zwischen den Schultern aus dem Körper. Das noch frisch fließende, als Lache auf dem Teppich sich sammelnde Blut verriet den kaum geschehenen Mord. Die starren Augen blickten fragend, fast erstaunt und doch im letzten Moment von Entsetzen gepackt. Die weit fortgestreckten Arme hatten wohl die Papiere noch eiligst in die offene Schublade des Tisches raffen wollen.
    »Man ist uns zuvorgekommen«, sagte der Marquis de Bréguérac und fing an, die Papiere auf dem Tisch einzusammeln. »Der Bund war schneller als wir, die wir den Befehl des Dauphins ausführen sollten. Die Arbeit dieser Leute ist verblüffend. Erst teilt man – ohne Unterschrift – die Namen der Verschwörer mit, dann bringt man sie um, kurz bevor wir erscheinen. Mir scheint, hier spielt ein großer Abenteurer ein sehr gewagtes Spiel – in seinem Vorgehen liegt Methode. Er spielt uns die Papiere in die Hand, um sich abzusichern. Morgen vielleicht wäre auch sein Name schon in die Liste aufgenommen worden, vielleicht hätte diesen sogar Buron im gleichen Augenblick eintragen wollen, als ihn der Dolchstoß traf. Ein guter Spieler, meine Herren, der den

Weitere Kostenlose Bücher