Die Bank im Park
Sire.«
»Daß Paris wohl bald einen anderen Polizeipräfekten braucht.«
»Sire, ich –«
»Hinaus!«
Nachdem der Präfekt, der um seine Macht bangen mußte, der deshalb schwitzte, obwohl ihn der eisige Hauch allerhöchster Ungnade umweht hatte und ihn eigentlich hätte abkühlen müssen, nachdem er also verschwunden war, mehr kriechend als gehend, läutete der Dauphin seinem Sekretär und ließ diesen einen Brief an Chartier aufsetzen, in dem der Dichter zum nächsten Hofball im Schloß geladen wurde. Zum Schluß versah der Dauphin den Text eigenhändig mit einem Nachsatz:
»Mon cher ami, ich liebe Dichter, die von Königsküssen träumen, denn maßlos ist die Kunst allein im Unterbewußten. Man soll die Sonne loben, ohne Drang, sie zu besitzen.«
Eigenhändig siegelte der Dauphin auch den Brief und ließ ihn durch einen reitenden Boten zum Marquis de Bréguérac, dem Kommandeur der Garde, bringen, zu dessen Aufgabenbereich auch die Zustellung diskreter Adressen gehörte. Dann trat der Dauphin durch die zierliche Tapetentür ins Boudoir der zärtlichen Dauphine.
III
Durch den kleinen Ort Melun im Südosten von Paris galoppierten nachts einige in weite, dunkle Mäntel gehüllte Männer. Tief in der Stirn saß jedem ein großer Hut, der nur einen kleinen hellen Fleck vom Gesicht erkennen ließ. Am Ausgang der Stadt zügelten die Reiter ihre schweißnassen Pferde und lenkten sie in einem weiten Bogen einem schwärzlichen Tannenwald zu, in welchem die Ruine einer im Krieg zerstörten fränkischen Ringburg lag. Dort sprangen sie aus den Sätteln, dehnten und reckten ihre vom Reiten einseitig beanspruchten Glieder und banden die Rosse an den Bäumen fest, ehe sie durch ein verfallenes Tor im Hof der Ruine verschwanden und an den Mauern entlang zu einem sich sachte senkenden, in die Erde führenden Gang glitten.
Nach einigen Biegungen des glitschigen, an den Wänden mit Moos bewachsenen Tunnels mündete dieser in eine große, von flackernden Fackeln nicht gerade besonders gut beleuchtete Steinkammer, in der an einem rohen Holztisch auf breiten Schemeln drei gleichfalls verhüllte Gestalten saßen und stumm den Eintretenden entgegensahen.
»Wir haben uns etwas verspätet«, sagte einer der Reiter, ein langer, hagerer Mensch, dessen Stimme ihn als den Comte de Buron verriet, »treffen aber hiermit, so scheint mir, noch rechtzeitig ein. Habt ihr das von euch gegebene Versprechen eingehalten?«
»Ihr könnt ohne Bedenken frei sprechen«, antwortete der einer Fackel am nächsten sitzende Vermummte. »Einer von uns ist aus dem Hause Orléans. Genügt Euch das?«
»Warum die Maskerade, Freunde?«
»Die Antwort lautet: Warum auch auf eurer Seite weite Mäntel und herabgezogene Hüte? Wir sollten beide davon lassen. Wenn man sich Bundesgenossen sucht, um gemeinsam den König und den Dauphin zu beseitigen, mag man sich mit offenem Visier zu den nötigen Verhandlungen rüsten.«
Der hagere Reiter nickte, doch der kleine, dicke Begleiter rechts von ihm bestand auf seiner Anonymität. Dabei schützte ihn die beste Vermummung nicht, da sie vom übelsten Mundgeruch von ganz Paris zunichte gemacht wurde. Er zupfte den Comte de Buron am Ärmel, schüttelte den Kopf und sagte zu dem Mann neben der Fackel: »Noch kennen wir nicht eure Antwort. Es hat in Frankreich schon mancher Freund die Freunde an den Galgen gebracht. Was bietet Ihr als Sicherheit?«
»Liebster Präfekt, in erster Linie sichert Euch mein Schweigen.«
Mit einem Satz war der Erkannte an den Eingang geschnellt und winkte in den dunklen Tunnel hinein. Dann kam er zurück an den Tisch und entledigte sich seiner ihn verhüllenden Kleidungsstücke, wobei er sagte: »Der Tunnel ist mit Getreuen abgeriegelt, Orléans ist mein Gefangener – wenn er die heutige Nacht zu mißbrauchen gedächte! Und diese Gefangenschaft – verzeiht mir, daß ich so ungalant bin – wäre der Tod.«
Alle demaskierten sich nun, und es stellte sich heraus, daß jeder ohnehin gewußt hatte, wer die anderen waren.
»Der Dauphin«, begann der Comte de Buron, »dieses heruntergekommene Individuum, achtet nicht des skandalösen Streiches der Dauphine. Das Bündnis zwischen Frankreich und den Schotten scheint perfekt zu sein. Was das für uns bedeutet, muß auch dem Dümmsten klar sein. Wenn Schottland sich zu Frankreich findet, ist das Bündnis mit den Spaniern gefährdet. In Spanien aber liegt das Gold, das Frankreich braucht. Mir ist ein Baske lieber als zehn Schotten. Zudem steht
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