Die Bank
sagen uns, daß wir unser Ziel erreicht haben. Five Points Capital. Hier hat Duckworth sein Geschäft gemacht.
Gillian stößt sich von dem Messinggeländer des Aufzugs ab und geht hinaus. Bevor ich ihr folgen kann, packt Charlie mich am Arm. »Du hast es mit ihr getrieben, habe ich recht?« flüstert er.
»Red keinen Quatsch!« Gereizt verlasse ich den Aufzug.
»Mehr hast du nicht drauf? Ein bißchen Ärger, aber keinen Widerspruch?«
Diesmal antworte ich gar nicht.
»Wann ist es passiert? Gestern nacht? Oder heute morgen, als du die Klamotten geholt hast?«
Ich befreie mich aus seinem Griff, wende mich nach links und gehe zur Glastür, hinter der sich der Empfang befindet. Charlie ist unmittelbar hinter mir. Er braucht es mir gar nicht zu sagen. Mir ist klar, daß er mich von jetzt an nicht mehr aus den Augen lassen wird.
»Bist du wirklich bereit?« Gillian deutet meinen Gesichtsausdruck anscheinend als Angst.
»Mir geht’s gut«, erwidere ich. Aber als ich tief Luft hole, holt mich die Realität ein. Es ist eine Sache, jemanden anzurufen und sich einen Termin geben zu lassen, aber diesen auch wirklich wahrzunehmen ist etwas ganz anderes.
Rechts neben den Türen fordert uns ein kleines Schild auf, an der Rezeption zu klingeln. Aber das Gerät über der Klingel zieht unsere Blicke auf sich. Es ist ein graues Tastenfeld, das genauso aussieht wie das bei unserer Bank. Nur befindet sich hier neben den Zahlen ein flaches Feld, das gerade groß genug für einen Daumenabdruck ist. Biometrische ID steht darüber.
Ich läute, und Charlie hebt eine Braue. »Eine Identifizierung per Fingerabdruck? Manche Leute nehmen sich echt zu wichtig.«
Eine Angestellte mit toupiertem braunen Haar blickt auf und läßt uns mit einem Summen des Türöffners hinein. Charlie geht vor. Er ist der Botschafter des Lächelns. Jedes hohe Tier braucht einen Assistenten. »Hallo, wir haben heute morgen angerufen«, sagt er, kopiert meine Verkaufsstimme und deutet auf mich. »Von der Greene & Greene Bank. Henry Lapidus möchte Mr. Katkin sprechen.«
»Natürlich«, sagt sie und nickt mir zu. »Ich rufe ihn für Sie, Mr. Lapidus.«
Charlie beißt die Zähne zusammen, als sie den Namen meines Bosses ausspricht. Bist du sicher, daß wir das Richtige tun? fragt er mich mit einem Blick.
Vertrau mir , erwidere ich. In den letzten vier Jahren habe ich Legionen von Klienten in den Risikokapital-Zirkus geschickt. Selbst in Florida braucht man große Namen, um große Türen zu öffnen.
Charlie spielt mit der Krawatte, die er sich aus dem Hause Duckworth geborgt hat, und lehnt sich auf dem cremefarbenen Sofa zurück. Als sich Gillian neben ihn setzt, springt er sofort auf und läuft herum. Ich werfe ihm einen bösen Blick zu, doch das kümmert ihn nicht. Er ignoriert mich und tut, als würde er durch die riesigen Glasfenster den Anblick der Brickell Avenue genießen.
»Mr. Lapidus, würden Sie bitte hier unterzeichnen?« bittet mich die Empfangsdame. Sie deutet auf einen frei stehenden Computertisch neben ihrem Schreibtisch. Auf dem Bildschirm ist ein freies Feld für den Namen. Ich tippe Henry Lapidus ein und drücke auf Enter . Hinter der Rezeptionistin summt ein Hightech-Laserdrucker und spuckt einen ID-Anstecker aus. Henry Lapidus – Besucher . Aber im Gegensatz zu einem normalen Paß hat der hier eine Oberfläche aus einem flüssig wirkenden, beinah durchsichtigen Material. Wenn man es im richtigen Winkel hält, sieht man unter dem Namen das Wort Abgelaufen in schwachen roten Buchstaben.
»Woraus besteht das?« Ich reibe mit dem Daumen über die glatte Oberfläche.
»Sind die Pässe nicht großartig?« erwidert die Rezeptionistin stolz. »Nach acht Stunden löst sich die Tinte auf der Oberfläche auf und das Wort Abgelaufen tritt leuchtend rot zum Vorschein.«
Ich nicke beeindruckt.
»Sie nehmen es mit der Sicherheit wohl sehr ernst, was?« erkundigt sich Charlie.
»Wir haben keine Wahl.« Die Empfangsdame lacht. »Ich meine … Wenn man bedenkt, mit wem wir zusammenarbeiten müssen …«
»Vollkommen.« Charlie zwingt sich zu einem falschen Lachen.
»Absolut«, stimme ich ihr zu.
Wir starren die Frau an, sie starrt zurück. Wir haben nicht den leisesten Schimmer.
»Und wie ist es so, mit diesen wichtigen Leuten zusammenzuarbeiten?« Charlie gräbt nach Einzelheiten.
»Wollen Sie eine ehrliche Antwort? So spannend ist das gar nicht. Ich dachte immer, sie würden mit dunklen Anzügen und Sonnenbrillen auftauchen, aber sie sehen
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