Die Bank
ihrem Mietwagen, der in der zweiten Reihe vor dem Eingang des Gebäudes geparkt war. Doch schon als sie um die Ecke bog, sah sie die beiden platten Hinterreifen.
»Verdammter Mist!« knurrte sie. »Noreen, ruf die Pannenhilfe.«
»Ist gleich da.«
»Und sobald du aufgehängt hast, möchte ich, daß …«
»… ich Gallo und DeSanctis überprüfe. Schon in Arbeit«, kam ihr Noreen zuvor. »Ich habe damit angefangen, als Charlie ihre Namen ausgesprochen hat.«
»Und was hältst du von seiner Reaktion, als ich Henry Lapidus erwähnt habe?« erkundigte Joey sich.
»Ich habe nur Schweigen gehört.«
»Du hättest seinen Gesichtsausdruck sehen sollen.«
»Gut, ich nehme auch Lapidus unter die Lupe. Übrigens, wußtest du, daß die Büros der Firma, in denen Duckworth zuletzt gearbeitet hat, kaum zwanzig Minuten von dir entfernt liegen?«
»Wundervoll. Genau das wollte ich hören«, erwiderte Joe, während sie zurücklief, um ihre Waffe vom Dach zu holen. »Und was ist mit seiner Tochter? Gibt es irgendwelche Informationen über sie?«
»Genau diese Sache ergibt einfach keinen Sinn«, antwortete Noreen. »Während du dich mit den Super-Zwillingen herumgeschlagen hast, habe ich Geburtsurkunden, Führerscheine und selbst die Steuereinkünfte der Duckworth-Familie überprüft. Ich weiß nicht genau, wie Charlie daraufkommt, aber laut unserer Unterlagen hat Marty Duckworth keine Tochter. Eine Gillian Duckworth existiert nicht.«
61. Kapitel
»Na, Brandt, wie geht’s dir, alter Kumpel?« verkündete Gallo, und sein Grinsen enthüllte die brandneue Lücke zwischen seinen Vorderzähnen.
»Jimmy!« Katkin umarmte Gallo und klopfte ihm auf den Rücken. Dann zog er ihn in sein Büro bei Five Points Capital. »Und was schafft deinen fetten Hintern so weit in den Süden?«
Gallo schaute zu DeSanctis, dann wieder zurück auf Katkin. »Macht’s dir was aus, wenn wir die Tür schließen, Brandt?«
Katkin beobachtete seine Freund und hielt plötzlich inne. »Wenn das um diesen Duckworth geht …«
»Sie waren also schon hier?«
»Die beiden Jungs mit den gefärbten Haaren? Gleich heute morgen. Ich sag dir, ich wußte sofort, daß da was nicht stimmt. Und als dann noch dein Anruf gekommen ist …«
»War noch jemand bei ihnen?« unterbrach DeSanctis ihn.
»Sie meinen, außer der Tochter?«
Erneut warf Gallo seinem Partner einen Seitenblick zu. »Was hat sie gesagt?« fragte er Brandt.
»Nicht viel. Der Junge mit dem dunklen Haar hat die meiste Zeit geredet, und die Tochter hat einfach nur dagesessen. Klar, sie war ganz nett, verrückte Frisur, aber sie hatte auch echtes Feuer in ihren Augen. Sie hat mich wie eine Katze beobachtet. Du weißt, was ich meine? Ganz das Gegenteil von ihrem Vater. Was haben sie denn eigentlich ausgeheckt?«
»Das versuchen wir gerade herauszufinden«, erklärte Gallo. »Vor drei Tagen ist in New York Geld von einem Konto verschwunden, das auf Duckworths Namen ausgestellt war.«
»Haben Sie eine Vorstellung, wohin die drei wollten?« mischte sich DeSanctis ein. »Oder kennen Sie noch andere Kontakte, was Duckworth betrifft?«
Katkin ging zu seinem Schreibtisch und klickte sich durch die elektronische Datenbank auf seinem Computer. »Ich habe hier nur seine Privatadresse und eine alte Adresse von seinem Job …«
»Neowerks«, unterbrach ihn Gallo. »Richtig. Das hätte ich fast vergessen …«
62. Kapitel
Mittags fährt es sich ganz entspannt, und die Sonne scheint freundlich, als Charlie, Gillian und ich in dem Käfer über die breiten Spuren der Interstate 95 rollen. Aber trotz der Popmusik eines lokalen Senders im Autoradio ist es im Wagen viel zu ruhig. Während der ganzen zwanzigminütigen Fahrt von Großmutters altem Apartment bis zum Broward Boulevard sagt keiner von uns ein einziges Wort.
Ich ziehe den Fotostreifen aus meiner Jackentasche. Die Ecken des Papierstreifens sind schon etwas angestoßen und rollen sich. Mir drängt sich zum ersten Mal die Frage auf, ob diese Leute überhaupt real sind. Vielleicht erklärt das auch, warum die Fotos von einem Farbdrucker stammen. Es könnten gefälschte Ausweisfotos sein. Ich betrachte die vier Gesichter auf meinem Schoß und stelle mir die Rothaarige als Blondine und den Schwarzen als Weißen vor. Trotzdem bleiben es Fremde. Aber für Duckworth waren sie wichtig genug, daß er sie in seinem besten Versteck versenkt hat. Ich weiß zwar nicht, ob es Freunde oder Feinde sind, aber eines ist mir vollkommen klar: Wenn wir nicht
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