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Die Bank

Die Bank

Titel: Die Bank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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anderem zu tun hatte, konnten die das natürlich an seinem Gesicht ablesen, aber bei Mom …
    »Wer möchte einen leckeren, gebackenen Auflauf?« ruft sie und reißt die Tür auf, bevor wir klingeln können. Wie immer lächelt sie herzlich, streckt die Arme aus und verlangt nach einer Umarmung.
    »Auflauf?« ruft Charlie und erwidert ihre Umarmung. »Reden wir hier über die einfache Version oder über extra knusprig?« So abgedroschen der Witz auch ist – Mom lacht beinahe hysterisch und zieht Charlie noch dichter an sich.
    »Wann essen wir?« fragt er, geht an ihr vorbei und nimmt ihr den mit soßenverschmierten Holzlöffel aus der Hand.
    »Charlie, nicht …«
    Zu spät. Er steckt den Löffel in den Mund und kostet die Soße.
    »Zufrieden?« Sie lacht und dreht sich zu ihm herum. »Jetzt hast du überall deine Bakterien darauf verteilt.«
    Charlie hält den Löffel wie einen Lutscher fest und drückt ihn gegen seine herausgestreckte Zunge. »Aaaaaa«, stöhnt er. »Ich … ha…be … keine … Bak…te…rien.«
    »O doch, auch du hast welche.« Mom lacht weiter und hat nur Augen für ihn.
    »Hi, Ma«, sage ich. Ich stehe noch an der Tür.
    Sie dreht sich sofort zu mir um, ihr Lächeln wie angeklebt auf ihrem Gesicht. »Oh, mein Großer«, sagt sie und zieht mich hinein. »Du weißt, wie gern ich dich in einem Anzug sehe. Du siehst so seriös aus …«
    »Und was ist mit meinem Anzug?« erkundigt sich Charlie und deutet auf sein blaues Hemd und seine zerknitterte Khakihose.
    »Gutaussehende Jungs brauchen keine Anzüge zu tragen«, erwidert sie in ihrem besten Mary-Poppins-Tonfall.
    »Soll das etwa bedeuten, daß ich nicht gut aussehe?« hake ich sofort nach.
    »Oder bedeutet es, daß mir keine Anzüge stehen?« setzt Charlie noch einen drauf.
    Selbst Mom weiß, wann ein Witz überzogen ist. »Okay, Frick und Frack, rein mit euch!«
    Ich folge meiner Mutter durch das Wohnzimmer und an dem gerahmten Bild vorbei, das Charlie von der Brooklyn Bridge gezeichnet hat, und atme tief den Geruch meiner Jugend ein. Radiergummi … Bleistifte … selbstgemachte Tomatensoße. Was das Knetgummi für Charlie ist für mich das Montagabendessen. Sicher, einige Kleinigkeiten haben sich verändert, aber die wesentlichen Dinge, Omas Geschirr, der gläserne Couchtisch, an dem ich mir mit sechs ein Loch in den Kopf geschlagen habe, die wesentlichen Dinge sind wie immer. Einschließlich meiner Mom.
    Mit ihren einhundertachtzig Pfund war meine Mom nie eine kleine Frau … oder eine unsichere. Als ihr Haar ergraut ist, hat sie es nicht gefärbt. Als es dünner wurde, hat sie es einfach kurz geschnitten. Nachdem mein Dad uns verlassen hat, hat sie auf diesen ganzen äußerlichen Unsinn keinen Wert mehr gelegt. Sie hat sich nur um Charlie und mich gekümmert. Selbst mit den Krankenhausrechnungen, den Kreditkartenschulden und dem Bankrott, den Dad uns hinterlassen hat … Selbst als sie ihren Job in dem Secondhand-Laden verloren hat und trotz all der Jobs als Näherin, die sie danach angenommen hat … selbst da hatte sie noch mehr als genug Liebe an uns zu verschenken.
    Ich gehe sofort in die Küche und greife dabei nach der Charlie-Brown-Keksdose.
    »Autsch«, sagt Charlie, als meine Finger den Kopf der Keramikdose berühren. Es ist sein Lieblingswitz seit der vierten Klasse.
    Ich hebe den Deckel hoch und nehme einen kleinen Stapel von Papieren heraus.
    »Oliver, bitte, tu das nicht …« sagt Mom.
    »Okay.« Ich ignoriere sie und nehme den Stapel mit zum Eßtisch.
    »Es ist mir Ernst. Du mußt meine Rechnungen nicht bezahlen.«
    »Warum nicht? Du hast mir schließlich auch geholfen, mein College zu bezahlen.«
    »Du hattest immerhin einen Job …«
    »… dank des Kerls, mit dem du dich getroffen hast. Vier Jahre leicht verdientes Geld. Das war der einzige Grund, warum ich mir den Unterricht leisten konnte.«
    »Das ist mir egal, Oliver. Es ist schon schlimm genug, daß du die Wohnung bezahlt hast.«
    »Ich habe die Wohnung nicht bezahlt, sondern nur die Bank gebeten, dir eine bessere Finanzierung anzubieten.«
    »Und du hast mir bei der Anzahlung geholfen …«
    »Mom, das war nur, um dir beim Start etwas unter die Arme zu greifen. Du hast fast fünfundzwanzig Jahre lang in dieser Wohnung zur Miete gewohnt. Weißt du, wieviel Geld du da verschleudert hast?«
    »Das lag nur an deinem …« Sie unterbricht sich. Sie mag es nicht, meinem Vater die Schuld an etwas zu geben.
    »Ma, du mußt dir keine Sorgen machen. Es ist mir ein

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