Die Bank
herum. Er sieht zu Boden, doch Charlie steht längst auf den Füßen und schwingt die Holzbohle wie einen Baseballschläger. Die flache Seite erwischt Gallo am Kinn. Allein das Geräusch ist die Sache schon wert … ein ekelhaftes, süßliches Krachen, das ihn und seine Waffe, wie vom Blitz gefällt, zu Boden schickt.
Noch bevor ich begreife, was da eben passiert ist, fühle ich einen heftigen Ruck an meinem Hemd. DeSanctis reißt mich zurück. Er ist darauf abgerichtet, sich einer Bedrohung zu stellen. Als ich zu Boden stürze, dreht er sich zu Charlie um und zielt mit der Pistole für den tödlichen Schuß. Jetzt sieht sich mein Bruder dem schwarzen Mündungsloch gegenüber. Instinktiv reißt er die Holzbohle hoch, als wäre sie ein Schild. Ich rapple mich auf, als mir klar wird, was gleich passieren muß, aber ich habe keine Chance. Ohne zu zögern, drückt DeSanctis ab. Der Knall des Schusses ist ohrenbetäubend.
Das Holz zittert heftig, und etwas zischt unmittelbar über Charlies Kopf hinweg. Noch während er die Augen öffnet, fliegt ihm auch die Planke aus der Hand. Die Kugel hat sie gespalten. Als das Holz mit einem hohlen Geräusch auf dem Boden landet, brennen ihm die Handflächen. Dutzende von Splittern sind durch den Aufschlag eingedrungen. Er sieht zu DeSanctis hoch, der bereits erneut zielt – und zwar direkt auf ihn.
»Nicht!« schreie ich und springe DeSanctis von hinten an. Die Waffe ruckt nach oben, und ein Schuß löst sich. Der Querschläger dringt in die Wand rechts von mir ein. Eine Wolke von brüchigem Zement löst sich und fällt in die Ecke. Mein Aufprall bringt DeSanctis so weit aus dem Gleichgewicht, daß ich ihm auf den Rücken springen und ihn würgen kann. Er braucht jedoch nur Sekunden, bis er seine Überraschung überwindet. DeSanctis ruckt mit dem Kopf nach hinten und rammt ihn gegen meine Nase. Der Schmerz ist fürchterlich, aber ich lasse nicht los.
»Ich mach dich kalt, du Dreckskerl!« schreit DeSanctis, als ich mich weiter an ihn klammere. Er greift nach hinten, zerrt an mir und versucht mich zu packen. Dadurch entblößt er seine Deckung, und darauf hat Charlie nur gewartet. Er nimmt das zerborstene Brett, stürzt vor, stemmt seine Füße auf den Boden und holt aus. Als er die Planke in DeSanctis Unterleib rammt, sackt der Agent zusammen. Ich könnte schwören, daß er sogar kurz mit den Füßen vom Boden abhebt. Ich fliege, wie von einem buckelnden Bullen getroffen, herunter und lande auf dem Zement. Aber DeSanctis hat es ganz offensichtlich schlimmer erwischt.
»Geht’s?« fragt Charlie und reicht mir die Hand.
Ich nicke mehrmals. Zum Reden fehlt mir der Atem.
Hinter Charlie hören wir ein Kratzen. Er wirbelt herum und sieht Gallo, der am Boden liegt und nach seiner Waffe angelt.
Charlie bückt sich rasch, hebt die Pistole auf und steckt sie sich in den Hosenbund.
»Charlie …!«
»Ihr … ihr seid beide so gut wie tot!« keucht Gallo und spuckt Blut aus.
»Sind Sie sich da so sicher?« erkundigt sich Charlie und holt zu einem weiteren Schlag aus. So hab ich ihn noch nie erlebt. Er hebt die Planke über den Kopf, als wollte er Holz hacken, und …
»Nicht!« Ich packe ihn an der Schulter. DeSanctis rappelt sich bereits wieder auf. Die Jungs spielen einfach in einer anderen Liga. »Komm schon … verschwinden wir!«
Charlie läßt die Planke fallen, und wir stürmen zu der schweren Metalltür in der Ecke. Als ich Schuhe hinter mir klacken höre, drehe ich mich nicht einmal um. Ich will nur noch raus hier. Ich stoße die Tür auf, bin im nächsten Moment draußen und renne über den Laufsteg. Als Charlie folgen will, sieht er sich noch einmal um. Ich kann sie noch von meiner Position aus hören. Gallo ist schon wieder auf den Beinen und hinter uns her. Er hustet heftig. DeSanctis ist ebenfalls nicht weit weg.
»Wir haben ein Problem!« ruft Charlie.
Ich renne panisch weiter, an den Bauwaggons vorbei, und springe aus dem Kaninchenloch heraus in den Gang mit den Imbißständen. Weiter hinten hören wir, wie die Metalltür gegen die Wand knallt. Sie sind schneller, als wir gedacht haben.
»Kontrollier die Waggons!« schreit Gallo seinem Partner DeSanctis zu.
Ich biege scharf nach links ab und laufe den Weg zurück, den wir gekommen sind.
»Falscher Weg!« schreit Charlie.
»Bist du …?«
»Vertrau mir!« Er schlägt sich nach rechts.
Ich halte kurz inne, aber die Wahl ist leicht. Wir wissen schließlich beide genau, wo wir unsere Freitagabende verbracht
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