Die Bank
wie angewurzelt da und habe das Gefühl, als laste ein schweres Gewicht auf meiner Brust. Ich kann kaum atmen. Wenn ich schweige, wird er abdrücken. Doch wie Shep ganz richtig bemerkte, wenn ich ihm sage, wo sich das Geld befindet, verlieren wir unsere einzige Sicherheit.
»Sag es ihm!« schreit Charlie.
»Sag es nicht!« warnt mich Shep. Dann dreht er sich zu Gallo um. »Können wir nun endlich damit aufhören? Ich meine, Sie haben uns erwischt, was erhoffen Sie sich noch …?«
Die beiden Männer stehen sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber, und Gallo grinst plötzlich.
Shep verliert die Fassung. Er ist kalkweiß. Als hätte er einen Geist gesehen. Oder einen Dieb. »Du willst … Du willst das Geld selbst, hab ich recht?« stammelt er.
Gallo antwortet nicht, sondern zielt sorgfältiger.
»Nicht!« flehe ich ihn an. »Ich sage Ihnen, wo es ist!«
»Also haben euch die vielen Dollars gehört!« zischt Shep. »Wer hat euch ins Spiel gebracht? Lapidus? Oder Quincy?«
Er bekommt keine Antwort. Gallo leckt sich die Lippen. »Hasta la vista, Shep.«
»Jimmy, bitte …«, fleht Shep. Seine Stimme versagt ihm fast den Dienst. »Du ka…« Er bekommt die Worte nicht über die Lippen. Trotz seiner Größe zittert er am ganzen Körper, und ihm treten die Tränen in die Augen. »Nicht … nicht in den …«
»Nein!« schreit Charlie.
Gallo zuckt nicht einmal mit der Wimper. Er drückt einfach ab.
13. Kapitel
»Nein, nicht …!« schreie ich.
Zu spät. Der Schuß zischt wie ein Pfeil aus einem Blasrohr. Dann noch einer. Und noch einer. Alle drei schlagen in Sheps Brust ein und schleudern ihn gegen die Zementwand. Er preßt die Hände gegen die Wunden, aber das Blut ist schon überall. Es rinnt ihm über die Hände und quillt aus seinem Mund. Er versucht Luft zu holen, doch es dringt nur ein Gurgeln aus seinem Mund. Er steht immer noch auf den Beinen und starrt Gallo an und dann uns andere. Seine Augen haben das Grau eines Toten und sind vor Angst weit aufgerissen. Wie die eines Kindes, das weiß, daß es verletzt wurde, aber noch nicht weinen will. Er schwankt, versucht, einen Schritt nach vorn zu tun, ringt um sein Gleichgewicht … Komm schon, Shep, du schaffst es …
Gallo hebt erneut die Waffe, aber dann wird ihm klar, daß es unnötig ist.
Sheps Beine können sein Gewicht nicht mehr halten und geben unter ihm nach. Wie eine Eiche stürzt der Mann um und landet mit dem Gesicht nach unten auf den knarrenden Holzbohlen. Als er mit einem Knall aufschlägt, der durch den ganzen Tunnel hallt, schütteln sich die Bohlen, das Holz jedoch hält dem Aufprall stand.
»Shep!« schreit Charlie, rennt los und rutscht auf den Knien neben den Körper, der auf dem Gesicht liegt. »Lebst du noch? Bitte … sag, daß du noch lebst!« Charlie blinzelt durch seine Tränen, rüttelt an Sheps Schulter und wartet auf eine Reaktion. Aber nichts, nicht mal ein Zucken. »Komm schon, Shep, ich weiß, daß du …!« Mein Bruder schiebt seine Hand unter die Schulter und Taille des Toten und versucht, ihn auf den Rücken zu drehen.
»Charlie, faß ihn nicht an!« rufe ich.
»Ihr beiden … rührt euch nicht!« brüllt Gallo.
Charlie läßt den Toten unvermittelt los, und Sheps Leiche sinkt mit dem Gesicht zuerst wieder auf den Boden. Die Blutlache versickert bereits zwischen den Ritzen der Planken. Ich wende meinen Blick ab und unterdrücke das Gefühl, mich erbrechen zu müssen. In dem Moment bemerke ich die Injektionsnadel neben Sheps Kopf. Charlies Blick fällt auch darauf. Er starrt sie an. Vermutlich schießt ihm durch den Kopf, daß es eine Chance wäre. Für mich dagegen ist es nur eine dumme Art und Weise, sich umzubringen.
Mach das nicht! warnt mein Blick ihn.
Aber Charlie kümmert das nicht. Ein Schwall von Adrenalin verwandelt seine Angst in pure Blutrünstigkeit. Er will die Nadel packen …
»Ich sagte, keine Bewegung!« Gallo tritt hastig hinter meinen Bruder. Es klickt, und Charlie sieht sich um. Gallo zielt mit der Waffe auf den Rücken meines Bruders. DeSanctis, der immer noch die Tür blockiert, hält mich derweil mit seiner Pistole in Schach.
»Charlie, hör auf ihn!« flehe ich. Meine Stimme überschlägt sich.
»Endlich jemand mit einem Funken Verstand im Leib«, sagt Gallo und richtet die Waffe auf mich. Er tritt dicht an mich heran und bohrt mir die Mündung in die Wange. »Ich frage dich jetzt noch einmal, Oliver. Du weißt, was wir wollen. Sag uns, wo es ist.«
Unfähig, mich zu rühren, starre
Weitere Kostenlose Bücher