Die Bank
ließ einen Plastikbeutel in Joeys Schoß fallen. Darin waren alle ihre Wanzen und Sender. Sie waren nicht mehr zu reparieren. »Lassen Sie sich das von mir gesagt sein, Miss Lemont. In diesem Spiel hier wollen Sie ganz bestimmt nicht mitspielen.«
29. Kapitel
Mein Auge zuckt. Es ist nur ganz wenig, aber das leichte Zucken verrät mir, daß sich mein ganzer Körper in Aufruhr befindet. Meistens gelingt es mir, es zu überdecken, indem ich das Alphabet rückwärts aufsage. Aber während ich in der Schlange auf dem Newark International Airport warte, bin ich viel zu sehr auf die Leute konzentriert, die vor mir stehen. Die braunhaarige Frau vor mir, die fünfzehn Fluggäste vor ihr und das halbe Dutzend Sicherheitsbeamte, denen ich in etwa dreißig Sekunden gegenüberstehe.
Wenn der Secret Service die Informationen bereits weitergeleitet hat, dann wird das hier die kürzeste Reise, die wir je angetreten haben. Aber während die Schlange vorwärts kriecht, scheint nichts Ungewöhn…
Mist!
Der Mann ist mir zuerst gar nicht aufgefallen. Er steht hinter dem Förderband; ein breitschultriger Kerl in der Uniform des Flughafensicherheitsdienstes. Er hält einen Metalldetektor in der Hand, aber so, wie er ihn festhält, erweckt er den Eindruck, als hatte er noch nie solch ein Gerät benutzt. Allein seine Haltung … Nur beim Secret Service züchtet man so große Egos.
Als er zu mir hinsieht, senke ich rasch den Kopf. Ich will keinen Blickkontakt. Zehn Leute vor mir lächelt Charlie scheinbar freundlich vor sich hin.
»War ein langer Tag, was?« fragt er die Frau, welche die Röntgenmaschine bedient.
»Scheint nie zu enden«, erwidert die Frau und lächelt ebenfalls.
An einem normalen Tag wäre es ganz natürlich, wenn Charlie plauderte. Aber heute … Er redet zwar mit der Frau, aber ich sehe, wo er hinschaut. Sein Blick ist unentwegt auf den breitschultrigen Mann gerichtet. Und so, wie Charlie auf den Hacken balanciert … Wir wissen beide, was passiert, wenn wir erwischt werden.
»Kein Gepäck?« fragt die Frau, als Charlie näher an die Maschine tritt.
»Das hab ich aufgegeben.« Er hält das Ticket hoch und deutet auf den Gepäckschein.
In Hoboken haben wir bei einem kurzen Zwischenstopp in einem Laden für Armeezubehör eine blaue Gymnastiktasche gekauft, die wir mit Unterwäsche, Hemden und ein paar Toilettenartikeln vollgestopft haben. Außerdem eine kleine, mit Blei ausgekleidete Schachtel, die, am Boden der Sporttasche versteckt, das perfekte Versteck für Gallos Waffe abgab.
Es ist zweifellos eine schlechte Idee. Es fehlt uns gerade noch, mit einer Mordwaffe erwischt zu werden, doch Charlie bestand darauf. Wenn wir nicht wie Shep enden wollen, dann brauchen wir einen Schutz.
»Weiter!« ruft ein schwarzer Kontrolleur und winkt Charlie durch den Detektor.
Ich halte den Atem an und senke erneut den Kopf. Kein Grund zur Sorge … Kein Grund zur Sorge … Zwei Sekunden später zerreißt ein schrilles Pfeifen die Luft. O nein! Ich reiße den Kopf hoch und sehe, wie Charlie sich zu einem Grinsen zwingt. »Muß dieses Erectorset sein, das ich heute morgen gegessen habe.«
Bitte, lieber Gott, laß es ihn nicht vermasseln.
»Mann, wie ich diese verdammten Erectorsets gehaßt habe«, meint die Wache lachend und streicht mit dem Handdetektor über Charlies Brust und seine Schultern den Rücken herunter. »Und genützt haben sie auch nichts.« Im Hintergrund dreht sich der breitschultrige Mann um und kommt langsam auf uns zu.
»Deshalb sollte man sich lieber an Lego halten«, fügt Charlie hinzu. Er kann sich einfach nicht beherrschen. Während er die Arme ausbreitet, winkt er dem Breitschultrigen zu. Der nickt verlegen und dreht ab. Er ist scharf auf zwei braunhaarige Brüder, nicht auf einen alleinreisenden Jungen mit strähnigem blonden Haar. Als der schwarze Sicherheitsbeamte nichts findet, läßt er den Detektor sinken. »Gute Reise«, sagt er zu Charlie.
»Vielen Dank auch«, erwidert Charlie. Er liefert wirklich eine erstklassige Vorstellung, aber sein Gesicht ist vollkommen blutleer. Dann stolpert er auch noch, weil er gar nicht schnell genug hier wegkommen kann.
Einer nach den anderen aus der Schlange kommt an die Reihe. Als ich durch den Detektor gehe, dreht sich Charlie um und sieht zurück. Nur um sicherzugehen, daß alles gut verläuft. Als ich an den beiden Wachen vorbeikomme, halte ich den Mund und gleite einfach weiter. Und dann haben wir es geschafft. Jetzt gibt es nur noch eine Richtung.
Weitere Kostenlose Bücher