Die Bankerin
hast einen viel schöneren Körper.«
»Ich bin auch jünger. Und wie soll es weitergehen? Wirst du weiter mit ihr schlafen?«
»Bleibt mir eine Wahl?«
»Ich kann dich nicht lieben, wenn ich weiß, du schläfst mit dieser Frau. Ich würde daran kaputtgehen.«
»Könntest du denn einen alten Mann lieben, der nichts hat? Der als Versager und Verlierer geboren wurde? Und ich würde auf ewig dieser Versager und Verlierer bleiben, würde ich die Beziehung zu Nicole beenden. Du bist nie anderes gewöhnt gewesen, als in Luxus zu leben …«
»Du bist kein Versager und Verlierer. Du bist reingelegt worden, das hat mit Versagen nichts zu tun. Außerdem, was ist Luxus schon?!«
»Und in ein paar Wochen wirst du wieder weg sein, unerreichbar für mich«, wechselte er das Thema.
»Und wenn ich nicht gehen würde?« fragte sie ruhig, den Blick zu Boden gesenkt.
»Als ob du das allein entscheiden könntest! Das heißt, können schon, aber dürfen nicht. Wenn ich für dich entscheiden dürfte … ich würde dich ganz sicher nicht weglassen.«
»Ich will nicht, daß du mit ihr schläfst. Es würde mich wahnsinnig machen. Mit deiner Frau ist es etwas anderes, sie kenne ich nicht.«
»Ich schlafe fast nie mehr mit ihr. Das ist die Wahrheit. Ich habe mit Nicole öfter geschlafen als mit Johanna.«
»Komm«, sagte Esther, »setzen wir uns einen Moment, hier ist eine schöne Stelle.«
Sie setzten sich in das Gras einer Lichtung, von wo sie einen fast ungestörten Blick auf das im Dunst liegende Frankfurt hatten, das weit weg schien und mit ihm alle Sorgen. KeinAutolärm, nicht das Kreischen von Flugzeugen, nur das Zirpen von Grillen, das muntere Zwitschern der Vögel, die sich im Geäst der Bäume versteckten und den Tag verabschiedeten, und ein leichter Wind, der die Blätter rascheln ließ. David umfaßte Esther und zog sie zu sich heran. Sie legte ihren Kopf an seine Schulter, der zarte Duft ihres Haares vermischte sich mit dem Duft der Natur. Sie spielte mit einem Grashalm, den sie zwischen den Fingern drehte.
»Ich möchte, daß du mit mir schläfst«, sagte sie. »Ich möchte dich ganz spüren. Egal, was danach kommt.«
»Ich werde nicht mehr mit Nicole schlafen«, sagte David.
»Du kennst meine Mutter nicht, sie wird dich unter Druck setzen. Und ich bezweifle, daß du diesem Druck standhältst.«
»Sie kann mich nicht unter Druck setzen, womit denn?«
Esther lachte kurz und trocken auf und sah David in die Augen. »Meine Mutter kann jeden unter Druck setzen, den sie unter Druck setzen will. Sie hat es mit meinem Vater gemacht und mit mir auch. Und ich könnte dir noch ein paar andere Leute aufzählen, deren Leben sie zerstört hat. Sie ist eine Hexe, eine bösartige alte Hexe! Der einzige Unterschied zu einer wirklichen Hexe ist, daß Nicole kein verschrumpeltes Gesicht mit einer Warzennase hat und auch keinen buckligen Rücken und keinen Besen, auf dem sie bei Vollmond über den Nachthimmel reitet, sondern sie ist schön, ich habe vielleicht eine der schönsten Mütter überhaupt, in Wirklichkeit aber ist sie böse! Sie ist böser, als du dir vorstellen kannst. Glaub mir, ich übertreibe nicht.«
»Du gehst sehr weit mit deiner Behauptung, ich finde, eine Idee zu weit. Du hast eine riesengroße Phantasie, und deine Bildersprache ist bewundernswert. Du solltest einmal anfangen, Geschichten zu schreiben. Aber gut, ich habe sie auch schon wütend und verletzend erlebt, aber sie soll
so
böse sein?« David lächelte Esther nachsichtig an.
»Dann mach deine Erfahrung mit ihr«, sagte sie gelassen und ohne beleidigt zu sein. »Du wirst sicher bald einsehen,daß ich bis ins Detail recht habe. Wußtest du, daß sie sich mit Schwarzer Magie beschäftigt? Ich habe ein bißchen rumgeschnüffelt und habe in einem Schrank mindestens fünfzig Bücher über Hexerei, Schwarze Magie und so ’n Zeugs gefunden. Sie ist böse, und ich habe Angst vor ihr.« Esther erhob sich und klopfte sich die trockene Erde von ihren Beinen und den Shorts.
»Das tut sie wirklich? Sich mit solchen Dingen abgeben?«
»Sie hat das schon gemacht, als ich noch klein war. Manchmal wurden in unserem Haus spiritistische Sitzungen abgehalten. Ich weiß nicht, ob sie so was heute noch macht, aber zutrauen würde ich es ihr.«
»Die Fratzen an ihrer Wand, haben die auch was damit zu tun?«
»Sicher haben sie das. Sie hat sie sich vor ein paar Jahren von einem Urlaub in der Karibik mitgebracht. Sie haben irgendwas zu bedeuten, ich weiß aber nicht
Weitere Kostenlose Bücher