Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
kommen?«
    »Auf die Beine kommen wird sie, aber … der Schaden an ihrer Seele … keiner kann zu diesem Zeitpunkt sagen, ob und was zurückbleibt.«
    »Kann sie die Täter wenigstens beschreiben?«
    »Nein, sie hatten Strumpfmasken übers Gesicht gezogen. Zwei von ihnen haben sie jeweils festgehalten und ihr den Mund zugehalten. Das Schlimme ist, daß sie nicht nur vaginal, sondern auch anal vergewaltigt wurde, und bei letzterem sind ihr auch die schwersten körperlichen Verletzungen beigebracht worden.« Dann machte Johanna eine Pause und räusperte sich. »Es tut mir leid wegen heute nacht. Ich war vielleicht etwas ungerecht dir gegenüber. Aber ich habe nur Nathalies zerschundenen Körper gesehen und daran gedacht, daß du eben ihr Vater bist und es vielleicht besser wäre, wenn du jetzt hier wärst … Könntest du nicht doch einen Weg finden, zu kommen? Ich würde mich freuen, und Nathalie sicher noch viel mehr.«
    Pause. Dann sagte er: »Schatz, hör zu und geh nicht gleich wieder an die Decke – es ist nicht möglich, ich bin noch in der Probezeit. Außerdem wird sie von meiner Anwesenheit auch nicht schneller gesund.«
    Am anderen Ende herrschte einen Moment lang Schweigen, dann sagte Johanna ganz ruhig und gefaßt: »Weißt du was, David von Marquardt, bleib doch, wo du bist … und vergiß meine Entschuldigung von eben, ich bereue kein Wort von dem, was ich dir heute nacht gesagt habe … Irgend etwas stimmt mit dir nicht! Du hast dich verändert, eine Veränderung, die ich schon seit langem beobachte, doch sie nimmt immer gravierendere Ausmaße an. Überleg bitte genau, ob wir dir noch irgend etwas bedeuten. Denk einmal über meine Worte nach!« Dann legte sie grußlos auf.
    David hatte keine Zeit zum Nachdenken. Aber es war gut, wenn Johanna sich von sich aus zurückzog. Er hatte nicht mehr viel Zeit, er mußte noch frühstücken und aufräumen. Natürlich hatte Johanna recht, er hatte sich verändert. Er war schließlich der erste, der diese Veränderung an sich bemerkte. Er war kalt geworden, der Wind und der Sturm, die brennende Sonne und das viele kalte Wasser, das ihn in seiner Kindheit und während des letzten Jahres umspült hatte, hatten ihn geprägt. Die Seele des alten David von Marquardt war vom Wind weggetragen, von der brennenden Sonne zu Asche verbrannt, vom kalten Wasser fortgespült worden. Übriggeblieben war ein anderer David von Marquardt. Einer, der alles um sich herum distanziert und ohne große Emotionen betrachtete, den nicht einmal mehr ein tragisches Schicksal wie das von Nathalie über die Maßen berührte. Er war kalt und hart geworden, andern und sich selbst gegenüber. Die einzige Ausnahme war Esther.
Esther, Esther, Esther! Seine Jugend!
    Er aß zwei Scheiben Toast mit Marmelade und trank einen Tee mit Whisky – er schüttelte den Kopf, gestand sich ein, auf dem besten Weg zum Alkoholiker zu sein, er mußte aufpassen, nicht abzurutschen, er durfte nur an Esther denken, doch im Moment mußte er trinken, weil er mit klarem Kopf dies alles nicht ertragen hätte –, und für diese kurze Zeit fragte er sich, warum er geworden war, wie er jetzt war. Mutter, verdammte Hure! Erhard, rufe sanft, Dreckschwein! Und das Geld, und … Aber wie könnte ein Eisblock lieben, vor Lust und Freude wie eine von einer frischen Ozeanbrise getriebene Welle überschwappen, wie er es in Gegenwart Esthers tat? Er trank und versperrte sich jeglichem negativen Gedanken, der Einlaß in seinen Kopf begehrte. Es gab für ihn nichts mehr außer Esther. Wenn er auch seit über einem Jahr ein zielloser Mensch war, jetzt hatte er wieder ein Ziel vor Augen. Und sollte alles um ihn herum in Trümmern versinken, sollte alle Welt sich gegenihn und sein Tun verschwören, nichts würde ihn aufhalten können.
     
    Esther erwartete ihn voll Ungeduld. Wieder erkundeten sie in Überlichtgeschwindigkeit das Universum einen ganzen Morgen lang, und als ihr Raumschiff zur Landung ansetzte, waren sie einfach nur glücklich. Er erzählte nichts von Nathalie, nichts von Johanna, er wollte sie nicht beunruhigen, wollte nicht hören, daß sie vielleicht sagte, er solle doch zu Nathalie fahren, sie werde ihn wohl brauchen.
    »Ich habe bei meiner Bank angerufen«, sagte sie, als sie sich wieder angekleidet hatte – gerade so weit, daß ihr mädchenhafter Körper noch das meiste von dem zeigte, was David so sehr an ihr zu sehen liebte, die langen, wohlgeformten, festen, braunen Beine mit den schlanken Fesseln eines jungen,

Weitere Kostenlose Bücher